Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
strohübersäten Steinboden geworfen worden, nachdem seine beiden Schergen ihren Gefangenen unbemerkt in die Scheune geschmuggelt hatten, in der er sich nun wiederfand.
Außer dass es sich um eine Scheune handelte, vermochte Jensen absolut nicht zu sagen, wo er sich befand. Das Gebäude konnte irgendwo im Hinterhof eines Stadthauses stehen oder mitten in der Wüste, er wusste es nicht. Es war eine sehr große Scheune, und an der Rückwand lagerten Strohballen, die bis unter die Decke gestapelt waren. Es gab keinen elektrischen Strom, und es war sicherlich keine gute Idee, eine offene Kerze in einem alten Holzgebäude wie diesem zu benutzen, daher kam das einzige Licht vom Mond, der durch das offene Tor ins Innere leuchtete.
Die beiden Männer traten Miles einige Male, während er am Boden lag, doch weniger, um Schmerz hervorzurufen, als um ihn gefügig zu machen. Anschließend hoben sie ihn hoch, wuchteten ihn auf einen Stapel Heuballen und lehnten ihn gegen einen weiteren Ballen. Einer riss ihm den Knebel vom Mund und erleichterte damit Jensens Lage ein klein wenig. Zumindest konnte er nun erst einmal tief durchatmen, um seine Nerven zu beruhigen.
Nachdem ein klein wenig Licht in die Scheune fiel und er Luft geholt hatte, nutzte Jensen die Gelegenheit, um seine beiden Gefangenenwärter genauer in Augenschein zu nehmen. Ihre Gesichter waren halb im Schatten verborgen, nichtsdestotrotz erkannte er sie von Fotos, die er in einigen seiner streng geheimen Regierungsdateien gesehen hatte. Es waren beides Handlanger von El Santino. Sie hießen Carlito und Miguel. Beide trugen schwarze Anzüge mit schwarzen Hemden unter den Jacketts, was den Eindruck einer Uniform machte. Es war bekannt, dass diese beiden Kerle stets zusammen arbeiteten. Gerüchte behaupteten, dass sie Homosexuelle waren, die nicht gerne getrennt wurden und extrem loyal zueinander standen. Diese Loyalität wurde nur übertroffen von ihrer Loyalität gegenüber ihrem Boss El Santino, der, wie es hieß, wie ein Vater zu den beiden war. Tatsächlich bestand eine durchaus nicht abwegige Chance, dass er ihr Vater war. Beide standen hoch oben auf Jensens Liste potenzieller Vampire. Wenn El Santino der Chefvampir war, waren diese beiden Burschen seine Hohepriester, die sämtliche Drecksarbeit für ihn erledigten. Und ihre Drecksarbeit im Moment bestand entweder darin, Miles Jensen zu verhören oder seine Leiche beiseitezuschaffen oder in beidem.
»Schön«, begann Carlito, dessen Körpersprache und aggressives Verhalten vermuten ließen, dass er der Dominantere der beiden war. »Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, dich im Gebüsch vor El Santinos Grundstück herumzutreiben?«
Jensen wusste, dass er zuerst versuchen musste, ihnen eine Geschichte zu erzählen. Sie würden wahrscheinlich wissen, dass er log, doch wenn er sie dazu bringen konnte zu glauben, dass er nicht versucht hatte, El Santinos Anwesen zu observieren, bestand eine geringe Chance, mit dem Leben davonzukommen – oder die beiden zumindest so lange aufzuhalten, bis Somers herausgefunden hatte, wo sie Jensen gefangen hielten.
»Mein Wagen hatte eine Panne, und ich hab neben der Straße darauf gewartet, dass jemand vorbeikommt und mir vielleicht hilft«, sagte er mit einer Gelassenheit, die ihn selbst überraschte. »Aber es kam niemand. Nicht ein einziger Wagen, nichts. Ich wollte mich gerade im Gebüsch zum Schlafen hinlegen, als ihr beide aufgetaucht seid.«
Es dauerte ein paar lange unheilschwangere Sekunden, während die beiden ihn anstarrten, sein Gesicht studierten und darauf warteten, dass er mit dem kleinsten Zucken eines Muskels andeutete, gelogen zu haben. Weil seine Hände auf dem Rücken gefesselt waren, bereitete es ihm Schwierigkeiten, die Position aufrechtzuerhalten, in die sie ihn gesetzt hatten, und er betrachtete es als gute Gelegenheit, sich zur Seite fallen zu lassen und damit zugleich für einen Moment dem Druck des Verhörs auszuweichen. Miguel trat rasch vor und setzte ihn wieder aufrecht auf die Ballen, dann verpasste er ihm eine Ohrfeige. Carlito streckte den Arm aus und packte Jensens Unterkiefer. Er quetschte die Wangen seines Gefangenen zusammen.
»Hör zu, du dämlicher schwarzer Bastard!«, sagte er. »Wir wissen sehr genau, wer du bist. Du bist ein verdammter Cop, und dein Name ist Miles Jensen.« Er ließ Jensens Wangen los und stieß ihn zurück. Der Detective schlug mit dem Kopf gegen die Strohballen in seinem Rücken.
»Ja, das ist richtig«, sagte er
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