Das Camp
ich dir dein Bett.«
Das Frühstück wurde in einem großen Speisesaal eingenommen. Luk hatte gehofft, erst mal ein bisschen entspannen zu können. Aber es stellte sich heraus, dass die Neuen Küchendienst hatten. Er musste auf einem Tablett die Teller mit Schwarzbrotscheiben, Marmelade und Margarine zu den Gruppentischen tragen.
Luk sah, dass er blutige Spuren auf dem Boden hinterließ. Normalerweise hätte ihn das in Panik versetzt. Von seinem Vater hatte er gelernt, wie leicht man sich eine Blutvergiftung holt. Aber die anderen mussten ihre aufgerissenen Füße ja auch irgendwie überlebt haben.
»He, was ist hiermit?« Ein kahlköpfiger, breitgesichtiger Junge hielt ihm seinen Plastikbecher hin. »Willst du uns verdursten lassen?«
Auf der Küchentheke standen große Thermoskannen aufgereiht. Luk nahm zwei der Kannen und schleppte sie zu seinem Gruppentisch.
Der Kahlköpfige wartete, bis Luk sich auf seinen Platz gesetzt hatte und nach seinem Brot griff. Er hielt ihm mit einem breiten Grinsen seinen Becher hin. Oben fehlten ihm zwei Schneidezähne, stellte Luk fest.
»Eingießen!«
Luk sah zum Gruppenführer hinüber. Der langte nach seinem eigenen Becher und streckte ihn Luk entgegen. »Wenn du schon mal dabei bist …«
Als er allen eingeschenkt hatte, waren beide Kannen leer,
und er musste noch mal zur Theke zurück und zwei volle holen. Aber vorher stopfte er sich schnell eine halbe Brotscheibe in den Mund und schluckte sie halb gekaut hinunter.
Er wusste selbst nicht genau, warum er das machte. Eine innere Stimme sagte ihm, dass mehr hinter diesem Spiel steckte. Eine Falle wahrscheinlich.
Und tatsächlich, plötzlich, als er gerade wieder unterwegs war zur Theke und die nächste Kanne holen wollte, ertönte eine durchdringende Sirene.
»Frühstück beendet!«, rief Pannewitz.
Mike sprang auf. »Alles aufstehen! He, Küchendienst!«
Als Luk nicht sofort reagierte, wiederholte der Gruppenführer mit drohendem Unterton: »Küchendienst!«
»Hier!«, wollte Luk schreien, aber da stieß ihm jemand seinen Ellenbogen in die linke Seite und Luk verkniff sich jeden Laut. Er sprang einfach nur auf und nahm Haltung an.
»Abräumen!«, befahl Mike. Er sah ein bisschen enttäuscht aus.
Während Luk die Tabletts und die Thermoskannen einsammelte, suchte er den Blick des Jungen, der links neben ihm gesessen hatte. Er war so viel herumgerannt, dass er gar keine Gelegenheit gefunden hatte, ihn sich anzusehen.
Der Junge ignorierte seinen Blick. Er sah stur an Luk vorbei und stieß sogar noch seinen Becher um, sodass Luk von der Theke einen Lappen holen musste, um den Pfefferminztee aufzuwischen.
Blödmann, dachte Luk. Er wollte sich schnell den Rest seines Brotes schnappen und ihn sich in den Mund schieben. Aber ein Blick des Gruppenführers warnte ihn.
»Frühstück beendet«, sagte Mike.
Als Luk von der Theke zurückkam, sah er bei einem zufälligen Blick nach unten, dass der Junge, der links neben
ihm gesessen hatte, ebenfalls keine Schuhe anhatte. Also musste auch er ganz neu im Camp sein. Aber warum sahen seine Füße dann ganz normal aus? Warum waren sie nicht genauso blutig wie Luks Füße?
Die anderen waren sofort nach dem Sirenen-Signal aus der Kantine verschwunden. Nur Mike wartete, bis Luk mit dem Abräumen fertig war. Dann führte er ihn über den Hof zu einem grauen Gebäude, über dessen Eingang eine große, verblasste Drei auf die Mauer gemalt war.
»Das ist Pannes Reich.«
Sie gingen einen langen Korridor entlang, von dem drei Räume abführten. Neben jeder Tür war eine Zahl an die Wand gepinselt. Mike ging bis zum Ende des Ganges und stieß die Tür neben der Zahl Drei auf.
»Achtung!«, rief jemand.
Der Raum, den sie betraten, hatte ein breites Fenster, das fast bis zur Decke reichte. Luk zählte an den Wänden entlang zehn Betten, immer zwei übereinander. Neben jedem doppelstöckigem Bett standen zwei Jungen in orangefarbenen Overalls, die Hände an der Hosennaht, den Rücken kerzengerade.
Einer von ihnen war der Junge, der in der Kantine links neben Luk gesessen hatte. Direkt neben ihm stand der breitgesichtige Typ mit den ausgeschlagenen Schneidezähnen, der Luk beim Frühstück auf Trab gehalten hatte.
Mike stellte ihm die beiden als Sascha und Oleg vor. »Aber Oleg nennt sich lieber Klitschko. Kennst du doch, oder?«
»Klar«, sagte Luk und bereute es sofort. Er hätte erst um Redeerlaubnis bitten müssen. Aber wie sollte er das eigentlich machen, wenn er nicht sprechen
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