Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)
Kirche betreten hatten. Danach verlor ich ihn dann aus den Augen. Spurlos verschwunden.“
„Dann – waren Sie gar nicht hinter mir?“ fragte Wilson darauf.
„Doch, etwas später bin ich schon gefolgt. Aber – haben Sie es denn nicht gesehen?“
„Was gesehen?“
„Die – Blutspur.“ Svensen blickte den Sheriff mit aufgerissenen Augen an. Scheinbar mit Grauen dachte er daran, was er entdeckt hatte.
„Doch, ich habe sie auch gesehen“, erwiderte Wilson. „Ich dachte, Sie –“
„Ich“ fuhr ihm Svensen verständnislos dazwischen. „Sie dachten, daß ich –?“
„Ja, verdammt noch mal“, zischte Wilson. „Ich dachte, daß es Sie erwischt hat.“
„Mir hat es auf einmal die Kerze ausgeblasen“, entgegnete Svensen. „Dabei stieß ich versehentlich gegen die Mauer.“ Er faßte seine Jacke zwischen zwei Fingern und streckte sie Wilson entgegen. Wilson sah es nur undeutlich, aber die Jacke mußte vom Blut durchtränkt worden sein.
„Mein Gott“, entfuhr es Wilson. „Wann nimmt das ein Ende.“
„Schlage vor, wir suchen uns hier ein Quartier, wo wir die Nacht verbringen können“, meinte Svensen nachdenklich. „Kann mir gut vorstellen, daß wir vielleicht etwas zu sehen bekommen.“
Wilson blickte seinem Gegenüber fassungslos ins Gesicht. „Sind Sie noch ganz bei Sinnen?“ schüttelte er verständnislos seinen Kopf. „Wir können nichts tun heute nacht. Absolut nichts!“
„Vor wenigen Minuten wurde ein Mensch ermordet, Sheriff Wilson“, erwiderte Svensen gelassen. „Wahrscheinlich auf bestialische Weise. Ich denke es ist unsere Pflicht, den Mörder zu fassen, um weiteres zu verhindern.“
„Und wie stellen Sie sich das vor?“
„Erst einmal suchen wir uns einen geeigneten Platz, von wo aus wir einiges überblicken können. Das andere wird sich dann schon erübrigen.“
„Ist das Ihr voller Ernst?“ Wilson bewegte immer noch seinen Kopf hin und her. „Ich glaube nicht, daß Sie wissen, wen wir hier gegen uns haben.“
„Das spielt doch jetzt gar keine Rolle“, erwiderte Svensen. „Wichtig ist, daß wir denjenigen erwischen. Drei Menschen hat er nun schon auf dem Gewissen. Ist das nicht Grund genug?“
Wilson lehnte sich erschöpft gegen das Tor. Genau das hatte er eigentlich vermeiden wollen. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig. Wenn sein übereifriger Kollege, auch wenn es sein Untergebener war, darauf bestand, mußte er sich fügen, wenn er keine schlechte Nachrede auf sich ziehen wollte. Unterlassen seiner dienstlichen Pflicht, würde es dann heißen.
„Wenn Sie unbedingt darauf bestehen“, hauchte Wilson. „Suchen wir uns ein geeignetes Quartier. Hier stehen wir auf jeden Fall ungünstig. Würde mich nicht wundern, wenn wir nicht schon gesehen worden sind.“
„Gehen wir doch gleich in das Haus“, meinte Svensen. Er zeigte mit der Hand auf das Lehrerhaus. „Von dort aus gibt es bestimmt die Möglichkeit, den Hof und die Kirche gut zu beobachten.“
Wilson ließ seine Augen dem Gebäude entlang gleiten. Auf dem Fenster des ehemaligem Rektorates blieb sein Blick haften.
„Soweit ich mich zurückerinnern kann, war dies das Rektoratzimmer. Das von Goodman. Das wäre wahrscheinlich für uns am geeignetsten.“
„Sehen wir doch einfach mal nach“, erwiderte Svensen nur. Bedächtig schritt er dem Eingang entgegen. Wilson folgte ihm in kurzem Abstand. Immer wieder warf er einen mißtrauischen Blick auf den Officer. Er suchte etwas. Etwas, das vielleicht nicht von Svensen war. Aber je länger er ihn betrachtete, desto sicherer wurde er sich. Das mußte Keith Svensen sein. Schon immer war er einer der Übereifrigen gewesen. Aus diesem Grunde war auch Svensen es, mit dem er am liebsten zusammen arbeitete.
Diesmal war es Svensen, der voraus ging. Mit erstaunlicher Sicherheit fand er in dem Dunkeln auf Anhieb den Treppenaufstieg. Langsam stiegen sie die Stufen hinauf. Im ersten Stock angekommen, wartete Svensen auf den Sheriff.
„Das Zimmer“, flüsterte er ihm zu. „Wo ist es?“
Wilson blickte von einer Richtung in die andere. „Das hier müßte es sein“, antwortete er nach einer Weile und drängte sich an dem Officer vorbei. Vorsichtig öffnete er die vermeintliche Tür, die sich erstaunlicherweise leicht öffnen ließ. „Hier sind wir richtig“, rief er Svensen zu, der auf der obersten Stufe stehengeblieben war. Svensen folgte ihm. Sachte schloß er hinter sich die Tür, nachdem er eingetreten war. Sofort begaben sie sich an das Fenster, das
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