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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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»Es lief wirklich alles blendend, und dann, das war vor drei Jahren im Sommer, wachte mein Vater plötzlich um vier Uhr morgens mit Brustschmerzen auf, und meine Mutter rief uns in heller Aufregung an. Grant, mein Mann, und ich fuhren sofort hin, und zu dritt brachten wir Dad ins Krankenhaus. Während die Ärzte ihn untersuchten, verschwand Grant unauffällig. Ich war so damit beschäftigt, Mom zur Seite zu stehen und auf Dads Ergebnisse zu warten, dass ich nicht weiter darauf achtete. Schließlich, man hatte uns gerade gesagt, dass Dad außer einer Speiseröhrenentzündung nichts weiter fehlte und wir ihn wieder mit nach Hause nehmen könnten, tauchte Grant wieder auf, und ich sah sofort an seinem Gesicht, dass etwas nicht in Ordnung war. Wir konnten erst reden, nachdem wir Mom und Dad nach Hause gebracht hatten. Dann sagte er mir, dass er sich schon länger unwohl gefühlt hatte, er hatte schlimme Bauchschmerzen gehabt, hatte es aber auf den stressigen Job geschoben und immer gedacht, die Schmerzen würden schon wieder verschwinden, und hatte Antazida geschluckt, als wären es Bonbons, weil er mich nicht beunruhigen wollte. Aber dann waren die Schmerzen unerträglich geworden. Und so hatte er sich, als wir zusammen im Krankenhaus waren, einen Arzt geschnappt, er hatte mit ihm an der Penn Golf gespielt und Röntgenaufnahmen machen lassen. Und sie fanden alles voller Schatten. Ein seltener Tumor des Gallengangs, der gestreut hatte. Fünf Wochen später war ich die trauernde Witwe und wohnte wieder bei Mom und Dad.«
    »Das tut mir Leid.«
    Sie schob ihren Teller von sich. »Es ist unhöflich von mir, meinen Kummer so bei Ihnen abzuladen.« Wieder ein zögerliches Lächeln. »Das liegt nur daran, dass Sie so gut zuhören können.«
    Ohne nachzudenken, griff ich nach ihrer Hand und tätschelte sie. Sie drückte meine Finger, dann zog sie ihre Hand zurück, indem sie spielerisch mit den Fingerspitzen über die Tischplatte trippelte, griff nach ihrem Weinglas und trank, ohne mich anzusehen.
    Ich nahm einen ordentlichen Schluck Bier.
    »Soll ich Ihnen mal was Witziges verraten?«, fragte sie.
    »Heute Abend spreche ich über posttraumatischen Stress. Hören Sie, Alex, es war nett, Sie kennen zu lernen, und ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihrem Vorhaben, was immer es ist, aber ich muss jetzt wirklich los.«
    Sie winkte den Ober heran, und ich überhörte ihre Proteste und bezahlte die Rechnung. Sie nahm eine goldene Puderdose und einen Lippenstift aus der Tasche, zog sich die Lippen nach, betupfte ihre langen, schwarzen Wimpern und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Wir standen auf. Ich hatte sie für groß gehalten, aber auch mit ihren Sieben-Zentimeter-Absätzen maß sie kaum einsfünfundsechzig. Klein, aber extrem gut aussehend. Genau wie Robin.
    Wir verließen das Restaurant zusammen. Ihr Wagen war ein zehn Jahre alter Jaguar XJS mit aufklappbarem Verdeck. Sie stieg mit einer geschmeidigem Bewegung ein und jagte den Motor kräftig hoch. Ich sah ihr nach. Sie hielt die Augen starr auf die Straße gerichtet.

16
    Zwei neue Namen. Michael Larner. Willie Burns.
    Vielleicht waren sie beide irrelevant, aber ich fuhr dennoch südwärts Richtung Cheviot Hills, entdeckte Achievement House in einer Sackgasse gleich östlich der Motor Avenue und südlich des Palms Boulevard und hielt am Straßenrand gegenüber an. Das Gebäude war ein bescheidener zweistöckiger Kasten, gleich neben einem unbewachten Parkplatz. Blassblau im Mondschein, umschlossen von einem weiß gestrichenen Eisenzaun. Die Vorderfront war fensterlos. Glastüren versperrten einen Durchgang, der vermutlich zu einem Innenhof führte. Ein halbes Dutzend Autos parkten unter greller Beleuchtung, doch das Haus selbst war dunkel, und aus dieser Entfernung konnte ich keinerlei Beschriftung erkennen. Ich fragte mich, ob ich überhaupt die richtige Adresse erwischt hatte, also stieg ich aus dem Seville, überquerte die Straße und lugte durch den Zaun. Winzige weiße Ziffern bestätigten die Hausnummer. Winzige weiße Buchstaben, in der Dunkelheit kaum auszumachen, formten sich zu den Worten:
    Achievement House. Privatgelände Ich kniff die Augen zusammen, um zu erkennen, was hinter den Glastüren war, aber der Hof, wenn es denn einer war, war nicht beleuchtet, und ich konnte nur das Licht sehen, das sich in den Scheiben spiegelte. Die Straße war alles andere als ruhig; immer wieder schwappte Verkehrslärm von der Motor Avenue herüber, und aus der Ferne war

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