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Das Buch Ohne Gnade: Roman

Das Buch Ohne Gnade: Roman

Titel: Das Buch Ohne Gnade: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymus , Michael Kubiak
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folgte. Es war eine Lektion, die er auch in vielen Jahren nicht hatte lernen wollen.
    Er kroch aus seinem Versteck, schlich auf Zehenspitzen zur Tür der Kühlkammer und schlug sie zu. Während seiner langen und bescheidenen Karriere in den Randbereichen des Gaststättengewerbes hatte Sanchez des Öfteren diese Art begehbarer Kühlschränke kennengelernt und wusste, dass sie aus irgendeinem Grund niemals von innen geöffnet werden konnten. Er hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb das so war. Vielleicht für den Fall, dass irgendwelche speziellen Lebensmittel des Nachts zum Leben erwachten und zu fliehen versuchten? Wer wusste das schon? Egal weshalb, es war etwas, wofür er unendlich dankbar war. Durch die Tür hörte er, wie Angus ein einziges Wort ausstieß.
    »Verdammt! «
    Sanchez antwortete triumphierend durch die geschlossene Stahltür: »Hoffentlich friert dir der Arsch ein, du Wichser!«
    Sofort brüllte die gedämpfte Stimme des eingesperrten Killers zurück: »Du bist tot, verdammter Mistbock!«
    »Hey Mann, immer schön cool bleiben!« Unfähig, auf seine Prahlerei oder lahmen Scherze zu verzichten, begann Sanchez einen hüftschwingenden Freudentanz, zu dem er sich normalerweise nur in der Abgeschiedenheit seiner eigenen vier Wände hinreißen ließ. Er fügte seinen Tanzschritten einige höhnische Fratzen in Richtung der Stahltür hinzu und schwelgte ausgiebig in dem Bewusstsein, einen weltberühmten Killer ausgetrickst zu haben. Seine Selbstgefälligkeit kannte keine Grenzen, weil erwusste, dass Angus sich auf der anderen Seite einer verriegelten Stahltür befand und nichts dagegen tun konnte.
    BANG !
    Sanchez sah einen Funken von der Türklinke wegspritzen und hörte anschließend ein leises Klicken. Offenbar schoss Angus auf der anderen Seite auf das Türschloss.
    Verdammt!
    Der Freudentanz fand ein abruptes Ende. Sanchez war klug genug, den Schauplatz des Geschehens zu verlassen und um sein Leben zu rennen.

ACHTUNDVIERZIG ♦
    Jacko stand hinter der Bühne und atmete mehrmals tief durch, um sich auf seine unmittelbar bevorstehende Darbietung von »Mustang Sally« vorzubereiten. Er trug die Sonnenbrille des Bourbon Kid, den Hut des Frank-Sinatra-Doubles und einen Anzug, der jemandem gehörte, der wahrscheinlich nicht mehr unter den Lebenden weilte. Er war jetzt alleine hinter den Kulissen. Alle anderen hatten sich bessere Zuschauerplätze gesucht, um sich die Auftritte der Finalisten anzusehen. Während die Sekunden bis zu seinem Erscheinen auf der Bühne vertickten, erschien der Bourbon Kid endlich wieder durch die Garderobentür.
    »Ich dachte schon, du wärst nach Hause gegangen«, sagte Jacko. Der Kid kam auf ihn zu. Er hatte eine schicke schwarze Fender-Gitarre in der rechten Hand.
    »Da«, knurrte er und reichte ihm das Instrument. »Nimm sie.«
    Jacko ergriff die Gitarre und drehte sie hin und her. »Das ist doch wohl ein Scherz, oder?«
    »Darauf kannst du im Finale spielen.«
    »Aber das ist nicht nötig. Diesmal spielen sie die Musik ein, zu der ich dann mitsinge. Ich brauche noch nicht mal die Mundharmonika.«
    »Diesmal singst du nicht ›Mustang Sally‹.«
    »Doch, das tue ich.«
    »Versuch’s. Und dann warte ab, wie lange du das überlebst.«Die Stimme kratzte an Jackos Nerven wie ein Reibeisen auf frischer Farbe. Er stellte die Gitarre auf den Fußboden und lehnte den Hals an sein linkes Bein, damit sie nicht umfiel. Dann nahm er die Sonnenbrille ab und blickte dem Kid in die Augen. »Ich dachte, du willst, dass ich gewinne? Ich kenne jetzt fast den gesamten Text von ›Mustang Sally‹. Warum soll ich jetzt etwas anderes singen? Scheiße, Mann, ich bin schon in einer Minute an der Reihe!«
    »Ich habe die Karaoke-Nummer gestrichen. Diesmal spielst du ein Gitarrensolo.«
    Jacko verstaute die Sonnenbrille in der Brusttasche seines schwarzen Sakkos und hob die Gitarre hoch, um sie eingehend zu inspizieren.
    »Ist das Ding überhaupt richtig gestimmt?«, jammerte er.
    »Wie zur Hölle soll ich das wissen?«
    Jacko streifte sich den schwarzen Gurt der Gitarre über den Kopf und rückte ihn auf seinen Schultern zurecht. Dann klimperte er einen Akkord und begann an den Stellschrauben am Ende des Halses zu drehen.
    »Siehst du? Du bist die reinste Naturbegabung und kannst es aus dem Effeff«, sagte der Kid und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
    Jacko stöhnte. »Das ist der dämlichste Plan, den man sich vorstellen kann, Mann.«
    »Kann schon sein. Aber wenn er funktioniert, dann

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