Das Büro
hatte stets etwas Scheinheiliges.
„Nein, aber daraus würde ich mir an Ihrer Stelle nichts machen.“
„Das tue ich auch nicht“, sagte Beerta, „aber sie machen es einem auf diese Weise schon schwer.“
*
Auf der Brücke über die Keizersgracht, zwischen der Prinsenstraat und der Herenstraat, stand ein Straßenkehrer und sah ins Wasser. Seinen Karren hatte er neben sich abgestellt, am Rand des Bürgersteigs. Als Maarten vorbeikam, auf dem Weg zum Büro, sah er auf einer Schicht Treibholz am Ufer ein paar Enten sitzen. Er ging weiter, bog in die Herenstraat ein, bedachte dann jedoch, dass mit den Enten etwas nicht in Ordnung sein könnte. Er zögerte, verlangsamte seinen Schritt und kehrte schließlich zurück. Der Mann stand noch genauso da, mit den Ellbogen auf dem Brückengeländer. Maarten blieb bei ihm stehen und folgte seinem Blick.
„Sie sind nicht mehr da“, sagte der Mann und sah zur Seite.
„Wer?“, fragte Maarten.
„Zwei junge Enten. Da waren zwei Junge. Sicher von den Ratten aufgefressen.“
Seine Worte rührten Maarten so sehr, dass ihm einen Moment seine Stimme versagte. Er räusperte sich. „Es wimmelt hier nur so von Ratten“, sagte er dann, noch etwas mühsam.
*
„Hast du dich schon entschieden, ob du nun hier arbeiten willst?“, fragte Maarten Ad Muller, als sie einen Augenblick allein waren.
„Ja“, sagte Ad. Er sah Maarten lächelnd an. „Ich lasse es lieber.“
„Du lässt es lieber …“ Er hatte diese Antwort nicht erwartet.
„Ich werde Wirtschaftsprüfer.“
„Wirtschaftsprüfer?“, fragte Maarten erstaunt.
„Ja, das finden Sie sicher komisch, nicht wahr?“ Er hatte etwas Herausforderndes in seinem Auftreten, als bereite ihm Maartens Verwunderung Vergnügen.
„Ich finde es merkwürdig. Du hast doch Deutsch studiert?“
„Ja, aber das gefällt mir nicht mehr so. Wir haben jetzt ein Haus gekauft, und ich will viel Geld verdienen.“
„Ich bin gespannt, ob es dir gefällt.“
„Warum, glauben Sie, sollte es mir nicht gefallen?“
„Das weiß ich nicht, aber ich möchte nicht einmal daran denken, dass ich mich den ganzen Tag mit Geld beschäftigen müsste.“
„Ich glaube nicht, dass mir das etwas ausmachen würde.“
„Gut. Dann brauche ich also keine Stelle für dich zu beantragen. Schade.“
„Warum finden Sie das schade?“, fragte Ad erstaunt.
„Weil ich mich gerade ein bisschen an dich gewöhnt hatte.“ Er lachte. „Aber so schade finde ich es nun auch wieder nicht. Wenn du Wirtschaftsprüfer werden willst, musst du es tun. Was hält Heidi davon?“
„Heidi hätte es, glaube ich, lieber gesehen, wenn ich hier angefangen hätte.“
Maarten lachte. „Heidi hat Recht, aber so etwas wird einem erst bewusst, wenn es zu spät ist.“
*
Als Maarten nach der Mittagspause in sein Zimmer zurückkam, war der nächste Bewerber bereits da. Er saß mit Beerta in der Sitzecke, aufrecht, vorn auf dem Stuhl, die Beine steif nebeneinander, die Hände auf den Knien. Er hörte Beerta mit einem koketten Lächeln zu. Bevor Maarten sich abwandte und, ihnen den Rücken zukehrend, an seinen Schreibtisch setzte, sah er noch, dass er sich eine Welle in sein Haar gelegt und Koteletten hatte stehen lassen. Ein Scharlatan.
„Der letzte Hausmeister, de Bruin, konnte sehr guten Kaffee machen“, sagte Beerta. „Kannst du das auch?“
Maarten fiel auf, dass er den Mann bereits duzte, und er hörte an seiner Stimme, dass er entzückt war. Das steigerte seinen Argwohn.
„Ich glaube schon, dass Sie zufrieden sein werden, Herr Beerta“, sagte der Mann. „Und sonst mache ich so lange weiter, bis Sie es sind.“
„Auch, wenn ich sehr anspruchsvoll bin?“
„Das kann ich mir bei Ihnen natürlich nicht vorstellen, aber auch, wenn Sie sehr anspruchsvoll sind.“
„Gut.“ An seiner Stimme hörte Maarten, dass er lächelte. „Und dann noch etwas. De Bruin hat einmal im Jahr die Bücher saubergemacht. Dann zog er sie alle aus den Regalen und staubte sie ab. Er wurde dafür extra bezahlt, aber es war trotzdem Liebeswerk, denn man muss ein bisschen Gespür für Bücher haben. Hast du das?“
„Ich habe zu Hause auch Bücher, Herr Beerta.“
„Dann verstehst du, was ich meine.“
„Sicher, sehr gut, Herr Beerta.“
„Und kannst du auch jemanden anleiten?“
„Was meinen Sie damit: jemanden anleiten?“
„Wir haben hier zwei Putzkräfte, die sind zwar alt, aber sie müssen dennoch mit Takt behandelt werden.“
„Finden Sie, dass ich keinen Takt
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