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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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Spektakel ist so fesselnd, ein so hinreißendes Naturtheater, Smuts, der Wassermann, und der Fugu-Sukkubus – dass ich nicht mitbekomme, wie die Eingangstür aufgeht.
    Der erste Hinweis ist das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein. Als ich mich umdrehe, steht im Dämmer zu meiner Linken ein Mann. Er sieht missmutig aus und trägt einen schwarzen Anzug. Hinter ihm her kommen drei uniformierte Schatten, dahinter noch ein Schatten mit Aktenkoffer und Klemmbrett.
    Sie schlittern über den Fußboden, wobei sie die Arme alarmbereit nach hinten zurücknehmen.
    Smuts und Keiko haben sich gegenseitig absorbiert. Wie tote Säuglinge treiben sie vereint und mit geschlossenen Augen zur Oberfläche. Als ihre Köpfe die Wasseroberfläche durchbrechen, klingt es wie ein Glockenschlag. Dann ein lautes Ausatmen, ein Luftholen.
    Wasser läuft über und tropft ins Schweigen.
    Noch eine Minute – klösterliche Stille.
    Dann geht das Licht an.
    Whoosh.

10
    Vor der Polizeiwache lehnt rauchend ein Beamter. In Höhe seines Gesichts drückt er die Zigarette aus und sieht dem Auftritt unserer monströsen Zirkustruppe zu: der Leviathan Smuts und die haifischflossige Sphinx, umwimmelt von Cowboys. Vorneweg die Fischproben – flankiert von Beamten und bombensicher verpackt passieren sie die Schwelle der Wache.
    Von hinten schlägt Marius klirrend die Stunde.
    Der Beutel mit dem Wein ist mir zugeschrieben worden, und ein Polizist ist abgestellt, um ihn zu tragen. Ich freue mich über die Ablenkung, die sein Klirren verursacht, während der Polizist versucht, nicht in Smuts’ Wasserspur zu treten, mal nach links ausweichend, mal nach rechts, als wäre sie ansteckend. Ich verliere mich in dem Anblick, so wie man sich auf einem Bahnsteig stehend in Erinnerungen an den eben zu Ende gegangenen Urlaub verliert. Was vermutlich daran liegt, dass der nächste Halt des Zuges, den ich gerade besteige, meine Tasche voller Rauschmittel ist.
    Beim Betreten des Gebäudes schließt ein Polizist meine und Smuts’ Handschellen zusammen und setzt uns auf eine Stuhlreihe vor einem Verhörzimmer. Zwei Typen aus der Gegend hängen am anderen Ende der Reihe, beide gleichermaßen zerschmettert vom samstagnächtlichen Holzhammer. Während ich darüber nachdenke, wie unerfreulich der Beruf des Polizisten rund um die Welt ist, das ramponierte Inventar, der Wandschmuck aus Karten und Flugblättern, zieht sich Smuts’ Mund zum Schildkrötenrüssel zusammen, wie immer, wenn er scharf nachdenkt. Normalerweise stellt man sich das Gehirn ja als ein Schaltbrett vor, auf dem Begriffe und Lösungen blinken, aber bei Smuts ist ein Gedanke wie eine Kugel auf einem hölzernen Tivolispieltisch: Man kann ihren Nachhall auf dem gesamten Weg bis runter zu einem der Löcher hören, in das sie mit einem Klacken fällt, um für immer dort liegen zu bleiben. So wie jetzt.
    »Ich bin so was von geliefert«, krächzt er.
    Dann passiert lange nichts – Polizeibeamte wieseln durch die Gegend, zeigen auf Dinge und schauen grimmig aus der Wäsche. Offenbar soll bald ein Übersetzer da sein, zusammen mit dem ersten Zeugen des Abends. In der Zwischenzeit höre ich, wie Smuts hin und wieder eine beiläufige Frage auf Japanisch beantwortet. Es klingt wie sein Küchenfranzösisch: In einem Affenzahn rutscht und holpert er darüber hinweg.
    Als wir alleine sind, zischt er: »Ich glaube, der Krake hat Keiko gebissen. Sie haben Mäuler, verstehst du. Deswegen ist auch der Chef noch nicht hier. Sie muss im Krankenhaus sein. Was für eine Symmetrie: Alle sind entweder im Krankenhaus oder im Gefängnis. Was für ein Abend, ha. Was für ein Stoff. Hast du noch was?«
    Ich sehe zu Boden und kratze mich am Kopf.
    »Du bist so was von geliefert.«
    Der Schreibtisch des Sergeants, beziehungsweise der seines hiesigen Äquivalents, steht uns direkt gegenüber und zieht in Ermangelung von irgendetwas Hoffnungsvollerem unsere Blicke auf sich. Nach einem weiteren langen Schweigen sagt Smuts, ohne sich mir zuzuwenden: »Hoffentlich kannst du im Gefängnis deinen Anwalt und dein Essen selbst bezahlen. Es wird schon schwer genug für mich, mich um mich selbst zu kümmern.«
    »Hm. Und dein Förderer …?«
    »Peilst du’s noch – er hat mir einen Gefallen getan. Was nicht heißt, dass er mir Taschengeld schickt. Und was auch nicht heißt, dass er für meine Erziehung verantwortlich ist und mir bekackte Namensschildchen in die Schulkleidung näht. Siegel-Saftsack. Wach auf!«
    Überflüssig zu sagen, dass unser

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