Das Buch der Sünden
Mann, der so viele Reichtümer besitzt, noch streben?, fragte sich Helgi.
Die Antwort darauf gab ihm Egil Blóðsimlir. Der Hauptmann löste sich aus der Schar Krieger, die bis an die Zähne bewaffnet waren und an den Seiten des Saals Stellung bezogen hatten. Sie musterten aufmerksam die Schmiede, damit niemand auf die Idee käme, einen edlen Stein einzustecken.
«Männer!», rief Egil. «Ihr seid gekommen, damit durch eure Waffen die Ehre des großen und einzigartigen Hovi wiederhergestellt wird.»
Er wies die Schmiede an, sich am Rande einer freien Fläche in der Mitte der Halle niederzulassen, wo sie mit gekreuzten Beinen im Halbkreis Platz nahmen. Helgi und Gizur saßen sich an den äußeren Enden Auge in Auge gegenüber.
Der Bluttrinker baute sich mit verschränkten Armen vor den Teilnehmern auf und schaute der Reihe nach jedem einzelnen in die Augen. Es war eine Geste, mit der er jedem deutlich machte, wer bei diesem Wettbewerb das Sagen hatte: er, Egil, der Bluttrinker, und kein anderer.
Helgi war als Letzter an der Reihe, und bei seinem Anblick zögerte der Hauptmann. Das vernarbte Gesicht zuckte, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
Er hat die Sache mit dem Eisensack nicht vergessen, schoss es Helgi durch den Kopf.
Doch dann wandte sich Egil wieder den anderen Schmieden zu und hob zu einer Rede an. «Denjenigen von euch, die zum ersten Mal in Haithabu sind, werde ich jetzt Hovis Geschichte erzählen: Vor vier Sommern fuhr eine gewaltige Dänenflotte, bestehend aus zweiundsechzig Langschiffen, vom Reich der Frankar aus in das Mittelländische Meer. Der große Seekönig Hástein und sein Ziehsohn Björn Eisenseite führten die Flotte an. Einige der Drachenschiffe wurden jedoch vom Kriegsherrn Hovi, dem Jarl der Stadt Haithabu, befehligt. Auch ich hatte die Ehre, in seinem Gefolge fahren zu dürfen. Wir plünderten Städte und raubten Sklaven, deren Haut schwarz wie Kohle war. Dann kamen wir zu einer Stadt, die die Frankar Rom nennen. Sie ist riesig, voller Schätze und Reichtümer. Hovi wollte diese Stadt einnehmen und plündern. Doch der vor vielen Jahren aus dem dänischen Reich vertriebene Jarl Hástein war zu feige und wandte sich gegen andere Städte. Odin zürnte deswegen dem Seekönig, denn er wollte Rom! Die Stadt, in der das Oberhaupt der Christen wohnt. Odin sandte uns in der Straße von Gibraltar einen furchtbaren Sturm. Vierzig Schiffe sanken. Der Feind erkannteunsere Schwäche, und wir wurden angegriffen. Es folgte Niederlage auf Niederlage. Unsere Schiffe wurden versenkt, die Zahl unserer Männer schwand dahin. Und das geschah alles nur, weil die feige Ratte Hástein Rom nicht angegriffen hat.»
Egil breitete die Arme aus wie ein Adler seine Schwingen und donnerte: «Unser Hovi hat diese Stadt nie vergessen. Er hat Odins Ruf erhört und wird gegen Rom ziehen, die Stadt plündern und zerstören. Wir werden die Schätze rauben, die Männer schlachten und ihre Frauen und Töchter versklaven. Heilsa Odin! Heilsa Hovi! Mit den Waffen, die vom besten Schmied unseres Reiches geschmiedet werden, sollen die treusten der treuen Krieger ausgerüstet und die Feinde getötet werden. Und nun möge der Wettkampf beginnen, denn hier ist …»
Er deutete mit einer ausladenden Geste hinter sich. Am anderen Ende des Saals loderten jetzt Birkenholzfeuer auf.
«… unser einzigartiger Führer Hovi.»
Im Schein der Feuer wurde der Jarl sichtbar, der auf einem aus Eichenstämmen gezimmerten Hochstuhl thronte. Wie immer war sein Gesicht hinter der Silbermaske verborgen. Helgi hatte ihn noch nie aus solcher Nähe gesehen. Er überlegte, ob die Maske ein Abbild des Gottes Odin darstellen sollte. Der Jarl trug ein purpurfarbenes Gewand, dessen Seide mit Edelsteinen verziert und von Goldfäden durchwirkt war.
Alle Geräusche erstarben. Atemlose Stille breitete sich aus. Der Jarl hob seine Hand, auf deren Fingern Bernsteinringe steckten. Das war das Zeichen. Die Schmiede stellten sich nebeneinander in einer Reihe auf, der Wettbewerb war eröffnet.
«Beweist dem Führer eure Demut», rief Egil.
Als Ersten ließ er den alten Jafnhar vortreten, der auf Knien zum Thron rutschte.
«Mein Herr, mein Herr», stammelte Jafnhar und begann, Hovis Lederstiefel zu küssen. «Nur für Euch habe ich das herrlichste Schwert geschmiedet. Es wird Euch zu Eurem Sieg verhelfen. Ich selbst habe damit einem meiner Sklaven beide Arme abgeschlagen, als Beweis dafür, wie unübertroffen scharf die Klinge
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