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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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hatte sie gekauft, bevor …“ Sie schluckte. Bevor man sie aus ihrem Frieden gerissen hatte. Bevor man sie verschleppt hatte aus einem Grund, der ihr schleierhaft war. Sie dauerte sich selbst.
    Er kam wieder in die Höhe, ein helles Säckchen in den Händen, das er sacht schüttelte. Die Nüsse darin klapperten. „Das sollte geben ein wohlfeiles Nachtmahl.“ Sie hörte, dass er lächelte. „Zu viel essen ist ohnehin nicht gut. Es ist abträglich der Gesundheit, wenn der Magen spannt vor Völlegefühl. Ganz zu schweigen von dem schlechten Einfluss auf die Körpersäfte!“
    Er sagte es in einem Ton, der scherzhaft und wahr zugleich klang, und Hedwig wusste, er wollte sie trösten und ein wenig aufmuntern.
    Und sie war ihm dankbar dafür, denn sie merkte, wie sich unwillkürlich ein Lächeln auf ihre Lippen legte.
    Ihre Beine wollten nicht mehr weiter. Sie war so erschöpft! Aber tapfer stapfte sie durch Dunkelheit und wadenhohen, unberührten Schnee hinter dem Fremden her. Die Rast war nur kurz hilfreich gewesen. Sie hatte nicht wirklich neue Kräfte sammeln können. Und sie kamen nur langsam voran. Sie hatten den Weg verloren, den sie vor dem Halt genommen hatten. Röcke und Mantel waren am Saum schwer vor Nässe, Nase und Wangen waren kalt, ihre Hände desgleichen, denn sie konnte sie nur abwechselnd an Julis Umhüllung wärmen, da sie in der freien Hand ihre neuen Stiefel trug. Das dicke Buch hatte er ihr abgenommen, unter seinem Umhang unter den Arm geklemmt.
    Schwarze Baumstämme, Geruch nach Schneewald und Kälte, sie hatte genug davon. Wenn sie nur wüsste, wo sie waren! Ob sie sich nördlich hielten, wie sie es wollten. Es war zum Verzweifeln. Zudem wusste sie nur zu gut, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Juli wieder aufwachte, sie sie stillen, auch wieder wickeln müsste, und das konnte sie nicht, da sie kein frisches Wickelzeug mehr hatte.
    Er blieb stehen. „Vorne scheint sich zu lichten der Wald.“
    Ohne eine Antwort zu geben, folgte sie ihm. Hoffnung wehte zart empor, dass sie einen Pfad fänden, dessen zertrampelter Schnee anzeigte, dass sich dort Menschen bewegt hatten.
    Nach einigen Minuten war dem so. Sie stießen auf eine Furche, die rechts und links in den Forst führte.
    Er drehte sich zu ihr um. „Welche Richtung?“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete sie leise. „Ich habe jegliches Gefühl für den Weg verloren.“
    Da standen sie nun. Zwei Verirrte in kalter Nacht. Das Gefühl der Hilflosigkeit machte sich erneut in ihr breit. „Links?“, fragte sie verzagt.
    Er schwieg. Sah nach links. Sah nach rechts. Raunte: „Wir wissen es nicht, also los.“
    Und so folgte sie ihm. Die Wegspur war nicht breit, auch hier konnte sie nur hinter ihm gehen, begleitet vom eintönigen Knirschen ihrer Schritte im Schnee.
    Plötzlich blieb er stehen, drehte den linken Arm nach hinten zu ihr, die Hand erhoben, sodass auch sie stehen blieb. Er lauschte. Sofort schlug ihr Herz schneller.
    Sein Kopf ruckte zu ihr herum, das schmale Gesicht, die Augen groß, dunkel, der Ausdruck darin beunruhigt, bestürzt, das spürte sie trotz der Dunkelheit. Er sah sie an und doch an ihr vorbei oder durch sie hindurch, als sei sie aus Glas. Er stand wie erstarrt – und da hörte auch sie es.
    Ein Pferd schnaubte.
    Es kam von vorne, aus der Richtung, in die sie gingen.
    Sie mussten sich weder absprechen noch sonst verständigen. Sie stolperten vom Pfad und schlugen sich links in den Wald. Ranken verhakten sich im Wollstoff ihres Mantels, sie zerrte sich frei, hörte ihr eigenes Keuchen, das seine. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wenn sie es wirklich waren – und wer sollte sonst in der Nacht durch den Wald reiten – wenn sie es waren, war anzunehmen, dass sie auf jede Spur achteten, die auf dem Weg oder seitlich des Weges einen Hinweis geben könnte, ob hier jemand entlanggekommen war. Oh lieber Gott, hilf! Verräterischer Schnee! Weiter, weiter, es half ja nicht. Mühsam kämpfte sie sich durch Gestrüpp und Unterholz, Äste knackten, graue Dunkelheit um sie her, schwarz die Baumstämme, schwarz der Schatten vor ihr, dem sie folgte. Einmal drehte er sich zu ihr um, wartete, bis sie herankam, fasste sie am Ellbogen in stummer Frage, ob es noch ginge. Sie nickte, er hastete weiter vorwärts, sie folgte. Weg von dem Schnauben, weg von dem, was hinter ihr lauerte. Plötzlich ging es hügelan, sie hörte sich schwer atmen – und Juli leise quaken. „Bitte Juli, sei jetzt still, nicht schreien, oh bitte

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