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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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plötzlich ein? Nur weil er jetzt Stufe zwei war?
    Aber dann sah er, dass Benni ihm zublinzelte. Bloß keine Panik, sollte das wohl heißen.
    Alles nur Show.

33
    »Zwanzigmal pumpen!«
    Das waren die beiden Wörter, die Luk in den Wochen darauf täglich begleiteten. Mal musste er zweimal am Tag Liegestütze machen, mal fünfmal.
    Harley legte es unverhohlen darauf an, Luk so viele Minuspunkte wie möglich zu verpassen. Mit immer neuen Finten und Fallen versuchte er zu verhindern, dass Luk wieder auf Stufe zwei aufstieg. Nur wenn sich die anderen beim Zugführer beschwerten, dass sie so nie das geforderte Arbeitspensum schaffen könnten, hielt Harley sich für ein paar Stunden zurück.
    Luk war fest entschlossen, sich nicht provozieren zu lassen.
    Einmal, als Harley ihm noch ein paar Extraschaufeln Erde auf die Karre geschippt hatte und Luk damit auf der Rampe
hängen blieb und den Rückzug antreten musste, verlor der Ex-Chief die Beherrschung und brüllte so lange auf Luk ein, bis Pannewitz anmarschierte.
    »Was ist hier wieder los?«
    Da Luk nicht sprechen durfte, sah der Zugführer die anderen an.
    »Die Karre ist zu voll«, sagte Benjamin. »Wie soll man damit die Rampe rauf …«
    »Quatsch!«, ging Harley dazwischen. Er war immer noch wütend. »Die ist genauso voll wie immer. Der Typ ist bloß zu faul. Der will sich nur drücken.«
    Wladimir hielt sich raus. Wie meistens.
    Pannewitz ging langsam um die Schubkarre herum. Er schien keine Lust zu haben auf lange Diskussionen.
    »Sicher?«, vergewisserte er sich. »So voll wie immer?«
    »Klar, Herr Zugführer!«
    »Dann los, Gruppenführer! Zeigen Sie Ihren Leuten mal, wie man das macht.«
    Harley guckte verdutzt. Dann streckte er sich, baute sich breitbeinig hinter der Karre auf und packte die Griffstücke. Er war seiner Sache so sicher, dass er zu wenig Anlauf nahm. Als er auf halber Höhe merkte, dass es nicht reichen würde, ging er nicht zurück, sondern versuchte es mit Kraft.
    Die Karre schwankte gefährlich. Dann kippte sie langsam nach rechts. Harley stemmte sich dagegen. Sein Gesicht verzerrte sich. Dicke Schweißperlen rannen an seiner Stirn herunter. Sein Haar schien auf einmal klatschnass zu sein.
    Ein Stöhnen entfuhr ihm. Aber er wollte sich sein Versagen immer noch nicht eingestehen. Da gaben ganz plötzlich seine Armmuskeln nach. Ungläubig musste er zusehen, wie die Schubkarre langsam von der Rampe kippte. Er versuchte
nicht mal mehr, die Griffstücke festzuhalten. Er ließ sie einfach los.
    »Mist!«, rief Wladimir. »Das verdammte Rad hat wieder geklemmt.«
    Er richtete die Karre wieder auf und schippte die Erde mit den Händen wieder hinein. Luk und Benjamin halfen ihm. Diskret schafften sie dabei fast die Hälfte der Ladung beiseite.
    »Fertig!«, meldete Benni.
    Harley startete seinen zweiten Versuch. Und diesmal schaffte er es natürlich. Mühelos schob er die Karre auf der Rampe bis ganz nach oben.
    »Na also«, sagte er mit einem wütenden Blick auf Luk. »Geht doch.«
    Von da ab war Luk noch mehr auf der Hut.
    Doch zu seiner Überraschung ließ Harley ihn danach in Ruhe. Nur noch zwei oder drei Mal verlor er an den Tagen darauf die Beherrschung.
    »Umfallen! Zwanzigmal pumpen!«
    Luk kam es vor, als seien das nur Ablenkungsmanöver, Nebelkerzen sozusagen, die verschleiern sollten, dass Harley seine Taktik geändert hatte.
    Luk wurde noch wachsamer. Er versuchte, Harley möglichst nicht mehr aus den Augen zu lassen. Aber das erwies sich als schwierig. Das Arbeitstempo auf der Baustelle wurde weiter erhöht. Luk sehnte sich immer häufiger nach dem bequemen Job zurück, den er bei Haufeld gehabt hatte.
    Was wohl aus dem Vermessungsingenieur geworden war? Von Benni erfuhr er, dass Haufeld noch zwei Tage auf der Lichtung gearbeitet hatte, mit Oleg als Assistenten, dann war er nicht wieder aufgetaucht. Seine Arbeit war anscheinend beendet gewesen.

    Allzu lange wäre es also sowieso nicht mehr weitergegangen mit dem gemütlichen Vermesserjob.
    Trotzdem fand Luk, dass er zu viel riskiert hatte. Dieser Brief an Judith, was hatte der schon gebracht? Nichts eigentlich. Judith hatte wahrscheinlich auf eine Antwort von ihm gewartet, und als sie wochenlang nichts hörte, hatte sie die ganze Sache bestimmt vergessen. Das war ja alles nichts Neues für sie. Luk, der Egoist, auf den konnte man sich doch sowieso nie verlassen.
    Er war ziemlich sicher, dass er nichts mehr von Judith hören würde.
    Es sei denn, der Vermessungsingenieur hatte ihr noch

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