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Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Das Buch der Verdammnis (German Edition)

Titel: Das Buch der Verdammnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Schuberth
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Carola Hager, Hanks Frau."
    Seine Stimme klang brüchig und leise, als wäre er um Jahre gealtert. Ich starrte noch immer auf die Frau, die keine Miene verzog und mir nur stumm ihre Hand hinhielt. Wie automatisch ergriff ich sie. Ihre Hand war schwer und schweißig und lag in meiner Hand wie ein nasser Badeschwamm.
    Mein Gehirn brauchte etwas, um die neuen Informationen zu verarbeiten. Ich war vom Verlag nach Hause wie ein Besessener geradelt, ich war noch außer Atem, ich hatte versucht, zu verdrängen, was ich in dem Bürozimmer gesehen hatte, doch vor meinen Augen tanzten die ganze Zeit die Worte, die Bommer geschrieben hatte: Zwischen den Zeilen leben wir wie Schatten, der Duft von Flieder im Frühling, wir haben ihn vergessen.
    Ich brauchte Zeit, um zu verstehen, was da geschah, aber die Ereignisse ließen mir keine Zeit.
    Ich musste noch immer einen fassungslosen Ausdruck im Gesicht haben, denn Gonzo redete weiter, immer in diesem tonlosen Singsang, als wäre er eine Maschine.
    "Frau Hager hat ihren Mann schon seit Wochen gesucht. Es hat sich jetzt herausgestellt, dass Hank Hannes Hager heißt. Er kommt aus Weindorf, einem kleinen Städtchen in der Nähe von Hamburg. Frau Hager hat erzählt, dass Hannes Hager ein großer Fan von Hank Lester ist, er war sogar eine Zeit lang erster Vorsitzender des Hank-Lester-Fan-Club-Weindorf. Hannes Hager ist Kammerjäger. Spezialisiert auf die orientalische Schabe."
    "Wo ist er überhaupt?"
    Zum ersten Mal antwortete die Frau.
    "Er zieht sich gerade um. Wir wollten dann gleich gehen."
    Sie setzte sich wieder auf ihren Stuhl und ich nahm, noch immer benommen von den Neuigkeiten, neben ihr Platz.
    Jetzt erst sah ich, was vor Gonzo auf dem Tisch lag. Eine in schwarzem Leder eingebundene Mappe. Er schob sie zu mir und ich öffnete sie. Was ich in Händen hielt, war die offizielle Vereinsmappe des Hank-Lester-Fan-Club-Weindorf. Hastig blätterte ich darin.
    Auf den Seiten waren unzählige Fotos, ausgedruckte Internetseiten, Zeitungsausschnitte, Protokolle der Vereinssitzungen. Zeugnisse eines treuen Fans, der bis zum Schluss an Hank Lester geglaubt hatte.
    „Dass Hank Lester in einen der letzten Abenteuer impotent geworden ist, hat Hannes schwer getroffen", sagte Carola Hager. "Ich glaube, das war im Grunde der Auslöser für alles, was danach passiert ist."
    "Es war nicht Impotenz", sagte ich. "Es waren nur kleine Erektionsstörungen, wie sie jeder mal hat."
    Sie redete weiter, als hätte sie mich nicht gehört.
    „ Hannes hat an diesem Tag seine ganze Sammlung von Hank-Lester-Heften verbrannt. Ehrlich gesagt war ich ganz froh darüber. Ich habe sowieso immer lieber die Arztromane von Meike von Hardenberg gelesen. Und dann passierte die Explosion, Hank hatte mit chemischen Substanzen experimentiert. Er träumt schon sein ganzes Leben davon, eine Wunderwaffe gegen die orientalische Schabe zu finden. Er hat im Gartenhaus experimentiert. Nach der Explosion war er wie vom Erdboden verschwunden. Ich befürchtete das Schlimmste."
    Ich blickte wieder zu Gonzo. Mit ausdruckslosem Gesicht hatte er der Erzählung der Frau zugehört. Er wirkte, als würde er unter Schock stehen.
    "Nun ja, dann muss er irgendwie hier aufgetaucht sein, mit der festen Überzeugung, Hank Lester zu sein."
    "Wie geht es ihm denn jetzt?", fragte ich.
    „Er hat mich nicht erkannt. Er erinnert sich an nichts. Aber ich hoffe, dass er bald wieder der alte Hannes ist."
    "Du hattest recht", sagte Gonzo zu mir, "Du hattest die ganze Zeit Recht."
    Carola Hager sah mich an, doch sie sagte nichts. Ich hätte Genugtuung spüren müssen, auch Erleichterung, dass sich das Geheimnis um Hank Lester so aufgelöst hatte, wie ich vorausgesagt hatte. Aber in mir war nur eine große Leere.
    Weil niemand etwas sagte, blätterte ich durch die Vereinsmappe des Hank-Lester-Fan-Clubs.
    Auf Fotos lächelte mich Hank als Hannes Hager an. Auf einem Bild war der ganze Verein versammelt. Alle hielten stolz ein Heft in die Höhe. Ein weiteres Foto zeigte Hank vor seinem Aquarium. Er war einer der Kleintierbesitzer, die mir bis zuletzt die Treue gehalten hatten.
    Auf einmal erschien er an der Tür. Er hatte seinen Rucksack in der Hand.
    "Hallo Leon", sagte er.
    Ich nickte, Hank blieb an der Tür stehen, er wirkte müde.
    „Leon“, sagte er „Ich muss es jetzt wissen. Was hast du in das magische Buch geschrieben?“
    Er blickte mich starr an. Es war auf einmal still. Carola Hager sah mich von der Seite an. Sie schüttelte den Kopf, wie um

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