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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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der Polizei anrufen und sagen, ich hätte den Brief irgendwo unter einem Schreibtisch gefunden? Oder soll der Hoff ihn bekommen? Er würde vermutlich nicht einmal verstehen…« Ich schluckte schwer und zwang mich, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen. »Wenn er so weit bei Verstand ist, dass er weiß, was um ihn herum passiert, würde er wissen wollen, warum ich den Brief hatte. Und vielleicht denken dann alle, dass ich den Rest auch gestohlen habe, dass ich ihn überfallen habe und – «
    Chris setzte sich neben mich. »Ganz ruhig atmen«, sagte er. Und als er mir sachte den Rücken rieb, schaffte ich das auch.
    Â»Er wurde nicht überfallen«, sagte Chris. »Und es wurde nichts gestohlen.«
    Er klang so sicher. In seiner Welt passierten solche Dinge einfach nicht und ich wollte glauben, dass die bloße Kraft seines Glaubens an das allgemeine Wohlwollen des Universums genügte, um es wahr werden zu lassen, wenigstens in diesem Fall. »Vermutlich hat er das Archiv aus irgendeinem Grund mit nach Hause genommen. Vielleicht dachte er, wir hätten es darauf abgesehen. Er war paranoid. Und das weißt du doch.«
    Â»Und was soll ich dann mit dem Brief machen?« Ich war der irrationalen, aber festen Überzeugung, dass der Hoff jetzt nicht im Krankenhaus liegen würde, wenn ich den Brief einfach dort gelassen hätte, wo er war.
    Â»Ãœberlass ihn mir«, schlug Chris vor. »Ich gebe ihn bei der Fakultät für Geschichte ab. Ich sage einfach, dass er aus Versehen zwischen meine Sachen geraten ist oder so was.«
    Â»Ich möchte nicht, dass du Ärger bekommst.«
    Â»Niemand wird Ärger bekommen.« Er war wieder so sicher. »Das ist doch nur ein alter Brief. Keine große Sache. Sag es.«
    Â»Keine große Sache.«
    Sein Lächeln war wieder da. »Eine Sekunde lang hast du mir einen Schrecken eingejagt«, sagte er. »Als ich den Ausdruck auf deinem Gesicht gesehen habe, dachte ich, du hättest etwas richtig Schlimmes getan, zum Beispiel die Yankees angefeuert.«
    Â»Niemals.« Jetzt konnte ich auch wieder lächeln. Plötzlich war alles nicht mehr so schwer. Keine große Sache.
    Â»Mach dich schon mal auf eine irrsinnig brillante Idee gefasst«, sagte er, bevor er ging. »Und morgen Abend sehen wir uns einen Film an. Alle vier. Wie früher.«
    Ich hätte ihn daran erinnern können, warum wir unsere regelmäßigen Kinoabende aufgegeben hatten: Max und Adriane hatten es meist nicht einmal bis zum Ende der Trailer geschafft, ohne sich gegenseitig Popcorn und wüste Beschimpfungen an den Kopf zu werfen. Gelegentlich hatte es sogar Tränen gegeben. Am Anfang war Adriane Feuer und Flamme dafür gewesen, dass aus Max und mir ganz offiziell ein uns wurde, weil das so ungeheuer praktisch für Doppel-Dates war, doch ihre anfängliche Begeisterung war schon lange verflogen. Klassischer Fehlkauf, hatte sie behauptet. Als ich sie darauf hingewiesen hatte, dass sie nicht die Käuferin war, hatte sie mich ignoriert.
    Â»Meine Eltern sind verreist«, meinte Chris, als ich nicht antwortete. »Vergiss den beschissenen Fernseher im Wohnheim. Ich rede hier von Riesenfernseher, HD, kostenlosem Essen – das volle Programm.«
    Â»Karamellpopcorn?«
    Er wusste, dass er mich an der Angel hatte. »So viel du essen kannst.«
    Â»Ich muss erst Max fragen.«
    Â»Sag ihm, es ist Pflicht.« Er umarmte mich kurz, dann klopfte er auf die Tasche an seinem Rucksack, in die er Elizabeths Brief gesteckt hatte. »Jetzt versprich mir, dass du dir deshalb keine Sorgen mehr machst. Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, lächelst du.«
    Zum zweiten Mal an diesem Tag versprach ich etwas.
    29 »Ich war noch nie bei dir zu Hause«, sagte Max an jenem Abend am Telefon, nachdem er ziemlich lustlos einem Doppel-Date zugestimmt hatte.
    Ich lag im Bett und hatte das Licht ausgemacht. An manchen Abenden schliefen wir so ein. Während wir einander beim Atmen zuhörten.
    Â»Was hat er bei dir gemacht?«
    Â»Nichts Besonderes. Rumgehangen. Spielt das eine Rolle?«
    Â»Sag du’s mir«, erwiderte er.
    Â»Er war hier, wir haben rumgehangen, Klappe zu, Affe tot. Bist du etwa eifersüchtig?«
    Â»Nein.« Es klang nicht sehr überzeugend.
    So war das also, wenn man einen eifersüchtigen Freund hatte. Es fühlte sich nicht annähernd so schmeichelhaft an, wie ich erwartet hatte. Es

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