Das Büro
schnitt gerade ein Buch auf. Wütend zog Maarten die Tür hinter sich zu und nahm den Weg Richtung Dam. Auf halbem Wege gab es einen Schlüsseldienst. Er konnte darauf warten. Als er mit dem neuen Schlüssel das Büro betrat, erschien de Bruin in der Tür seines Verschlags und sah ihn mit einem an Feindschaft grenzenden Erstaunen an. „Tag, de Bruin“, sagte er mit unterdrücktem Triumph. Ohne sich weiter um ihn zu kümmern, ging er an ihm vorbei durch den Flur und zurück in sein Zimmer. De Bruin hatte bei ihm verspielt.
*
Es war drückend warm. Obwohl alle Fenster offen standen, drang kein Windhauch herein. Am Ende des Vormittags fiel ein Sonnenstrahl in das Zimmer und schob sich weiter bis zur Mitte des Raums. Draußen lag der Garten in der Hitze. Aus den umliegenden Räumen hörte man kein Geräusch. Beerta hatte seine Jacke ausgezogen und saß im Oberhemd am Schreibtisch. Maarten hatte sich mit seiner Schreibmaschine an die äußerste Ecke des Tisches zurückgezogen, soweit wie möglich von der Sonne entfernt. Er saß mit ausgestreckten Beinen auf seinem Stuhl, einen Arm hinter sich über die Rückenlehne gelegt, und versuchte, seine Gedanken bei dem Buch zu halten, das er schräg gegen die Schreibmaschine gestellt hatte, doch die Wärme machte ihn zu schläfrig, um den Inhalt in sich aufzunehmen. Er schloss die Augen und hörte undeutlich das Rascheln der Zeitungsausschnitte, die Beerta gerade sortierte, schrak hoch, als Beerta lautstark nieste, und döste wieder ein. „
Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleische, wohnt nichts Gutes
“, rezitierte Beerta, „
denn Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich
. Wo steht das?“
„In der Bibel, glaube ich“, sagte Maarten träge.
„Ja sicher, aber wo?“
„Das weiß ich nicht.“
„Römer 7, Vers 18 und 19. Deine Bibelkenntnisse sind nicht berauschend.“
„Es ist zu warm.“
Beerta drehte sich in seinem Stuhl um. „Ist dir so warm?“
„Zumindest friere ich nicht.“
Beerta schüttelte den Kopf. „Als ich so alt war wie du, war es noch viel wärmer.“
„Das war also 1926“, rechnete Maarten nach. „In dem Jahr wurde ich geboren.“
„Hoho“, sagte Beerta lachend.
„Nein, Sie sind 27 Jahre älter“, korrigierte sich Maarten. Er versuchte auszurechnen, welches Jahr es nun wirklich war, gab es aber auf. „Ich kann es jetzt nicht ausrechnen, aber klar ist, dass ich es auch erlebt habe.“
„Du hast mich auf jeden Fall davon überzeugt, dass dir warm ist.“ Er beugte sich wieder über seine Zeitungsausschnitte.
Eine Viertelstunde später stand er auf und verließ den Raum. Maarten blickte in sein Buch und versuchte, in sich aufzunehmen, was man in den verschiedenen Teilen der Welt mit der Nachgeburt gemacht hatte, bevor die westliche Zivilisation dem ein Ende bereitete.
„Am Schreibtisch von Hein de Boer ist es am kühlsten“, berichtete Beerta, als er das Zimmer wieder betrat. „Du könntest dort arbeiten, denn Hein ist nicht da.“
„Kein Bedarf. Ich sitze hier gut. Ich werde nicht auch noch Sachen durch die Gegend schleppen.“
Beerta setzte sich wieder. „Nun gut, in drei Stunden darfst du nach Hause.“
„Drei Stunden und neun Minuten“, korrigierte Maarten. „Es ist neun vor zwei.“
„Nein, heute darfst du etwas früher gehen.“
Um zehn vor fünf stand Beerta auf. Er öffnete die Tür zu Fräulein Haans Zimmer, in dem nur van Ieperen saß, und machte ein paar Schritte über die Schwelle. „Herr van Ieperen“, hörte Maarten ihn sagen, „wenn Sie heute etwas früher nach Hause wollen, bei der Hitze, dann machen Sie das ruhig“, woraufhin er zum ersten Raum weiterging, um auch dort die frohe Botschaft zu verkünden.
*
„Ich bin noch nie im Museum gewesen“, sagte Maarten. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mal hingehen würde?“
„Hast du denn keine Urlaubstage mehr?“
„Nicht, um ins Museum zu gehen.“
„Und am Sonntag? Sonntags ist das Museum auch geöffnet. Und am Samstagnachmittag auch.“
„Aber ich möchte gern in der Woche gehen“, sagte Maarten ziemlich gereizt.
Beerta sah ihn prüfend an.
„Sie gehen doch selbst auch regelmäßig ins Museum.“
„Das ist im Rahmen meiner Arbeit. Ich sitze in der Kommission. Ich komme übrigens nie in das Museum selbst. Dafür habe ich keine Zeit. Ich komme nicht weiter als zum
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