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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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der Seine zu planschen. Er nörgelte rum, weil Adriane seit Neuestem immer wieder Verabredungen mit ihm wegen Schülervertretungstreffen, Lacrosse-Training und diverser anderer Verpflichtungen absagte. Vermutlich hatte sie gerade ihr bislang nicht vorhandenes Verantwortungsbewusstsein für diese Dinge entdeckt. Ich beschwerte mich darüber, dass Max jedes Mal, wenn er frustriert war, in Angriffsmodus überging, jeden anblaffte, der gerade in der Nähe war (in der Regel mich), und sich dann fünf Sekunden später mit einem derart herzerweichenden Hundeblick entschuldigte, dass ich ihm am liebsten den Kopf getätschelt und Leckerli gegeben hätte.
    Chris und ich passten immer noch zusammen und vor allem deswegen ging es mir besser. Ich beschloss, nicht so lange zu warten, bis wir wieder etwas zusammen unternahmen. Max war kein Ersatz für Chris; ich brauchte sie beide.
    Â»Wenn das hier ein Film wäre«, sagte Chris, »würden wir vermutlich beschließen, diese undankbaren Idioten abzuservieren, und anfangen, miteinander zu knutschen.«
    Â»Und wenn das hier ein Film wäre, gäbe es vermutlich einen extrem heiklen Moment, nachdem du das gesagt hättest.«
    Â»Sexuelle Spannung liegt in der Luft.«
    Â»Zweifellos.«
    Â»Funken sprühen.«
    Â»Zungen spielen, Lippen schmatzen…«
    Â»Igitt! Versuchst du etwa, mich zum Kotzen zu bringen?«, fragte er lachend.
    Ich blinzelte ihm zu. »Du weißt wirklich, wie man einem Mädchen Komplimente macht, stimmt’s?«
    Â»Das hast du doch auch gerade gedacht.«
    Â»Ich hätte erbrechen gesagt«, wandte ich ein. »Das ist damenhafter.«
    Â»Erbrechen sagt doch kein Mensch. Nicht einmal eine Dame.«
    Â»Wirklich? Ich, eine Dame, werde dieses Wort jetzt in einem Satz verwenden: Bei der Vorstellung, mit dir zu knutschen, muss ich mich erbrechen. Auch spucken, speien, sich übergeben und würgen genannt.«
    Er streckte mir die Zunge heraus und machte ein Pupsgeräusch. »Ich liebe dich auch.«
    Das sagte er ständig und zu Adriane fast jedes Mal, wenn sie sich trafen oder verabschiedeten oder am Handy ein Gespräch beendeten. Einmal hatte ich sogar gehört, wie er es zu Max gesagt hatte, abends, nach ein paar Bieren zu viel. Ihm kam es ganz leicht über die Lippen. Ich sagte es fast nie, nicht einmal im Scherz.
    Â»Ich hab etwas getan, was ich besser nicht getan hätte«, sagte ich.
    Â»Das bezweifle ich. Du bist nicht der Typ dazu.«
    Anstatt mit ihm zu diskutieren, gab ich ihm Elizabeths Brief. Er riss die Augen auf. Dieses Mal war seine Überraschung echt.
    Â»Ich hab ihn mitgenommen«, erklärte ich.
    Â»Das sehe ich.«
    Â»Ich hab ihn gestohlen.«
    Â»Stimmt.«
    Â»Und was soll ich jetzt machen?«
    Vorsichtig legte er den Brief auf den Schreibtisch. »Du weißt, wie viel das Ding hier wert ist?«
    Â»Weißt du’s?«
    Â»Schätze mal, eine Menge.«
    Â»Vermutlich einige zehntausend«, erwiderte ich. »Ich hab ein bisschen recherchiert.«
    Chris war selten ernst, und wenn, schien er ein völlig anderer Mensch zu sein, steifer und älter. Sogar seine Stimme wurde tiefer und ließ ahnen, wie ein erwachsener Chris sein würde, mit einem Abschluss in Jura, zwei Kindern und Anzügen mit Weste. »Bitte sag mir, dass du das hier nicht gestohlen hast, weil du dir einbildest, du könntest es verkaufen.«
    Â»Natürlich nicht!«
    Â»Warum dann…?«
    Â»Es war etwas Privates«, sagte ich.
    Â»Du kannst es mir ruhig sagen«, meinte er.
    Â»Nein, ich meine, der Brief war etwas Privates.« Ich wusste, wie das klang. »Er gehörte ihr, ihr ganz allein.«
    Â»Sie ist tot.«
    Â»Das weiß ich.«
    Wir sagten beide nichts mehr. Ich konnte ihm ansehen, dass er nachdachte, dass er versuchte, die richtigen Worte zu finden, um mich zu überreden, den Brief zurückzugeben. Die Mühe hätte er sich sparen können.
    Â»Der Brief ist alles, was noch übrig ist«, sagte ich. »Jetzt, wo das Archiv nicht mehr da ist. Er braucht ihn.« Ich erwähnte allerdings nicht, dass der Hoff vermutlich keine Ahnung hatte, dass der Rest verschwunden war, und selbst wenn, spielte das jetzt keine große Rolle mehr. Aber darum ging es nicht.
    Â»Okay«, sagte er. »Du bringst ihn zurück.«
    Â»Das ist ja das Problem – wohin zurück? Was soll ich denn jetzt tun? Soll ich bei

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