Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
berührt worden war. Sie hatte keinen Gedanken daran verschwendet, wie sehr es ihr fehlte. Doch jetzt wurde es ihr klar.
Ein winziges Keuchen entschlüpfte ihr, bevor er mit dem Mund über ihren streifte, hin und wieder zurück. Ihn so perfekt mit ihren Lippen verschmelzen ließ, dass sie die Finger um seine Arme legen wollte.
Dann zog er sich zurück, gab sie frei und öffnete die Augen. Zum ersten Mal in dieser Nacht sah sie nun das Begehren in ihnen, und sie wollte weglaufen... wollte ihn an sich ziehen, um mehr zu bekommen.
Er hatte sich wieder sein gelassenes, charmantes Selbst übergestülpt. »Denke nicht für einen einzigen Moment, dass ich nicht mehr wollen würde,Victoria«, sagte er so leichthin, als versuchte er, es gleichzeitig zu leugnen. »Aber es gibt wichtige Dinge zu besprechen.«
»Wichtige Dinge?«
Als müsste er eine Benommenheit abschütteln, drehte er sich um und ging auf dem Balkon auf und ab, wobei er einen Ärmel, der heruntergerutscht war, wieder hochkrempelte. »Du hast dieses Amulett im Silberkelch gefunden, und das bedeutet, dass jemand dort war, der mit der Tutela in Verbindung steht... vermutlich der Dämon oder der Vampir, die du getötet hast, vielleicht auch beide. Es sind derzeit keine anderen Vampire in London, nicht wahr?«
»Ich war während der zwei Wochen vor meiner Abreise hierher jede Nacht auf Patrouille. Dabei stieß ich auf den Dämon und den Vampir in den Ruinen des Silberkelchs, außerdem sah
ich noch einen einzelnen Vampir, der mir entwischte... ansonsten jedoch keine. Lilith ist nicht zurückgekehrt.« Sie musterte ihn neugierig. »Ich weiß nicht, wo du während des letzten Jahres warst, Sebastian, aber vielleicht hast du nicht mitbekommen, dass Lilith sich zusammen mit ihrem Gefolge in ihren Schlupfwinkel in den Bergen zurückgezogen hat, nachdem es ihr nicht gelungen war, das Buch des Antwartha an sich zu bringen.«
»Ich habe das durchaus mitbekommen, auch wenn ich nicht in England war. Ich habe mich, kurz nachdem mir die Vampire in meinem Lokal einen Besuch abgestattet hatten, aufs Festland begeben.« Er betrachtete die unter ihnen gelegenen Gärten, dann wandte er sich wieder zu Victoria um. »Sie suchen nach Polidori. Und irgendjemand ist hier. Jemand von der Tutela. Dieser Jemand muss das Amulett fallen gelassen haben. Aber es sind keine Vampire hier.«
»Nein, das stimmt. Und auch keine Dämonen, glaube ich.«
»Du kannst also auch Dämonen wittern. Gut. Polidori wird erleichtert sein, das zu hören.«
»Willst du mir erzählen, warum sie hinter ihm her sind? Oder soll ich raten?«
Sein einnehmendes Lächeln war wieder da. »Ich glaube, es dürfte dir nicht schwerfallen, dieses Rätsel zu lösen.«
»Es muss an seinem Buch liegen. Der Vampyr . Es enthüllt zu viel Wahres über Vampire. Und aus welchem Grund reist du mit ihm zusammen? Doch bestimmt nicht, um auf ihn aufzupassen.«
»Nun,Victoria... Versuche nicht, meine Fähigkeiten in Frage zu stellen; vor allem, da du das ganze Spektrum meiner Talente gar nicht kennst.« Der letzte Rest Ernsthaftigkeit schwand aus seinen Zügen, als er fortfuhr: »Wenngleich nicht mangelnde Begierde
meinerseits der Grund für deine Unkenntnis ist. Jedenfalls ja, ich habe ihn in Italien kennen gelernt. Byron hatte ihn aus seinen Diensten entlassen, allerdings nicht, weil er keinen Arzt mehr brauchte, sondern weil er um sein Leben fürchtete.« Sebastian seufzte. »Ich werde John die Geschichte erzählen lassen. Er kennt sämtliche Details. Es ist wohl überflüssig, zu erwähnen, dass ich nicht mit einer ruhigen, gefahrlosen Wochenendeinladung gerechnet hatte. Ein Angehöriger der Tutela ist hier. Wer auch immer es ist, er hat es auf Polidori abgesehen, und ich werde ihn nicht aus den Augen lassen, bis wir wissen, um wen es sich handelt.«
»Warum reist der Doktor nicht einfach ab?«
»Das ist es, was er das ganze letzte Jahr lang getan hat - er versuchte, ihnen zu entkommen. Irgendwie müssen sie wohl herausgefunden haben, dass ich involviert bin; deshalb haben sie mich im Silberkelch gesucht.« Er stieß sich von der Brüstung ab. »Aber zumindest ahnt niemand, dass unter uns ein Venator ist.« Um seine Lippen zuckte es schelmisch. »Polidori wird froh sein, das zu hören; und solange du hier bist, wird er es nicht eilig haben, abzureisen. Er ist sicherer hier mit dir als irgendwo sonst.«
»Das ist wahr. Kannst du es einrichten, dass ich morgen die Gelegenheit bekomme, mit ihm zu
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