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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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ein mächtiger König unter ihnen; und ihre Geschichten nennen ihn den Herrn des Zwielichts, und alle Elben seines Reiches werden Hisildi oder Volk des Zwielichts genannt. Die Umgebung von Koivienéni, den Wassern des Erwachens, ist nun sehr zerklüftet und voller mächtiger Felsen, und der Fluss, der sie speist, stürzt als ein helles Rinnsal eine tiefe Klamm hinab … doch der Ausfluss des dunklen Sees lag unter der Erde in vielen endlosen Höhlen, die sich immer tiefer in das Herz der Erde senkten. Dort hauste Tû der Zauberer, und von bodenloser Tiefe ist dieser Ort, doch seine Türen sind schon lange versiegelt, und heute kennt niemand den Eingang.
    Dort flackerte immer … ein bleiches Licht von Blau und Silber, und neben den Elben gingen viele sonderbare Geister ein und aus. Unter diesen Elben war nun ein gewisser Nuin,und er war ein sehr kluger Mann, der es über alles liebte, in die Ferne zu wandern, denn die Augen der Hisildi waren außerordentlich scharf geworden, und sie konnten in jenen dämmrigen Tagen auch sehr undeutlichen Pfaden folgen. Von Zeit zu Zeit wanderte Nuin weit in den Osten von Palisor, und wenige aus seinem Volk gingen mit ihm; doch niemals ließ er sie allein in diese Gegenden gehen, und sonderbare Geschichten wurden darüber erzählt; doch jetzt 3 überkam Nuin die Neugier, er wanderte weit fort und kam an einen seltsamen und wunderbaren Ort, wie er ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Eine Bergwand stieg vor ihm auf, und lange Zeit versuchte er hinüberzugelangen, bis er an einen Durchgang kam, in dem es sehr dunkel und eng war, der durch die große Klippe stieß und in Windungen immer abwärts führte. Mit großem Wagemut folgte er diesem schmalen Steg, bis die Bergwände plötzlich zu beiden Seiten abfielen. Und er sah, dass er den Eingang zu einem großen Becken gefunden hatte, das kreisförmig von glatten Bergwänden eingefasst war und dessen Ausmaße er in der Düsternis nicht ausmachen konnte.
    Plötzlich umflossen ihn die süßesten Gerüche der Erde – auch die Lüfte Valinors durchzogen nie lieblichere Düfte, und er stand still und trank sie mit tiefem Entzücken, und in den Wohlgeruch der Abendblumen mischten sich die kräftigen Düfte, welche viele Kiefern in die mitternächtlichen Lüfte verströmen.
    Wie von ungefähr begann mit einem Mal fern in den dunklen Wäldern, die unten im Talgrund lagen, eine Nachtigall zu schlagen, andere antworteten ihr leiser aus der Entfernung, und Nuin, dem vor der Lieblichkeit dieses verträumten Flecks beinahe die Sinne schwanden, wusste, dass er Murmenalda oder das »Tal des Schlafs« betreten hatte, wo kein Wind weht und unter jungen Sternen immerdar die erste stille Dämmerung steht.
    Nun stieg Nuin tiefer in das Tal hinab, und weil ein wundersames Staunen von ihm Besitz ergriffen hatte, trat er leise auf. Und siehe, unter den Bäumen, im sanften Zwielicht, gewahrte er viele schlafende Gestalten, einige einander umarmend, andere ganz allein in sanftem Schlummer liegend. Und Nuin stand staunend da und atmete kaum.
    Dann, von jäher Furcht gepackt, wandte er sich und schlich fort von diesem heiligen Ort, überquerte die Berge auf demselben Weg und eilte zurück zu Tûs Behausung; und er trat vor den ältesten der Zauberer und erzählte ihm, dass er just aus den Östlichen Landen komme, und darüber war Tû wenig erfreut; er war noch weniger froh, als Nuin seine Geschichte beschloss und alles erzählte, was er dort gesehen hatte. ›Ich glaube‹, sagte er, ›dass alle, die dort schlummerten, Kinder waren, doch waren sie so groß wie die größten der Elben.‹
    Darauf überfiel Tû große Furcht vor Manwe, ja sogar vor Ilúvatar, der über alles gebietet, und er sagte zu Nuin:
    Hier bricht Gilfanons Geschichte ab. Der Zauberer Tû und der Dunkel-Elb Nuin verschwanden aus der Mythologie zusammen mit der wundervollen Geschichte von Nuin, der die Gestalten der Väter des Menschengeschlechts erblickt hatte, die noch im Tal von Murmenalda schliefen – wegen der Eigenart des Werkes und weil mein Vater den einzelnen Teilen unterschiedlich viel Aufmerksamkeit gewidmet hat, können wir nicht immer zwischen endgültig aufgegebenen und solchen Elementen unterscheiden, die sich »noch in der Schwebe« befanden. So beklagenswert es auch sein mag, dass dieses Werk nicht vollendet wurde, so tappen wir dennoch nicht völlig im Dunkeln, wenn es um die weitere Fortführung geht.
    Ich habe weiter oben (S. 180f., Anmerkung 3) darauf hingewiesen, dass es zwei

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