Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
hatten, hatte er mich überwältigt und in meinem Auto entführt. Trotz einer lauernden Angst fühlte ich mich diesmal stärker und besser vorbereitet. Diesmal war ich auch bereit, jederzeit Hunter zu rufen.
» Ich war so froh, von dir zu hören«, sagte er und trat vor mich. Er streckte die Hände aus und legte sie auf meine Knie und ich zuckte vor der Vertraulichkeit zurück. » Wir müssen über so vieles reden. Ich muss dir so viel erzählen, will dir so viel berichten. Aber ich wusste nicht, wie sehr Gìomanach dich beeinflusst hat.« Er spuckte Hunters Wicca-Namen förmlich aus und ich runzelte die Stirn.
» Cal, ich muss es wissen«, kam ich gleich zum Punkt. » Hast du dich wirklich von Selene getrennt? Willst du sie wirklich aufhalten?«
Wieder legte er mir die Hände auf die Knie. Sie waren warm, wo meine Haut doch so kalt war. » Ja«, sagte er und beugte sich vor. » Ich bin fertig mit Selene. Sie ist meine Mutter und als ihr Sohn habe ich immer loyal zu ihr gestanden. Das kann man sich doch leicht vorstellen, oder? Aber jetzt sehe ich, dass es falsch ist, was sie tut, dass es nicht recht ist, die dunkle Seite anzurufen. Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Ich habe mich für dich entschieden, Morgan. Ich liebe dich.«
Ich schob seine Hände von meinen Knien und er zog die Augenbrauen zusammen.
» Ich erinnere mich an Zeiten, da hast du mich nicht weggeschoben«, sagte er. » Ich erinnere mich an Zeiten, da konntest du nicht genug von mir kriegen.«
» Cal«, setzte ich an und dann drängte sich mein Zorn vor mein Mitgefühl. » Das war, bevor du versucht hast, mich umzubringen«, sagte ich in resolutem Tonfall.
» Ich habe versucht, dich zu retten!«, beharrte er.
» Du hast versucht, mich unter deine Kontrolle zu bringen!«, entgegnete ich. » Du hast mich mit Fesselsprüchen belegt! Wenn du ehrlich gesagt hättest, was Selene wollte, hätte ich selbst entscheiden können, was ich tue und wie ich mich schütze. Aber die Chance hast du mir nicht gegeben. Du wolltest die ganze Macht, du wolltest entscheiden, was das Beste ist.« Sobald die Worte heraus waren, wurde mir klar, dass sie wahr waren und dass ich Cal im Grunde nie vollkommen vertraut hatte, von Anfang an nicht.
» Morgan«, setzte er an und klang bemüht vernünftig, » du hattest Wicca gerade erst entdeckt. Natürlich habe ich versucht, dich zu leiten, dich zu lehren. Das gehört zu den Verantwortlichkeiten einer initiierten Hexe. Ich weiß so viel mehr als du– du hast doch gesehen, was bei deinem magischen Spruch für Robbie passiert ist. Du warst eine Gefahr für dich und andere.«
Mir fiel empört die Kinnlade runter und er fuhr fort: » Was nicht heißt, dass ich dich nicht liebe, ja, mehr liebe, als du dir vorstellen kannst. Ich liebe dich, Morgan. Ich liebe dich so sehr. Du vervollständigst mich. Du bist meine mùirn beatha dàn, die andere Hälfte meiner Seele, wir sind füreinander bestimmt. Wir sind dazu bestimmt, zusammen Magie zu wirken. Unsere magischen Kräfte könnten überwältigender sein als alles, was jemals jemand gesehen hat. Aber wir müssen sie zusammentun.«
Ich schluckte. Es war so unendlich schwer. Warum tat es, nach allem, was Cal mir angetan hatte, immer noch so weh? » Nein, Cal. Wir werden nicht zusammen sein. Wir sind keine mùirn beatha dàns.«
» Das denkst du vielleicht jetzt«, sagte er. » Aber du irrst dich.«
Ich sah ihm tief in seine goldenen Augen und entdeckte, dass darin ein Funken Verrücktheit aufblitzte. Göttin! Mein Blut erstarrte zu Eis, und ich kam mir unglaublich dumm vor, mich hier allein mit ihm zu treffen.
» Morgan«, sagte Cal schmeichelnd, » ich liebe dich.« Er trat näher und sah mich mit verschleiertem Blick an– mit dem Blick, der seine Wirkung noch nie verfehlt hatte und bei dem ich auch jetzt innerlich dahinschmolz. » Bitte, sei mein.«
Meine Atemzüge wurden flacher, während ich fieberhaft überlegte, wie ich bloß aus dieser Situation rauskam. Dieser Cal war nicht der Cal, den ich kennengelernt hatte. Hatte dieser Mensch je existiert? Ich wusste es nicht. Jetzt und hier wusste ich nur, dass ich von ihm fort musste. Er machte mir Angst. Er stieß mich ab.
Einfach so, als würde ich mit den Fingerspitzen eine Kerze ausdrücken, erlosch meine restliche Liebe zu ihm. Ich spürte es im Herzen, als hätte jemand eine dunkle Glasscherbe herausgezogen, die eine blutende Wunde hinterließ. Mir schnürte sich die Kehle zu, und ich wollte weinen, um den Tod der
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