Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
Vom Netzwerk:
mit ihnen von den Stätten der Erde verschwunden ist.
    Nun war dieser Säugling von größter Schönheit; seine Haut war leuchtend weiß und seine Augen noch blauer als der Himmel über südlichen Landen – blauer gar als die Saphire von Manwes Gewand; 25 und tief war Meglins Neid bei seiner Geburt, doch der Jubel Turgons und des ganzen Volks war wahrscheinlich groß.
    Seht, viele Jahre waren inzwischen vergangen, seit Tuor sich, von den Noldoli im Stich gelassen, in den Vorbergen verirrt hatte; doch viele Jahre waren auch vergangen, seit Melko zum ersten Mal die sonderbaren Nachrichten zu Ohren kamen – nicht eindeutig waren sie, und sie kamen in verschiedenen Gestalten – von einem Mann, der die Täler des Sirion durchwanderte. Nun fürchtete Melko in jenen Tagen die Rasse der Menschen nicht übermäßig, weil er sehr mächtig war, und darum hatte sich Ulmo bei seinem Plan eines Menschen bedient, um Melko sicherer täuschen zu können, konnte sich doch kein Valar und kaum einer der Eldar oder Noldoli rühren, ohne der Wachsamkeit Melkos zu entgehen. Dennoch beschlich dessen böses Herz bei dieser Nachricht eine böse Vorahnung, und er zog ein mächtiges Heer von Spähern zusammen: Söhne der Orks waren darunter mit gelben und grünen Augen wie Katzen, welche gleichermaßen Düsternis, Nebel oder Dunst oder Nacht durchdrangen; Schlangen, die überallhin gelangen und in jede Ritze oder in die tiefsten Gruben oder auf die höchsten Gipfel schlüpfen und jedes Flüstern hören konnten, welches durchs Gras lief oder in den Bergen widerhallte; Wölfe gab es und reißende Hunde und große Wiesel blutrünstiger Art, deren Nüstern durch fließendes Wasser monatealte Gerüche wittern oder deren Augen im Kies Fußspuren finden konnten, die vorlanger Zeit dort hinterlassen worden waren; Eulen kamen und Falken, deren scharfer Blick bei Tag oder Nacht das Flattern kleiner Vögel in allen Wäldern der Welt erspähen konnten, und die Bewegung jeder Maus, Wühlmaus oder Ratte, die irgendwo in der Erde wühlte oder hauste. Alle diese Späher beschied er zu seiner Halle aus Eisen, und sie kamen in hellen Scharen. Von dort sandte er sie aus über die Erde, diesen Mann aufzuspüren, der aus dem Land der Schatten entkommen war, jedoch noch sorgfältiger und planvoller nach der Behausung der Noldoli zu suchen, die seiner Knechtschaft entronnen waren; denn sein Herz brannte darauf, sie zu vernichten oder zu versklaven.
    Während nun Tuor in Freuden in Gondolin lebte und sein Wissen und seine Macht gewaltig wuchsen, durchschnüffelten diese Kreaturen jahrelang unermüdlich Steine und Felsen, pirschten durch Wald und Heide, durchspähten die Lüfte und hohen Orte, spürten den Pfaden aller Täler und Ebenen nach und ließen nicht nach und hielten nicht ein. Von dieser Jagd brachten sie Melko eine Fülle von Nachrichten – tatsächlich war unter den vielen verborgenen Dingen, die sie ans Licht zerrten, auch der Weg der Flucht, den Tuor und Voronwe einst betreten hatten. Dies wäre ihnen nicht gelungen, hätten sie nicht einige der weniger mannhaften Noldoli mit schrecklicher Folter bedroht und sie so gezwungen, sich an der großen Suche zu beteiligen; wegen des Zaubers nämlich, der diese Tür umgab, konnte ihr niemand aus dem Volk Melkos ohne Hilfe der Gnomen auf die Spur kommen. Doch unlängst waren sie nun weit in die Gänge vorgedrungen und hatten drinnen viele Noldoli gefangen, die dort umherschlichen, um der Knechtschaft zu entfliehen. Auch die Umzingelnden Berge 22 hatten sie angewissen Stellen erstiegen und aus der Ferne die Schönheit der Stadt Gondolin und die Stärke von Amon Gwareth erblickt; doch wegen der Aufmerksamkeit der Wachen und der Unwegsamkeit der Berge konnten sie nicht auf die Ebene gelangen. Freilich waren die Gondothlim gewaltige Bogenschützen und verfertigten Bogen von unvorstellbarer Kraft. Damit konnten sie einen Pfeil siebenmal so weit in den Himmel fliegen lassen, wie es der beste Bogenschütze vermochte, der auf der Erde auf ein Ziel schoss; und sie ließen keinen Falken lange über ihrer Ebene kreisen und keine Schlange dorthin kriechen; denn sie ertrugen keine Kreaturen des Blutes wie Melkos Brut.
    In jenen Tagen nun war Earendel ein Jahr alt, als die schlimme Nachricht in die Stadt gelangte von Melkos Spähern und wie sie das Tal von Tumladin von allen Seiten einschlossen. Da wurde Turgons Herz traurig, und er gedachte der Worte, die Tuor vor langen Jahren vor den Toren des Palastes gesprochen hatte;

Weitere Kostenlose Bücher