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Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis

Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis

Titel: Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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angefangen hatten. Nein, nicht jetzt.
    Nicht vor Max' Augen.
    Sie holte tief Luft, richtete sich auf und hielt sich mit einer Hand am Endpfosten der Treppe fest. Das Brennen ließ nach, aber sie hatte immer noch ein Kratzen im Hals.
    »Es gibt Angelegenheiten, um die ich mich kümmern muss«, erwiderte er. Sein Tonfall war immer noch bitter. Sein Gesicht sah aus, als wäre es aus hartem, grauem Stein gemeißelt.
    »Wie du meinst.« Sie wandte sich von ihm ab und begann, die Treppe hinaufzusteigen, ohne sich noch einmal nach ihm umzudrehen. Ihre Augen füllten sich mit wütenden Tränen, und ihre Nase begann zu jucken.
    Vielleicht sollte sie ihn gehen lassen.
    Vielleicht wäre das am besten. Für sie beide.
    Victoria schlief voll bekleidet auf ihrem Bett ein und wachte erst wieder auf, als Verbena viel später am Abend mit einem Tablett zu ihr kam.
    Missbilligend vor sich hin schnalzend half sie ihrer Herrin dabei, das zerdrückte Kleid auszuziehen, und bestand darauf, dass sie das kalte Mahl aus Hähnchen, Brot, Tomaten und Käse zu sich nahm. Victoria fühlte sich nach ihrem Nickerchen und dem Essen nur geringfügig besser. Da war immer noch etwas, das wütend und beharrlich an ihr nagte.
    Auch nachdem ihre geschäftige Zofe ihr die Haare für die Nacht ausgekämmt und ihr in ein Nachthemd geholfen hatte — für heute Abend war sie keine gesellschaftlichen Verpflichtungen eingegangen, und anscheinend gab es in London keine Vampire mehr, auf die man hätte Jagd machen können -, hatte Victoria ihre schlechte Laune immer noch nicht abgelegt. Ein Teil von ihr hätte sich am liebsten schluchzend zusammengerollt; weshalb, wusste sie eigentlich gar nicht... und der andere Teil hätte sich nur zu gern in einen Kampf mit einem ganzen Rudel Vampire gestürzt.
    Sie hätte allen den Garaus gemacht.
    Verbenas Geplapper begann ihr auf die Nerven zu gehen, und schließlich schickte sie ihre Zofe weg und gab ihr für den Rest des Abends frei. Das war offensichtlich das Richtige; denn Verbena gestand, dass sie und Oliver geplant hätten, nach Vauxhall Gardens zu fahren.
    »Dann ab mit dir«, sagte Victoria und merkte, dass es erst elf Uhr war.
    Vielleicht brauchte sie nur ein bisschen mehr Schlaf.
    Und dann träumte sie von Dämonen aus schwarzem Rauch und rotäugigen Vampiren und dunkeläugigen Männern.
    Aber nach einer Weile wachte sie wieder auf, und kühles Mondlicht schien durchs Fenster, sodass der Raum wie an einem trüben Regentag erleuchtet war.
    Der Gedanke, der die ganze Zeit an ihr nagte, sie nicht in Ruhe ließ und ständig am Rande ihres Bewusstseins lauerte, brach nun mit aller Macht hervor. Vielleicht sollte sie Max gehen lassen.
    Victoria setzte sich auf, glitt aus dem Bett und ging zu ihrer Frisierkommode. Ihr Gesicht schaute ihr geisterhaft fahl aus dem Spiegel entgegen. Das volle, dunkle Haar fiel ihr über die Schultern und reichte bis zu den Ellbogen; neben der geraden Nase die wie Mandeln geformten Augen. Ein leichter Schweißfilm lag über ihrer Oberlippe, denn die Hitze des Tages hatte sich gehalten.
    Vielleicht hatte Sebastian Recht. Sie klammerte sich an einen Mann, der ihr nicht das geben konnte, was sie wollte. Der niemanden wollte oder brauchte.
    Lange Zeit betrachtete sie sich im Spiegel, und schließlich fällte sie eine Entscheidung.
    Wenn es wirklich das war, was er wollte, dann würde sie ihn gehen lassen. Doch der Ausdruck auf seinem Gesicht, als er nach der Tanzveranstaltung in der Kutsche auf sie herabgeblickt hatte, hatte etwas anderes gesagt.
    Sie stand auf, streifte das schlichte weiße Nachthemd ab und zog ein rosafarbenes Gewand aus Spitze aus dem Schrank. Der Stoff war nicht mehr als ein Hauch, lag an den Brüsten eng an und fiel dann weich bis zum Boden. Das Gewebe war so fein, dass das Glitzern ihrer beiden vis bullae, die sie im Bauchnabel trug, zu erkennen war.
    Leise verließ Victoria ihr Schlafzimmer und tappte durch das kleine Haus nach hinten, wo die Dienstboten schliefen. Dann stieg sie ein Stockwerk höher, wo die Wärme noch drückender war.
    Ihr Gewand wehte wie Rauch um sie, als sie vor der Tür zu Max' Zimmer stehen blieb. Durch den Spalt unter der Tür drang kein Licht nach draußen, aber es war auch bereits weit nach zwei Uhr morgens. Entweder schlief er, oder er war noch nicht nach Hause gekommen. Und da es in London keine Vampire mehr gab...
    Victoria öffnete die Tür und sah, dass der Raum vom selben Mondlicht erfüllt war wie ihr Zimmer und sein Bett beleuchtete. Es

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