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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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keine Nahrung mehr hatten, so dass sie schließlich glaubten, den Tod zu erleiden, wurden sie von einem Waldläufer entdeckt, einem Jäger der verborgenen Elben; und dieser wurde Beleg genannt, denn nach der Art dieses Volkes war er von mächtigem Wuchs. Darauf führte sie Beleg über gewundene Pfade und durch viele dunkle, unwegsame Wälder zu den Ufern des schattigen Flusses vor den Toren von Tinwelints tiefen Hallen.
    Als sie nun vor den König kamen, hieß er sie um Úrins willen herzlich willkommen, und als der König von dem Band zwischen Úrin und Beren, dem Einhänder 6 , und von der Bitte Frau Mavwins erfuhr, wurde sein Herz weich, und er erfüllte ihren Wunsch. Er wollte ihn nicht fortschicken, sondern sagte: ›Sohn Úrins, du sollst an meinem Hof in den Waldländern aufs angenehmste wohnen, und du sollst mir nicht bloß ein Gefolgsmann, sondern fürwahr ein zweites Kind sein, und Gwedheling und ich werden dich alles lehren, was wir wissen.‹
    Darum sandte er, nachdem die Reisenden sich ausgeruht hatten, den jüngeren der zwei Hüter Túrins zu Mavwin zurück, denn es war der Wunsch dieses Mannes, sein Leben im Dienste der Gemahlin Úrins zu opfern; doch eine Schar von Elben wurde ihm zur Begleitung gegeben und alle erdenklichen Erquickungen und Zauber; und außerdem sollte er Mavwin folgende Worte Tinwelints überbringen: ›Wisse denn, o Frau Mavwin, Gemahlin von Úrin, dem Standhaften, nicht aus Liebe zu Melko und nicht aus Furcht vor ihm, sondernwegen der Klugheit meines Herzens und des Geschicks der Valar bin ich nicht mit meinem Volk in die Schlacht der Ungezählten Tränen gezogen, der ich nun ein Hort der Sicherheit und eine Zuflucht für alle geworden bin, welche die geheimen Pfade finden, die zu meinen schützenden Hallen führen. Vielleicht gibt es jetzt kein anderes Bollwerk mehr gegen den Hochmut des Vala aus Eisen, denn die Menschen sagen, Turgon sei noch am Leben, doch wer kennt die Wahrheit, und wie lange wird er noch frei sein? Darum nun will ich deinen Sohn Túrin hier aufziehen wie mein eigenes Kind, bis er alt genug ist, dir beizustehen – dann kann er, wenn er will, fortgehen.‹ Außerdem bat er Frau Mavwin, wolle sie die Reise auf sich nehmen, ebenfalls in seine Hallen einzukehren und dort in Frieden zu leben; doch nachdem sie dies gehört hatte, lehnte sie ab, denn ihre Tochter war noch zart, und sie selbst wollte lieber arm unter Menschen leben als angenehm bei den Wald-Elben als Empfängerin von Almosen. Vielleicht hing sie auch an dem Haus, das Úrin ihr eingerichtet hatte, ehe er in den großen Krieg zog, und hegte im Stillen immer noch schwache Hoffnung auf seine Rückkehr, denn keiner der Boten, welche die jammervolle Nachricht von jenem Schlachtfeld gebracht hatten, konnte sagen, dass er tot sei, sondern wusste nur zu berichten, dass niemand wisse, wo er sei – doch in Wahrheit gab es nur wenige Boten, und deren Sinn war verdunkelt, und inzwischen waren Jahre vergangen, seit der letzte Hieb auf diesem bitteren Schlachtfeld geführt worden war. In späteren Tagen sehnte sie sich freilich danach, Túrin wiederzusehen, und hätte vielleicht am Ende, nachdem Nienóri erwachsen geworden war, ihren Stolz abgelegt und wäre übers Gebirge gezogen, doch dieses war wegen der Macht des großen Zaubers Melkos unüberwindlich geworden, denn er schloss alle Menschen in Hithlum ein und tötete jeden, der sich über die Mauern dieses Landes wagte.
    So fügte es sich denn, dass Túrin in den Hallen Tinwelints wohnte; und es wurde gestattet, dass der bejahrte Gumlin, der mit ihm aus Hithlum gekommen war, bei ihm bleiben durfte, da er weder den Mut noch die Kraft zur Rückkehr hatte. Dieser Aufenthalt schenkte Túrin sehr viel Freude, doch der Kummer über seine Trennung von Mavwin wich niemals gänzlich von ihm; seine Körperkräfte nahmen gewaltig zu, und seine Tapferkeit trug ihm Ruhm ein, wo immer Tinwelint als König angesehen wurde, doch er war ein stiller Junge und oft düster, der sich der Liebe nicht leicht öffnete und dem das Glück nicht hold war, denn nur wenige Dinge, die er sich sehnlich wünschte, bekam er, und viele, um die er sich bemühte, schlugen fehl. Nichts indessen machte ihm mehr Kummer als das Versiegen der Nachrichten von Mavwin, als, wie schon erzählt, die Berge unüberwindlich und die Wege versperrt wurden. Túrin nun war sieben Jahre alt gewesen, als er zu den Wald-Elben gekommen war, und wohnte dort sieben Jahre, und während dieser Zeit kamen hin und wieder

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