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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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angestrengter Arbeit erfüllt, und das ganze Sklavenvolk der Noldoli muss unablässig nach Metallen graben, während Melko sitzt und Feuer ersinnt und Flammen und Dämpfe aus den niederen Hitzen steigen lässt, und keinem der Noldoli erlaubt er, sich auch nur einen Fußbreit vom Ort seiner Knechtschaft zu entfernen. Einmal dann versammelte Melko seine geschicktesten Schmiede und Zauberer, und aus Eisen und Flammen schmiedeten sie ein Heer von Ungeheuern, wie man sie nur zu dieser Zeit erblickt hat und bis zum Großen Ende nicht wieder sehen wird. Manche waren ganz aus Eisen und so kunstreich mit Gliedern versehen, dass sie wie langsame Flüsse aus Metall strömten, sich um Hindernisse herumwinden oder sie überkriechen konnten, und sie bargen in ihrem Inneren die grausamsten Orks, bewaffnet mit Krummsäbeln und Speeren; andere waren aus Bronze und Kupfer und hatten Innereien aus loderndem Feuer, und mit ihrem entsetzlichen Flammenspeien vernichteten sie alles, was vor ihnen stand, oder sie zertrampelten, was immer der verzehrenden Glut ihres Atems entging; doch wieder andere waren Kreaturen aus reinem Feuer, die sich wanden wie Schlangen geschmolzenen Metalls, und sie vernichteten jedweden Stoff, der in ihre Nähe kam, und Eisen und Stein lösten sich vorihnen auf und wurden wie Wasser, und darauf ritten die Balrogs zu Hunderten; und diese waren die schrecklichsten Ungeheuer, die Melko gegen Gondolin auf den Plan rief.
    Als nun der siebte Sommer seit Meglins Verrat vergangen war, und Earendel zwar noch im zarten Kindesalter, doch ein tapferer Knabe war, rief Melko alle seine Späher zurück, denn ihm war nun jeder Pfad und Winkel der Berge bekannt; die Gondothlim jedoch, unvorsichtig wie sie waren, glaubten, er habe es nicht mehr auf sie abgesehen, weil er ihre Macht und die unüberwindliche Stärke ihrer Stadt erkannt habe.
    Aber Idrils Gemüt verdüsterte sich, und der Glanz ihres Gesichtes war getrübt, und viele wunderten sich darüber; doch Turgon verminderte die Zahl der Hüter und Wächter auf die alte Stärke, ja machte sie noch geringer, und als der Herbst kam und die Ernte vorüber war, wandte sich das Volk frohen Herzens den Festen des Winters zu: Tuor aber stand auf der Brustwehr und schaute zu den Umzingelnden Bergen hinüber.
    Nun stand dort Idril neben ihm, und der Wind war in ihrem Haar, und Tuor erschien sie über die Maßen schön, und er beugte sich nieder, um sie zu küssen; doch ihr Gesicht war traurig, und sie sagte: ›Nun kommt die Zeit, da du dich entscheiden musst.‹ Und Tuor wusste nicht, was sie meinte. Dann zog sie ihn in ihre Hallen und sagte ihm, wie schwer ihr Herz sei aus Furcht um ihren Sohn Earendel und voller Vorahnung, dass ein großes Unheil bevorstehe, dessen Urheber Melko sei. Da wollte Tuor sie trösten, vermochte es aber nicht, und sie fragte ihn nach seiner geheimen Arbeit, und er sagte ihr, der Gang reiche nun eine Wegstunde weit in die Ebene, und da wurde sie ein wenig froher gestimmt. Aber dennoch riet sie ihm, das Graben zu beschleunigen, denn hinfort sei Schnelligkeit wichtiger als Heimlichkeit, ›weil nun die Zeit sehr knappist‹. Und sie gab ihm einen weiteren Rat, und auch diesen befolgte er: Bestimmte Führer und Krieger der Gondothlim, die zu den mutigsten und ehrlichsten gehörten, sollte er sorgsam auswählen und ihnen von dem geheimen Gang und seinem Ausgang erzählen. Diese solle er, riet sie ihm, zu einer starken Garde machen und sie sein Zeichen tragen lassen, um sie zu seinen Gefolgsleuten zu machen, unter dem Vorwand, er handle aus dem Recht und der Würde eines großen Fürsten, der ein Verwandter des Königs sei. ›Darüber hinaus‹, sagte sie, ›will ich mich in dieser Sache des Wohlwollens meines Vaters versichern.‹ Sie ließ auch insgeheim im Volk ausstreuen, es solle sich, falls die Stadt zum letzten Kampf antreten müsse oder Turgon falle, um Tuor und ihren Sohn scharen; und dazu sagte man lachend ja, fügte jedoch hinzu, Gondolin werde ebenso lange Bestand haben wie der Taniquetil oder die Berge von Valinor.
    Doch Turgon sagte sie nicht die Wahrheit, und als Tuor das tun wollte, ließ sie es nicht zu, trotz ihrer Liebe und Achtung, die sie für ihn hegte, denn er war ein großer und edler und ruhmreicher König. Doch weil sie erkannte, dass er Meglin vertraute und in blindem Eigensinn an der Überzeugung festhielt, die Stadt sei unüberwindlich und Melko habe es nicht mehr auf sie abgesehen, setzte sie keine Hoffnung darein. In seiner

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