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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Barbara gekommen, um die Leiche seines Sohnes Bradley, 42, zu identifizieren, der, ironischerweise ebenfalls in einem Auto einem Herzinfarkt erlegen war. Bradleys Wagen, ein Lexus, war nur wenige Meilen vom späteren Fundort der Leiche seines Vaters entfernt gefunden worden, in einer ruhigen Straße am Nordrand von Montecito. Der trauernde Vater hatte das Leichenschauhaus kurz nach Mittag verlassen, und die ermittelnden Beamten hatten noch nicht rekonstruieren können, wie und wo er die drei Stunden von diesem Zeitpunkt bis zu seinem Selbstmord zugebracht hatte.
    Ein Obdachloser hatte die Leiche gefunden.
    »Ich wollte mich da reinlegen, um ein Nickerchen zu machen«, hatte der Landstreicher, ein gewisser Langdon Bottinger, 52, zu Protokoll gegeben. »Ich habe gleich gemerkt, dass da etwas nicht stimmte. So ein schickes Auto mitten im Wald unter einem Baum. Ich habe reingeschaut und ans Fenster geklopft. Aber er war tot. Ich bin in Vietnam gewesen, ich weiß, wie einer aussieht, wenn er tot ist.«

47
    Nachdem Milo Alex abgesetzt hatte, schaltete er das Autoradio ein und fand einen Sender, der Classic-Rock spielte. Van Halen mit »Jump«.
    Geiles Gerät, der Mustang. Da war Musik drin.
    »Hat mal dem Gärtner von Tom Cruise gehört«, hatte das mehrfach gepiercte Mädchen von der alternativen Autovermietung ihm erzählt. Eine Nachteule, sie machte die Schicht von Mitternacht bis acht Uhr.
    »Toll«, hatte Milo geantwortet und die Schlüssel eingesteckt.
    »Vielleicht hilft das ja beim Vorsprechen.«
    Das Mädchen hatte verständnisvoll genickt. »Sind Sie auf Charakterrollen aus?«
    »Nee«, hatte Milo geantwortet und war zum Wagen gegangen.
    »Hab zu wenig Charakter.«
    Er fuhr zurück zu John G. Broussards Haus in der Irving Street, blieb im Wagen sitzen und beobachtete stundenlang das Anwesen. Die Frau des Polizeichefs kam um 13:03 Uhr heraus, in Begleitung einer Polizistin, die sie zu dem weißen Cadillac brachte und ihr die Fahrertür öffnete. Mrs. B. fuhr in Richtung Wilshire davon und blieb verschwunden.
    Hatte sie John G. allein im Haus zurückgelassen? Milo war sich einigermaßen sicher, dass Broussard nicht in seinem Büro war; er hatte dort angerufen, sich als hochrangiger Mitarbeiter aus dem Büro von Walt Obey ausgegeben. Man hatte ihm äußerst höflich mitgeteilt, dass der Chef heute nicht im Hause sei.
    Nicht sonderlich überraschend. Die Times hatte an diesem Morgen wieder einmal einen Anti-Broussard-Beitrag gebracht.
    Die Polizeigewerkschaft klagte über die schlechte Moral in der Truppe und lud die ganze Schuld vor Broussards Haustür ab. Ein Juraprofessor hatte noch seinen Senf dazu gegeben und Broussard einer Psychoanalyse unterzogen. Der unmissverständliche Tenor des Ganzen war, dass das Temperament des Chefs mit den Anforderungen moderner Polizeiarbeit kaum vereinbar war. Was immer das nun wieder bedeuten sollte.
    Dazu noch die Ereignisse der vergangenen Nacht und der Bericht, den Craig Bosc seinem Vorgesetzten inzwischen vorgelegt haben musste, Broussard konnte nicht mehr übersehen, dass es allmählich sehr eng für ihn wurde.
    John G. war immer schon extrem vorsichtig gewesen. Was tat er also in diesem Augenblick? Stand er vor seinem Schlafzimmerschrank und überlegte, welchen von den Dutzenden schicker Anzüge er auswählen sollte? Es schien fast, als lasse ihn die ganze Sache völlig kalt.
    Oder doch nicht?
    Milo beobachtete weiter die Tudor-Villa, streckte seine Beine aus, bereitete sich auf eine lange Wartezeit vor. Aber fünf Minuten später kam plötzlich ein dunkelgrüner Wagen, eine rundum unauffällige Ford-Limousine mit schwarzen Felgen, das typische LAPD-Modell, rückwärts aus der Einfahrt herausgefahren.
    Der Fahrer war allein im Wagen. Ein großer Mann, der kerzengerade hinter dem Lenkrad saß. Das unverwechselbare Edelprofil des Polizeichefs.
    Broussard fuhr Richtung Norden wie zuvor seine Gattin. Hielt an der Kreuzung, setzte den linken Blinker und wartete, vorbildlicher Autofahrer, der er war, bis der Verkehr es ihm erlaubte, auf den Wilshire Boulevard abzubiegen.
    Richtung Osten. Vielleicht fuhr er ja doch zum Dienst. Wollte es aussitzen, wollte es den Schweinen zeigen. Es gab eine Möglichkeit, das herauszufinden.
    Broussard hielt sich strikt an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Er ordnete sich in die mittlere Spur ein und setzte vorschriftsmäßig den Blinker, bevor er in die La Brea einbog. Er fuhr in südlicher Richtung, über den Washington Boulevard hinweg, nahm den

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