Das Buch Ohne Gnade: Roman
Gehirne begriffen sie, dass dieser Mann viele von ihnen ausgetrickst und dazu gebracht hatte, ihre Seelen dem Teufel zu verkaufen, um dafür, wie sie meinten, mit Wohlstand und Ruhm belohnt zu werden. Der Rest waren unglückselige Zuschauer aus vergangenen Shows, die zu Zombies geworden waren, indem sie von ihnen getötet wurden. Endlich erhielt er seine wohlverdiente Strafe. Von einer Horde untoter Kreaturen, die ihn bis aufs Blut hassten.
Elvis wandte sich zu Sanchez und der Handvoll Überlebenden auf der Bühne um. Noch hatte sich kein Zombie auf die Bühne verirrt, doch das würde sich bestimmt ändern. Und zwar schon bald.
»He, Johnson!«, rief Elvis Jacko zu. »Sieh zu, dass du uns verdammt noch mal von hier wegbringst!«
Der Blues Man grinste ihn an. »Aber klar doch. Es wird mir ein Vergnügen sein. Folgt mir.«
SECHZIG ♦
Nina Forina, Candy Perez und Lucinda Brown hatten längst die Bühne verlassen und versuchten zusammen mit ein paar Wachmännern, dem Blutbad zu entkommen. Gelegentlich wurde der Kampfeslärm durch Schüsse untermalt, als die Wächter versuchten, sich einen Weg durch die in Raserei versetzten Ghuls freizukämpfen. Sanchez hätte ihnen folgen können, aber er rechnete sich aus, dass er bessere Karten hätte, wenn er bei Elvis und Jacko blieb. Der Blues Man ging voraus zur Bühnenseite, von wo aus sie vorher die Bekanntgabe der Ergebnisse des Gesangswettbewerbes verfolgt hatten. Es kam ihnen so vor, als wäre das in einem völlig anderen Leben geschehen. Sanchez und die anderen folgten dichtauf. Der rundliche Barbesitzer suchte sich einen Platz direkt hinter Jacko und vor Elvis, wo er ganz klar am sichersten war. Janis Joplin befand sich hinter Elvis und klammerte sich krampfhaft an seine Hand. Emily folgte ihr und Freddie Mercury war der Letzte der Gruppe. Der Einzige, der auf der Bühne zurückblieb, war Julius. Seine Leiche lag noch immer auf den Brettern, wo sie zusammengebrochen war. Aus der tödlichen Kopfwunde sickerte noch immer Blut.
Während Sanchez hinter Jacko die Treppe zum Flur hinunterging, die zur Eingangshalle führte, sah er eine der untoten Kreaturen auf sie zurennen. Sie stoppte am Fuß der Treppe und versperrte ihnen den Weg zum Flur. Die Hälfte ihres Gesichts war verfault, sodass kaum zu erkennen war, wie es zu Lebzeiten ausgesehen hatte. Es war ein Gesicht, das wahrscheinlich einemjungen Mann gehört hatte, der sich nichts mehr gewünscht hatte, als ein berühmter und erfolgreicher Sänger zu sein. Nun war es eine verrottende Maske des Bösen, einer Seele beraubt und verzerrt vor Gier nach menschlichem Fleisch. Den zerfetzten und vermoderten Kleiderresten nach zu urteilen, hatte das Wesen einst einen schicken Anzug ähnlich wie Jackos getragen. Aber dessen Anzug war sauber und akkurat gebügelt, während die Kleidung des Zombies nur noch aus schmutzigen, blutbesudelten Lumpen bestand.
Die grässliche Kreatur stand reglos vor Jacko, und die beiden starrten einander für einen Moment an. Anscheinend erkannte der Zombie sein Gegenüber. Offenbar dachte er nicht daran, ihm das Fleisch von den Knochen zu reißen. Stattdessen richtete der Zombie seinen Blick auf die appetitliche Rundung, die Sanchez kaum unter seinem roten Hawaiihemd verbergen konnte.
Abgestoßen, aber zugleich auch fasziniert verfolgte Sanchez den weiteren Verlauf des Blickduells. Schließlich hob Jacko eine Hand und schüttelte den Kopf. »Diese Leute gehören zu mir. Lass sie in Ruhe.«
Sekundenlang tat sich nichts. Der Zombie knurrte ihn an und musste offensichtlich erst einmal verarbeiten, was Jacko gesagt hatte. Im Hintergrund waren nur noch die versiegenden Schreie der restlichen Zuschauer und das ständige Quaken der Frösche des McCartney-Songs zu hören. Doch dann verstummte das Knurren des Zombies, er machte kehrt und rannte durch den Flur zum hinteren Teil des Hotels.
Das ist doch schon mal ein Erfolg , dachte Sanchez.
Jacko setzte den Weg fort und winkte den anderen, ihm in die Eingangshalle zu folgen. Sanchez peilte um die Ecke in den Flur und erkannte sofort, dass es dort von Zombies im Blutrausch wimmelte, die Zuschauer, Sicherheitswachmänner, Juroren und Sänger attackierten, die zu fliehen versucht hatten. Der faulige Gestank der Zombies mischte sich mit dem süßlichen Geruch von frischem Blut zu einem Duft, den höchstwahrscheinlich niemalsjemand in Flaschen abfüllen und als Chanel No. 5 verkaufen würde.
»Sieh mal«, rief Sanchez. »Da ist Little Richard!«
»Nee, das
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