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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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Wenn nur Ryss endlich käme! Oh bitte, lieber Gott, bitte lass ihn heil zurückkehren! Sie nahm sich vor, freundlicher zu ihm zu sein, als sie es bisher gewesen war.
    Hedwig schrak auf, ein Zittern zuckte durch ihren Körper.
    War da ein Geräusch gewesen?
    Sie hatte völlig schief an der Felswand gelehnt, der Kopf war tiefer gesunken, Speichel hing ihr im Mundwinkel, sie wischte mit dem Ärmel darüber. Sie war eingenickt. Wovon war sie aufgewacht? Sie tastete nach dem Schaffellbündel neben sich, beugte sich hinunter, um Julis Atmen zu prüfen. Wie lange sie schon schlief! Ob alles in Ordnung war mit ihr? Hedwig bewegte die steifgefrorenen Zehen in den Schuhen. Wie viel Zeit mochte vergangen sein? Das kleine Feuer jedenfalls war erloschen. Ihr war entsetzlich kalt.
    Knirschten Schritte im Schnee?
    Sie tastete nach der Waffe. Umklammerte den Griff. Presste sich fest an den Fels, als könne sie selbst zu Stein werden. War es Ryss? Was, wenn nicht? Sie versuchte sich zu beruhigen, indem sie sich sagte, dass ihre Verfolger ihre Suche sicher nicht mitten in der Nacht weiterbetrieben. Aber es nützte nichts. Sie waren ihnen ja auch in der Nacht ihrer Flucht aus der Hütte gefolgt. Und in der Dunkelheit sah man Feuerschein am besten. Vielleicht hofften sie, sie dadurch aufzuspüren. Ihr Herz klopfte wild, und sie redete sich zu, dass das Feuer ja erloschen und keinesfalls sichtbar war, zumal es in der hintersten Ecke der Höhle lag. Und es gab diese leichte Kehre zum Eingang hin. Dennoch wagte sie kaum zu atmen. Starr saß sie, eine Hand auf ihrem Kind, die andere umfasste den Dolch. War da nicht ein Knacken? Ein Fuchs, der um die Felsen strich? Ein Dachs? Sie starrte geradeaus, auf jenen helleren Fleck in der Dunkelheit, wo der Eingang lag. Ihre Zähne schlugen aufeinander. Sie bezwang sich. Suchte dem Zittern Herr zu werden. Hielt den Dolch griffbereit. Lauschte. War es nur der Wind, der durch die Wipfel strich?
    Ein Schatten fiel auf das hellgraue Eirund des Eingangs.
    Starr vor Angst behielt sie die Stelle im Blick.
    Hatte sie sich getäuscht?
    Ein Schaben … Da
war
etwas …
    Und plötzlich stand jemand vor ihr, als wäre er mitten aus dem nachtschwarzen Nichts ringsum aufgestiegen. Sie schrie auf, eine Bewegung, ein Lufthauch und Kräuterduft, ein gezischtes „Scht!“.
    Tränen der Erleichterung schossen ihr in die Augen. „Oh Gott, warum seid Ihr so geschlichen? Mir blieb fast das Herz stehen!“ Sie streckte den Arm aus, der Dolch streifte Tuch.
    „Legt den Dolch weg.“
    Sie ließ den Arm sinken.
    „Das Feuer ist aus.“
    Hedwig hörte es als Vorwurf. „Um nichts in der Welt hätte ich mein Kind allein gelassen, um in der Finsternis Holz zu suchen, Master Ryss!“
    Geräusche und Bewegung zeigten ihr an, dass er wohl den Rucksack zu Boden gleiten ließ. Er schien in die Hocke zu gehen, denn das „Viel habe ich nicht“ kam von unten.
    Hedwig zog die Unterlippe zwischen die Zähne. „Verzeiht“, murmelte sie. „Ich wollte nicht so garstig sein. Aber ich hatte Angst. Ihr seid so geschlichen.“
    „Ich war nur wachsam. Das kennt Ihr doch inzwischen.“
    Sie hörte, wie er an seinem Beutel hantierte, etwas purzelte auf den Steinboden. Dann der helle Klang des Schlageisens auf Feuerstein, ein Funke glomm auf. Ryss hielt den brennenden Zunder hoch, sah sie kurz an, deutete mit der Flamme auf einige Holzstücke am Boden. „Wenigstens die.“ Er nahm ein schmales Scheit und hielt es über die Flamme. Bevor er sich die Finger verbrennen konnte, legte er es in die kleine Feuerstelle. Es glückte, das Holzstück fing Feuer, und Ryss legte ein weiteres obenauf. Der schwache Lichtschein tat gut. Hedwig ging ebenfalls in die Hocke, hielt die Hände über die aufzüngelnden Flämmchen und rieb sie gegeneinander.
    „Das Haus ist uneinnehmbar wie eine Festung“, sagte Ryss. „Der Hund wütete an seiner Kette. Der Bauer mich trotzdem sah nicht. In der Scheune ich fand die.“ Er förderte Möhren zutage. „Sie lagen in einer Kiste, bedeckt mit Erde und Stroh. Und die.“ Er klaubte Eier aus einem Strohnest, worin er sie gebettet hatte, damit sie nicht kaputtgingen. Er reichte ihr eines. Hielt das seine auf gleicher Höhe und sah sie erwartungsvoll an. Verständnislos erwiderte sie seinen fragenden, ja spöttischen Blick.
    „Der Dolch?“
    Der Dolch. Ja natürlich. Wie dumm. Sie tastete danach, reichte ihn Ryss. Mit einem Nicken forderte er sie auf, ihm ihr Ei hinzuhalten, was sie tat. Ein geschwindes Picken,

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