Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
Vom Netzwerk:
Doppeldeutiges, so als ob er sich schon im Voraus auf die Wirkung seiner Worte freute.
    „Warum?“, fragte Maarten widerwillig.
    „Weil sie findet, dass es ihr als promovierter Frau zusteht.“
    „Dann sollte ich mich demnächst wohl mit ‚junger Mann‘ anreden lassen“, sagte Maarten mürrisch.
    Beerta lächelte. „Was bist du doch für ein altmodischer Mensch. Aber jetzt weißt du es.“
    „Ich habe es gehört.“
    „Etwas anderes. Du weißt, dass ter Haar nicht mehr zurückkommt?“
    Maarten schüttelte erstaunt den Kopf.
    „Ter Haar kommt nicht mehr zurück.“
    „Warum nicht?“
    „Er ist völlig überarbeitet. Er wirft uns vor, dass er zu hart arbeitenmusste und dass wir seine Arbeit nicht gewürdigt hätten, aber der Arzt sagt, dass wir uns nichts draus machen sollen, weil das alle sagen, die überarbeitet sind. Ich habe jetzt Nijhuis damit beauftragt, eine Anzeige für seine Nachfolge in die Zeitung zu setzen, und da ich selbst in Kürze für eine Woche nach Deutschland fahre, habe ich ihn auch gebeten, das ein oder andere zu erledigen. Ich habe mir auch überlegt, dass Nijhuis den Nachfolger einarbeiten sollte.“
    „Kann Nijhuis das?“ Wenn er an die Korrespondenten dachte, denen er in Zwolle begegnet war, konnte er sich nicht vorstellen, dass Nijhuis den richtigen Ton treffen könnte.
    „Wenn Nijhuis es will, kann er es auch. Es ist nur die Frage, ob er es will, denn das muss man bei ihm immer erst mal sehen.“
    Die Tür ging auf. Balk trat ein. „Morgen“, sagte er.
    „Tag, Jaap“, sagte Beerta. „Wie fandest du das Treffen?“
    „Ausgezeichnet!“, antwortete Balk. „Eine hohe Beteiligung! Außerdem habe ich im Zug den letzten Band von Balzac zu Ende gelesen, so dass ich den Tag gut genutzt habe. Und jetzt kommt Proust dran!“
    „Hast du auch Balzac gelesen?“, fragte Beerta Maarten.
    „Nur
Le père Goriot
und
Eugénie Grandet
“, antwortete Maarten, „aber mich hat es nicht so angesprochen.“
    „Balzac ist einer der spannendsten Autoren des neunzehnten Jahrhunderts“, sagte Balk. „Seine Milieuschilderungen sind unübertroffen.“
    Der apodiktische Ton erinnerte Maarten erneut an seinen Vater und ärgerte ihn. „Ich finde ihn nicht spannend. Ich finde nur jemanden spannend, der über sich selbst schreibt.“
    „Unsinn! Hinter der Hälfte seiner Figuren steckt er selbst.“
    „Das mag schon sein, aber ich habe nicht eine Sekunde den Eindruck, dass er über sich selbst nachdenkt, so wie zum Beispiel Stendhal.“
    „Die Art Literatur mag ich nicht!“
    „Ich finde Balzac auch sehr sch-spannend“, sagte Beerta lächelnd. Es war deutlich zu merken, dass er die Diskussion genoss.
    Das ärgerte Maarten noch mehr. „Jedenfalls finde ich Stendhal spannender als Balzac.“
    „Das ist natürlich großer Unsinn!“, sagte Balk. „Man kann nicht sagen, dass der eine Schriftsteller spannender ist als der andere. Man kann auch nicht sagen, dass Verlaine spannender ist als Homer!“
    „Man kann aber sagen, dass man ihn spannender
findet
.“
    „Das ist dasselbe“, entschied Balk. „Aber deshalb bin ich nicht gekommen.“ Er wandte sich Beerta zu. „Haben Sie hier die zweite Auflage von de Vries?“
    Beerta stand auf und holte das Buch aus dem Regal. Balk nahm es und ging, ohne noch etwas zu sagen.
    „Balk ist ein intelligenter junger Mann“, sagte Beerta, sobald er den Raum verlassen hatte. „Er wird es noch weit bringen.“ In seiner Stimme lag ein unverkennbar provokanter Ton.
    *
    „Guten Morgen, meine Herren“, sagte Fräulein Haan.
    „Tag, Dé“, antwortete Beerta, ohne seine Arbeit zu unterbrechen.
    „Tag, Fräulein Haan“, sagte Maarten. Er tat es aus Gewohnheit, ohne dabei nachzudenken, doch als er es erst einmal gesagt hatte, fand er es richtig so.
    „Hattest du dieses Jahr noch vor, wieder ein Seminar zu geben, Anton?“, fragte sie.
    Beerta legte den Stift weg und drehte sich um. „Das hatte ich vor.“
    In der Zeit, als Maarten studiert hatte, waren Beertas Seminare obligatorisch gewesen, doch nach dem Vorfall mit Pietje Valkenburg hatte man sie für fakultativ erklärt, und es kamen nur noch wenige Studenten.
    „Dann solltest du doch mal darüber nachdenken, sie aufzuschreiben. Dann haben sie ein Handbuch, und du kannst nächstes Jahr capita selecta geben. Das ist viel spannender.“
    Beerta lächelte. „Spannend wird es bei mir nie.“
    „Du willst ja nur wieder ein Kompliment hören“, sagte sie irritiert.
    „Ein Thema kann noch so

Weitere Kostenlose Bücher