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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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kann ich mir drei Szenarien vorstellen. Wenn er ihn mir bereitwillig für unbestimmte Zeit ausleiht, kann ich Thomas anrufen und ihm den Komplex zeigen. Das wird meine Beteiligung an dem Geschäft besiegeln und Smuts’ Freilassung absichern. Wenn Gerd zögerlicher ist und den Schlüssel nur für bestimmte Zeit herausrückt, werde ich ihn so schnell wie möglich in Kreuzberg nachmachen lassen und Thomas später herumführen, wenn der Kiosk geschlossen hat. Und wenn er ihn mir nur für einen ganz kurzen Moment borgt, werde ich die Türen öffnen und die Schlösser manipulieren, Pappe reinfriemeln oder so, um später hineinzukommen.
    Das Telefon hat mich an diesem Morgen geweckt, nachdem es das im Laufe der Nacht schon ein paar Mal versucht hatte, weswegen Sie es sich jetzt unter Bettzeug und Klamotten vergraben vorstellen müssen. Dieses Vorgehen erschien mir besser als es auszustöpseln, was mir als Vermeidungsstrategie hätte ausgelegt werden können. Weil der Master seinen Wünschen nachjagt, bin auch ich plötzlich ein junger Mann auf Achse – aber da mir die Strategie für heute neues Selbstbewusstsein gibt, grabe ich das Telefon beim nächsten Klingeln aus und hebe ab.
    Zu meiner Überraschung ist es nicht Thomas, sondern ein gewisser Toshiro.
    Toshiro Satou aus Tokio, der einleitend einige höfliche Worte sagt.
    »Am Montag, 27. Oktober, wir gehen vor Gericht«, sagt er. »Dann wird der Fall entschieden. Mr Smatosu sagt mir, Sie waren am Tatort anwesend. Vielleicht können Sie mir sagen: Haben Sie gesehen, wie das Opfer für seine Mahlzeit bezahlt hat?«
    »Hm.« Ich denke zurück. »Ich glaube nicht, dass er bezahlt hat.«
    »Oh nein.« Satou klingt geknickt: »Ich hatte es gehofft.«
    »Na ja, ich glaube, die Männer haben überhaupt nicht bezahlt; sie sind einfach gegangen.«
    »Oh nein. Aber Sie haben gesehen, wie das Opfer nach Fischteilen gefragt hat?«
    »Ja, das habe ich. Er hat Leber bestellt, ich habe ihn genau beobachtet.«
    »Ah, gut. Und welche Worte hat er verwendet zur Bestellung?«
    Ein Schweigen macht sich breit, mir wird bang ums Herz, dann kommt von ihm: »Oh nein.«
    »Hören Sie«, sage ich, »es ist doch alles ganz einfach: Das Restaurant hat den ganzen Abend über hochgiftigen Fisch serviert, keinen aus einer Aufzucht, sondern aus dem Meer. Und nach dem Vorfall habe ich gesehen, wie ein Mann die Fische im Aquarium ersetzt und die giftigen mitgenommen hat.«
    »Und Mr Smatosu wusste, dass sie hochgiftig waren?«
    »Ja natürlich – dafür ist das Restaurant ja bekannt.«
    »Und trotzdem hat er sie dem Mann vorgesetzt, obwohl er von Gift wusste?«
    »Hm. Also …«
    »Oh nein.«
    »Moment – sagen Sie mir doch einfach, wie wir den Fall gewinnen können.«
    »Ah. Wir brauchen nur die Fische und den Beweis, dass Gift von diesen kam.«
    »Tja, also das wird schwer. Nutzen denn Zeugen nichts?«
    »Oh nein. Wissen Sie, in Japan es ist schändlich, vor Gericht zu müssen.«
    »Aber es ist doch sicherlich auch schändlich, einen Unschuldigen ins Gefängnis zu schicken?«
    »Ja, ja – einen Unschuldigen. Aber in diesem Fall, wenn der Angeklagte weiß, dass manche Fischteile tödlich sind, die sich in einem gesicherten Tresor befinden, mit Schloss verriegelt, und er diesen Tresor absichtlich öffnet, um dem Gast die tödlichen Teile zu bringen – dann ist er nicht unschuldig.«
    »Aber der Gast war betrunken – er bestand darauf, diesen Fisch zu bestellen!«
    »Nein, nein – der Gast ist in einem Restaurant, wo er geschützt sein muss, wenn er sich betrinkt. Aber unser Problem ist, dass Mr Smatosu selbst betrunken war! Anstatt sich mit Sorgfalt um Service zu kümmern! Wie kann das sein! Das ist in Japan sehr ernste Angelegenheit! Wie kann er darauf kommen, dass er sich betrinkt!«
    »Hm, na ja. Aber egal, ich verstehe nicht, wieso sich der Küchenchef aus der Verantwortung stehlen kann – er hat als amtlich zugelassener Koch ein Fugu-Restaurant einem blutigen Anfänger überlassen, während noch Gäste da waren, die Lebern zu verspeisen wünschten.«
    »Ja.« Satou macht eine Pause. »Aber die waren in einem Tresor, verschlossen.«
    »Also, das hört sich so an, als könnte man Smuts ins Gefängnis werfen, nur weil er seinen Job gemacht hat. Dass die Fische ausgetauscht wurden, spielt offensichtlich gar keine Rolle mehr.«
    »Oh doch – Fische sind wichtig. Wenn Fische stärker sind als erlaubt, dann konnte Mr Smatosu nicht wissen, dass sie tödlich sind. Dann liegt Verantwortung beim

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