Das Camp
durfte?
Mike zeigte mit dem Daumen auf den Fußboden. »Zehnmal pumpen!«
Während Luk seine zehn Liegestütze machte, fuhr der Gruppenführer unbeirrt fort mit seiner Vorstellungsrunde. Er nannte die Namen der übrigen sechs Gruppenmitglieder. Nur hatte Luk nicht die geringste Chance, sie wirklich wahrzunehmen.
Gerade als Luk schwer keuchend wieder hochkam, ertönte draußen die Sirene.
»Achtung!«, rief der Gruppenführer. »Gruppe 3 vor dem Block sammeln!« Er stieß Luk an. »Los, du auch, Mann! Schlaf nicht ein hier! Wehe, wir sind deinetwegen heute die Letzten.«
11
Was mit der Gruppe passierte, die als letzte auf dem Platz vollzählig angetreten war, erfuhr Luk wenig später, als er heftig atmend draußen vor dem Gebäude ganz am Ende des Zugs Aufstellung genommen hatte.
Er stand ganz hinten im Glied. Klar, er war als Letzter gekommen. Er war überhaupt der Allerletzte. Sein Zug stand am Ende der Kompanie und seine Gruppe am Ende des Zuges.
Pannewitz stolzierte ungeduldig vor dem Zug auf und ab, während Mike und die anderen beiden Gruppenführer Ordnung in ihren Verein brachten. Dann bauten sie sich vor Pannewitz auf, der ebenfalls Haltung annahm, und machten Meldung: »Gruppe 3 vollzählig angetreten, Herr Zugführer!«
Danach passierte erst mal gar nichts. Luk ließ unauffällig den Kopf sinken. Er wollte herausfinden, ob außer ihm noch
andere keine Schuhe anhatten. Das war die einfachste Art, herauszubekommen, wer außer ihm neu im Camp war.
Aber noch bevor er den Blick weit genug senken konnte, zischte Mike seinen Namen. Der Gruppenführer war einen halben Schritt vorgetreten und warf einen strengen Kontrollblick auf seine Leute.
»Achtung!«, brüllte jemand und die Gruppenführer traten eilig ins Glied zurück.
Luk hatte erwartet, dass jetzt der Managertyp auftauchte, der ihn in sein Teppichbüro geholt hatte. Aber den Mann, der aus der Tür des Blocks trat, hatte er noch nie gesehen. Er war klein und dick und fuhr sich mit beiden Händen durch die nicht vorhandenen Haare. Im Gehen begann er, seine Uniformjacke zuzuknöpfen, erwischte aber den falschen Knopf, zuckte mit den massigen Schultern und ließ das Ganze sein.
»Kompanie, stillgestanden!«, brüllte Pannewitz.
Noch einmal ging eine Welle der Nachjustierung durch die drei Reihen der Jugendlichen.
»Augen geradeaus!«
Luk richtete das Kinn stur nach vorn. Er wollte nicht schon wieder auffällig werden. Sein Bedarf an Liegestützen war für heute gedeckt. So sah er nur aus den Augenwinkeln, wie Pannewitz, der allem Anschein nach heute oder vielleicht auch immer der Oberzugführer war, mit kurzen, ein wenig gezierten Schritten nach vorn stapfte. Er baute sich vor dem Dicken auf, der schon seit einer ganzen Weile in seinen Taschen herumwühlte und gerade eine Metallbrille zum Vorschein brachte, die er sich nachlässig aufsetzte, während Pannewitz Meldung machte.
»Herr Kommandeur, Kompanie vollzählig angetreten! Keine Krankmeldung. Ein Neuzugang.«
Luk stellte sich schon darauf ein, dass er vortreten musste.
Aber der Kommandeur winkte nur müde ab. Und dann fragte er etwas, das Luk fast umhaute. »Toilettendienst?«, wollte er wissen.
Pannewitz drehte sich nach den angetretenen Jugendlichen um. »Wer war heute der Letzte?«
Mindestens ein Dutzend Stimmen riefen ihm was zu. Ziemlich schadenfroh klang das, fand Luk.
Pannewitz stellte sich breitbeinig auf: »1. Zug, 2. Gruppe! Rührt euch! Vortreten!«
Ein Trupp von vielleicht zehn Jungen machte zwei Schritte vorwärts. Luk drehte jetzt doch den Kopf um ein paar Millimeter. Er sah, dass die Jugendlichen alle eine braune Armbinde trugen.
»Ach, perfekt, ihr habt die Binde schon.« Pannewitz versuchte, seinem Vorgesetzen mit triefendem Spott zu imponieren. »Schon die ganze Woche, oder? Wer hat euch das denn eingebrockt?«
Ein übergewichtiger, unsportlich wirkender Junge wurde nach vorn gestoßen. Mit hängendem Kopf blieb er ergeben vor dem Zugführer stehen. Luk sah, dass er keine Schuhe anhatte. Täuschte er sich oder klebte verkrustetes Blut an seinen Füßen?
»Ach, euer Neuer. Benjamin, was? Du musst dich ein bisschen ranhalten, klar? Sonst müssen sich deine Kumpel mal was für dich einfallen lassen. Die wollen doch nicht für immer unsere Toiletten putzen.«
Das war also der Grund dafür, warum Mike Luk vorhin so angetrieben hatte. Deshalb hatte es auf den Korridoren dieses rücksichtslose Schubsen und Drängeln gegeben. Keiner wollte zum Klodienst abkommandiert
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