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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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und machte sich auf den Weg zu Hovis Anwesen. Das Langhaus erhob sich am nördlichen Stadtrand hinter einer mannshohen Mauer aus aufgeschichteten Steinen. Es war das größte Gebäude in Haithabu, und es war allen Bewohnern bei Strafe verboten, ein noch größeres Haus zu bauen.
    Er trat durch das Tor. Der Wind rüttelte an dem mit Holzschindeln gedeckten Dach und brauste durch die verwitterten, silbergrauen Stämme, mit denen die mehr als einhundert Fuß langen Seitenwände abgestützt worden waren. Hovis Fahne, zwei gekreuzte Schwerter auf blaugelbemGrund, knatterte über dem Eingang. Die Tür wurde durch zwei Krieger bewacht, von denen einer Swarim war.
    Ausgerechnet der!, dachte Helgi.
    Swarim baute sich mit entschlossener Miene vor ihm auf, auch wenn er ihm kaum bis an die Schultern reichte.
    «Gib mir dein Schwert», forderte Swarim ihn auf.
    Helgi zögerte. Hatte Ingvars Freund ihn wiedererkannt?
    «Du bekommst es zurück, wenn du den Wettbewerb gewinnen solltest.»
    Helgi händigte ihm das Schwert aus.
    «Trägst du noch andere Waffen bei dir?»
    Helgi verneinte. Doch die Krieger tasteten ihn ab und untersuchten die Kleidung. Erst als sie sicher waren, dass Helgi keine unerlaubten Gegenstände ins Haus schmuggelte, öffneten sie die Tür. Helgi kam in eine weitläufige Vorhalle. Stroh knisterte unter seinen Schuhen. Allein die Vorhalle war mindestens doppelt so groß wie sein eigenes Haus. An den Wänden hingen Teppiche. Darunter standen die Bänke, auf denen die Kontrahenten auf den Beginn des Wettbewerbs warteten.
    Helgi zählte elf Schmiede, junge und ältere Männer. Einige von ihnen hatten weite Märsche auf sich genommen, waren aus Ribe, Jellinge, Aarhus oder Roskilde angereist. Gizur war nicht darunter.
    «Wie heißt du?», rief einer der Schmiede Helgi zu.
    Er nannte seinen Namen.
    «Bist du Einars Sohn?», fragte der Mann. Helgi nickte. Der Mann stellte sich als Bawör vor und erklärte, dass er aus Ribe stamme. «Wir haben von seinem Tod erfahren, und wir trauern um ihn. Er war einer der Besten.»
    «Aber jetzt, da er tot ist, können wir vielleicht auch mal gewinnen», warf ein zahnloser Alter ein, der auf den Namen Jafnhar hörte.
    «Es sei denn, Einars Sohn versteht sich ebenso gut auf das Handwerk wie sein Vater», entgegnete Bawör.
    «Tust du das denn?», raunte Jafnhar.
    Helgi zuckte beiläufig mit den Schultern. Er hatte keine Lust auf ein Gespräch. Schließlich waren diese Männer seine Konkurrenten und nicht seine Freunde.
    In dem Moment öffnete sich erneut die Eingangstür, und Gizur trat ein. Als Helgi sich zu ihm umdrehte, kreuzten sich ihre Blicke, und sie starrten sich hasserfüllt an.
    «Wenn jetzt alle da sind», sagte Jafnhar, «kann ich euch’s ja sagen: Ihr könnt alle wieder verschwinden. Denn ich habe ein Schwert geschmiedet, wie es die Welt noch nicht gesehen hat.» Er deutete die Länge seines Schwerts mit ausgebreiteten Armen an. «Und es ist so scharf, dass es sogar Daunenfedern schneidet.»
    «Der Jarl will Köpfe abhacken und nicht mit Federn spielen», entgegnete Bawör.
    Die anderen brachen in schallendes Gelächter aus.
    Nur Helgi und Gizur lachten nicht. Sie ließen einander nicht aus den Augen. Beide waren sich bewusst, dass sie Todfeinde waren. Sie belauerten sich, um den Gegner einzuschätzen und dessen verwundbare Stellen zu finden.
    Während sich Jafnhar, Bawör und die anderen Schmiede darum stritten, wer von ihnen ihrer Meinung nach das beste Schwert gefertigt habe, betrat Olaf Skoðgætir den Raum und blickte mit strenger Miene in die Runde. Sofort verebbten die Gespräche. Dann forderte Olaf die Wettbewerber auf, ihm zu folgen.
     
    Niemals zuvor hatte Helgi eine so prächtige Halle gesehen. Die Zurschaustellung unermesslichen Reichtums raubte ihm den Atem. Die Wände des saalartigen Raums waren mit Fellen von weißen Hermelinen und schwarzbraunen Zobeln geschmückt. Überall hingen goldene Schilde. Von der Decke baumelten silberne Ketten, die mit faustgroßen Bernsteinen und Glasperlen bestückt waren. Steine und Perlen pendelten sanft hin und her und stießen mit leise klingenden Geräuschen gegeneinander, während sich das Licht unzähliger Öllampen und kleiner Feuer an den Schmuckstücken brach und sich im Gold und Silber spiegelte.
    Auch die anderen erstarrten vor Ehrfurcht. Die Halle erschien wie ein Ort der Magie, der mit seinem Zauber alle Sinne verwirrte. Liebliche Düfte betörten ihre Nasen, und der Glanz blendete ihre Augen.
    Wonach kann ein

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