Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
zum Fenster. Als er zu dem strahlenden, sonnigen Himmel emporschaute, wünschte er sich, der Mond wäre zu sehen. »Aber was zum Teufel kann das gewesen sein? Es hat Myshko nicht an der Rückkehr zur Erde gehindert. Es hat die Apollo-Missionen nicht verhindert, und trotzdem muss es ganze fünfzig Jahre geheim gehalten werden?« Er schüttelte den Kopf. »Herrje, allein diese Punkte aufzuzählen klingt ja schon verrückt!«
»Das ist der Grund, warum wir nichts weiter aufdecken konnten«, sagte Camden. »Es ist verrückt.«
»Nein«, entgegnete Bucky entschieden. »Ich habe mich immer auf mein Bauchgefühl verlassen, und das sagt mir, dass da etwas vorgefallen ist. Etwas, von dem ich nichts wissen soll.«
»Sie?«, erwiderte Camden, den, obgleich er Blackstone schon seit Jahren kannte, das Ego seines Chefs immer noch in Staunen versetzte.
»Wir alle«, räumte Bucky ein. »Jeder.« Er hielt inne und starrte ins Leere, als wäre da etwas, das nur er sehen konnte. »Und ich werde herausfinden, was es ist.«
»Wie? Wir haben bereits sämtliche Beziehungen spielen lassen.«
»Culpepper.«
Stirnrunzelnd schaute sich Camden um.
»Das ist ein Mann, kein Gemüse«, erklärte Bucky bärbeißig.
»Ach, der Kerl von der NASA?«
Bucky nickte. »Jerry Culpepper. Ein guter Mann.«
»Ein loyaler Mann«, gab Camden zu bedenken. »Der gibt nur das wieder, was seine Behörde ihm vorgibt.«
»Richtig.«
»Also?«
»Er ist ein Mann mit moralischen Grundsätzen. Irgendwann wird er es nicht mehr über sich bringen, diesen Unsinn von sich zu geben.«
»Sind Sie da sicher?«
»Ich bin ein guter Menschenkenner. Ich habe ihm einen Job angeboten.«
»Meinen Job?«
»So was in der Art.« Bucky tat die unverkennbare Besorgnis des Mannes mit einem Achselzucken ab. »Ich kann Sie beide beschäftigen.«
»Wann fängt er an?«
»Er hat mir eine Abfuhr erteilt«, erwiderte Bucky und zündete die erloschene Zigarre wieder an. »Ich war vorschnell. Aber wenn er dem Druck nicht mehr standhalten kann, dann wird er schon kommen. Noch ein Monat, vielleicht noch ein halbes Jahr, aber bestimmt kein ganzes Jahr mehr. Und wenn er kommt, wird er uns bestätigen, was wir bis dahin herausgefunden oder uns intuitiv zusammengereimt haben.«
»Das gefällt mir nicht«, meinte Camden. »Ich war Ihnen gegenüber all die Jahre loyal …«
»Wenn ich Sie feuern wollte, Ed, dann würde ich es Ihnen offen und ehrlich sagen«, fiel ihm Bucky ins Wort. »Sie kennen mich gut genug, um das zu wissen. Da ist etwas vorgefallen, von dem niemand wissen soll, und es wurde fünfzig Jahre lang geheim gehalten. Aber jetzt sickert es plötzlich durch. Man wird sich rigoros dagegen wehren, sehr rigoros, das steht fest.«
»Und was soll das dann alles?«
»Irgendwann wird die NASA Jerry erzählen müssen, was passiert ist. Er soll uns ja nicht unbeabsichtigt Hinweise liefern, die uns helfen, es selbst herauszufinden.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen, Sir.«
»Hätten irgendwelche Mondechsen Myshko verspeist, dürfte Jerry zum Beispiel keine Scherze in dieser Richtung machen. Er dürfte es auch nicht allzu deutlich leugnen. Ersteres würde die Leute zum Nachdenken bringen, Letzteres zum Nachforschen.«
»Aber Myshko ist zurückgekommen«, wandte Camden ein.
»Das war ein Beispiel, Ed!«, schimpfte Bucky. Er gab sich keinerlei Mühe, seine Entrüstung darüber zu verbergen, wie schwer Camden von Begriff war. »Geben Sie sich etwas weniger Mühe, mich davon zu überzeugen, dass ich einen Ersatz für Sie suchen sollte!«
Ein paar Augenblicke herrschte unbehagliches Schweigen. Camden wusste nicht recht, was er sagen sollte, und Bucky bekam ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Mitarbeiter gedemütigt hatte. Schließlich schickte er ihn zurück in sein Büro und brachte den Rest des Nachmittags damit zu, ruhelos auf und ab zu gehen und zum hundertsten Mal zu versuchen, die Geschichte auseinanderzuklamüsern: Was verheimlichen die, und warum verheimlichen sie es so lange Zeit? Was kann da passiert sein, das keinerlei Auswirkungen hatte? Hätte es die Reise zum Mond gefährlicher erscheinen lassen, warum wollen sie es uns dann nicht erzählen? Sie wissen, dass ich binnen eines Jahres einen bemannten Flug da raufschicken werde. Sie können doch nicht wollen, dass ein amerikanisches Raumfahrzeug, das weltweit als Teil einer amerikanischen Mission wahrgenommen werden wird, in die Luft fliegt oder abstürzt. Nicht wegen etwas, das sie uns hätten erzählen können, das
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