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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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wir es hier mit gewöhnlichen Bedu zu tun haben. «
    Aelvin schnappte nach Luft. » Stand das etwa auch in der Karte des Jüngers? «
    » In gewisser Weise. «
    » Ihr habt es die ganze Zeit über gewusst? «, rief Libuse aufgebracht. » Hört ihn euch an! « Die Fackel wie ein Schwert in der Hand, trat sie einen Schritt auf den Magister zu. » Warum, zum Teufel, habt Ihr nicht schon früher etwas davon gesagt? «
    » Warum hätte ich euch beunruhigen sollen? «, gab er wütend zurück. » Die Aufzeichnungen des Jüngers sind über tausend Jahre alt! Die Möglichkeit, dass hier noch immer dieselben Menschen leben wie damals, war verschwindend gering. In diesen Wüsten toben in einem Jahr mehr Kriege als in ganz Europa innerhalb eines Jahrzehnts. Ganze Stämme rotten sich gegenseitig aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wächter davon verschont geblieben sein könnten. «
    » Doch «, meldete sich Sinaida kühl zu Wort. » Und zwar dann, wenn alle anderen Stämme eine Heidenangst vor ihnen hätten. «
    » Wieso sollten sie – «
    » Riesen «, murmelte Aelvin, der zu wissen glaubte, worauf Sinaida hinauswollte. » Deshalb hat kein anderes Volk gewagt, sie anzugreifen. «
    Die Mongolin deutete auf die Leichen. » Diesen Männern wurden die Kehlen durchgeschnitten und im Schlaf das Herz durchbohrt. Das sieht mir nicht nach dem Werk von irgendwelchen Riesen aus. «
    » Wartet! « Libuse war blass geworden. » Warum haben sie Shadhan nicht getötet? «
    » Wir wissen nicht, ob er noch lebt «, gab Albertus zu bedenken. » Sie könnten ihn verschleppt haben oder – «
    » Weil er die Lumina besitzt! «, fiel Libuse ihm ins Wort. » Möglicherweise kennen sie ihre Bedeutung. Ganz bestimmt sogar! Vielleicht hat Shadhan gedroht, sie zu zerstören, wenn sie ihn nicht ziehen lassen. «
    » Alles Mutmaßungen «, wiegelte Albertus ab.
    » Aber so ergibt es doch einen Sinn «, sagte Aelvin. » Sie haben ihn gehen lassen, weil er die Lumina trägt. Und nun folgen sie ihm. Wenn er es geschickt anstellt, hält er sie mit der Lumina auf Abstand. Aber sie werden ihn niemals ganz ziehen lassen. «
    » Dann werden sie nicht hierher zurückkommen «, sagte Libuse. » Das heißt doch, wir sind vorläufig sicher, oder? «
    Sinaida schüttelte den Kopf. » Sie wissen, dass wir hier sind – egal, ob sie nun Riesen sind oder nicht. Die Gestalt, die wir auf den Dünen gesehen haben, das war sicher einer von ihnen. Und was glaubt ihr wohl, wie lange sie zusehen, wenn ein Trupp Bewaffneter in ihr Allerheiligstes eindringt? «
    Ratlos blickten sie auf die Toten, und Aelvin lief es eiskalt den Rücken hinunter.
    » Wir lassen unsere Waffen hier «, entschied Sinaida nach einem Moment unheilschwangeren Schweigens. » Vielleicht überzeugt sie das davon, dass wir nichts Böses im Schilde führen. «
    » Wir sollen unbewaffnet durch diese Wüste ziehen? «, fragte Libuse zweifelnd.
    Sinaida zeigte auf die toten Turgauden. » Ihnen haben ihre Waffen auch nicht geholfen. Ob mit oder ohne unsere Schwerter – wehrlos sind wir so oder so gegen das, was da draußen ist. «
    Und uns vermutlich gerade beobachtet, ergänzte Aelvin in Gedanken.
    » Wir sollten sie begraben «, sagte Albertus.
    Sinaida blickte sich nervös um. Die Dünen waren menschenleer. » Sie waren keine Christen. «
    » Sie waren Menschen «, entgegnete der Magister unbeirrt, ging in die Knie und begann mit bloßen Händen, den lockeren Sand über einen der Turgauden zu schaufeln. Nach kurzem Zögern half Libuse ihm dabei. Aelvin setzte Favola vorsichtig im Sand ab, dann machte auch er sich an die Arbeit.
    Nur Sinaida beteiligte sich nicht an dem hastigen Begräbnis. Sie legte ihren Schwertgurt ab, hob die Waffe in der Scheide mit beiden Händen über den Kopf, drehte sich einmal langsam im Kreis und legte sie behutsam vor sich im Sand ab. Dann trat sie einen Schritt zurück und blickte erwartungsvoll hinaus in die nächtliche Wüste. Nirgends rührte sich Leben. Nur der Frostwind blies feine Sandwolken über die Kämme.
    » Sie sind da «, flüsterte sie, sodass nur Aelvin die Worte hörte. » Irgendwo dort draußen. «
    Eine halbe Stunde später kehrten die fünf zu ihrem Lager zurück. Das Feuer war fast heruntergebrannt. Die Kamele knieten in der Finsternis im Sand und röhrten leise, als sie die Menschen sahen. Aelvin hatte beinahe erwartet, dass die Tiere verschwunden sein würden, und spürte nun unbändige Erleichterung, als er die störrischen Biester vor sich sah; er

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