Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis
kleinen Topf auf dem Tisch, bis der jeweilige Untote sich für ein Opfer entschieden hatte und es aus der Wirtschaft lockte. Dann steckte der Venator, der das richtige Opfer genannt hatte, das Geld ein, das sich im Topf gesammelt hatte, holte seinen Pflock hervor und ging hinterher.
Die anderen leerten ihre Gläser und gaben eine neue Runde aus.
Nach einer Weile kamen keine Vampire mehr in die Wirtschaft. Vielleicht hatte es schon die Runde gemacht, dass Vampire, die dieses Wirtshaus besuchten, schnell zu Asche wurden.
»Es ist noch früh«, meinte Michalas und holte zwei Würfel heraus. Er warf sie auf den Tisch. »Wer fängt an?«
»Vioget und ich«, sagte Brim und zog die Augenbraue hoch, in der seine vis bulla glitzerte.
Sebastian seufzte, verdrehte die Augen und richtete sich auf, als würde er nur widerwillig mitmachen. Doch Victoria sah das freudige Glitzern in seinen Augen. »Ich nehme an.«
Victoria beobachtete das alles mit Interesse - all diese Arten des Zeitvertreibs waren so neu für sie wie Besuche in Herrenclubs, um den Männern beim Kartenspiel zuzuschauen.
Michalas warf die Würfel. »Zehn.« Er lachte und sah die anderen beiden an. »Viel Glück.«
Brim und Sebastian stellten die Gläser hin, schoben ihre Stühle zurück und stürmten nach draußen.
»Wo sind die hin?«, fragte Victoria.
»Ich habe eine Zehn gewürfelt. Jetzt geht es darum, wer als Erster zehn Vampire erledigt und dann zuerst wieder da ist.«
»Zehn? Jeder?« Sie zog die Augenbrauen hoch und unterdrückte ein Lachen. »Gibt es noch so viele Untote in Prag? Wir sind doch eigentlich ziemlich eifrig gewesen.«
»Jeder zehn, und wer zuletzt zurückkommt, muss den anderen eine Runde ausgeben.« Michalas lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und trank von seinem Lieblingsgetränk — Wein. Sie plauderten ein Weilchen miteinander, als er plötzlich sagte: »Ah, da ist noch einer.«
Victoria spürte das viel sagende Kältegefühl im Nacken und sah den Untoten durch die Tür hereinkommen. »Meiner oder deiner?«, fragte sie.
»Ich erledige ihn.«
»Nein, warte«, sagte sie. »Ich mache das.« Sie stand auf und spürte die beruhigende Wirkung des Weins, während sie wie zufällig auf den Vampir zuging.
Er stand in der Nähe des Tresens und nippte an seinem Getränk. Und obwohl sie unschuldig in eine andere Richtung schaute, merkte Victoria genau den Moment, in dem sie seine Aufmerksamkeit erregte. Sie konnte sich vorstellen, was für einen Eindruck sie auf ihn machen musste — ganz eindeutig eine Frau, die Männerkleidung trug, denn sie hatte ihr Haar nicht zurückgebunden und den Gehrock wegen des warmen Abends ausgezogen.
Der Vampir war groß, fast so groß wie Max, stellte sie fest, als sie näher kam. Er hatte breite Schultern, und trotz der Narbe, die sich über seine ganze Wange zog, war er ein gut aussehender Mann. Victoria war sich beinahe sicher, dass er ein Wächtervampir war. Ganz sicher konnte sie sich allerdings erst sein, wenn seine Augen anfingen zu glühen.
»Na, na«, meinte er mit angenehm weicher Stimme, die irgendwie das dumpfe Dröhnen im Schankraum übertönte. »Was macht denn eine so bezaubernde Dame an einem so hässlichen Ort wie diesem?«
Victoria widerstand dem Impuls, die Augen zu verdrehen.
Stattdessen sah sie ihn mit großen, unschuldigen Augen an und erwiderte: »Eigentlich wollte ich mich mit meinem Bruder hier treffen, aber er ist noch nicht da.«
»Mit Ihrem Bruder?« In seiner Stimme schwang jetzt nicht mehr so viel Interesse mit.
»Wir wollten uns eigentlich gestern Abend hier treffen«, sagte sie. »Aber er hat sich verspätet.«
Der Vampir lachte — seine Zähne sahen normal aus. »Ja, das sieht mir auch ganz so aus. Wie lange wollen Sie denn noch auf ihn warten?«
»Ich glaube nicht, dass er überhaupt noch kommt«, erwiderte sie aufrichtig. »Ich denke, so langsam sollte ich nach Hause gehen.«
»Ganz allein? Nachts ist es gefährlich auf den Straßen«, meinte er und rückte näher an sie heran.
Das wusste wohl jede Frau. »Ich habe keine Angst.« Und zumindest das stimmte.
»Vielleicht hätten Sie gern einen Begleiter?«, fragte er.
»Lieber nicht«, erwiderte sie und schenkte ihm ein neckisch-verschämtes Lächeln. »Normalerweise gehe ich nicht mit fremden Männern mit.« Sie legte ein paar Münzen auf den Tresen, um den Eindruck zu vermitteln, dass sie gekommen war, um ihre Rechnung zu begleichen. »Gute Nacht, mein Herr.«
Sie war schon fast zur Tür hinaus, als sie
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