Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
vergessen hatten, wie es funktionierte.«
Es ging wie ein Raunen durchs Publikum.
»Ich glaube, wir alle wissen, was davon eingetroffen ist.«
Jemand in den vorderen Reihen fragte ihn, was ihn zu seiner gemeinnützigen Arbeit bewogen habe. Ob er dergleichen auch schon getan habe, als er noch Astronaut gewesen sei. Und einer der Computerexperten wollte wissen, ob Kirby glaube, dass irgendwann wieder jemand zum Mond fliege.
»Natürlich werden wir das«, antwortete Kirby. »Sehen Sie, mir ist klar, was Sie denken. Sie halten mich für einen Pessimisten, und das bin ich auch. Aber nur auf kurze Sicht. Irgendwann werden wir tun, was notwendig ist. Vielleicht brechen wir auch zu einer größeren Reise auf. Aber diejenigen, die das in die Tat umsetzen werden, das sind unsere Enkel, nicht wir selbst.« Marys Hand berührte seinen Arm. »Ich jedenfalls werde es nicht sein. Ich glaube nicht, dass im Laufe meines Lebens noch viel geschehen wird.
Aber sehen Sie sich einige der Leute an, die heute hier sind. Und dann fragen Sie sich, ob wir je damit zufrieden sein werden, uns für den Rest unserer Tage auf die Veranda zu setzen und die Beine hochzulegen.«
Eine Frau, die sich als Physikern von der University of Georgia zu erkennen gab, ließ sich dazu hinreißen, seinen Worten eine eiskalte Dusche folgen zu lassen. »Menschen können ohne Schwerkraft nicht überleben«, führte sie aus. »Irgendwann werden wir uns der Realität stellen und begreifen müssen, dass wir letzten Endes an die Erde gebunden sind.«
Unruhe breitete sich im Publikum aus. Hier und da wurde aufgeregt geflüstert. »Sie sprechen von einem technischen Problem, Frau Professor«, meinte Kirby. »Wäre das die größte Hürde, wäre ich wirklich dankbar.«
Jerry wusste weder, wer die Frau war, noch, wie sie an die Einladung zum Festakt gekommen war. Er nahm an, dass sie von höherer Stelle eingeschleust worden war. Dass man sie speziell zu dem Zweck hergeschickt hatte, hochfliegende Erwartungen im Keim zu ersticken.
Warren Coles Hand ruckte hoch. »Mr Kirby«, begann er, »Sie waren bei einigen der Flüge vor Apollo 11 der Capcom. Bei einem dieser Flüge hat Sidney Myshko berichtet, er sei im LEM und bereit zum Start. Und Sie haben geantwortet: ›Viel Glück, Jungs‹. Können Sie uns erklären, was da los war?«
Kirby blickte erst zur Decke hinauf, dann zur Tür und schüttelte den Kopf. »Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, worum es da gegangen ist. Ich weiß, dass es diesen Austausch gegeben hat. Ich meine, ich habe die Aufzeichnung gehört. Daher weiß ich, dass es diesen Wortwechsel gegeben hat. Aber es ist lange her, und es fällt mir schwer, mich an die Einzelheiten zu erinnern. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir häufig herumgealbert haben. Sid hat oft gesagt, er würde da raufgehen und mit dem LEM auf der Oberfläche landen, und ich nehme an, darum ging es auch bei diesem Gespräch. Auf jeden Fall ist klar, dass es keinen ernsthaften Hintergrund gibt.« Er lächelte und wandte sich einer jungen Frau zu, die an einer der Seitenwände des Saals saß.
Aber Cole blieb stehen. »Anschlussfrage, Mr Kirby, wenn Sie gestatten. Nach diesem Austausch fanden alle weiteren Gespräche über einen Zeitraum von über fünfzig Stunden ausschließlich mit Brian Peters statt. Das sind mehr als zwei Tage, Sir. Was ist denn in diesem Zeitraum aus Myshko geworden?«
Jerry konnte sich ein Lächeln nicht ganz verkneifen. Cole erfüllte all seine Erwartungen.
Kirby versteifte sich, und sein Lächeln verblasste. »Ich sollte Sie vielleicht daran erinnern, dass ich nicht in der Kapsel war. Ich kann unmöglich wissen, warum diese und nicht jene Person am Mikrofon war. Zudem ist das ein Punkt, an den ich nie auch nur einen Gedanken verschwendet habe.«
Wieder wandte er sich der jungen Frau zu.
»Was«, fragte die, »vermittelt Ihnen ein stärkeres Gefühl der Zufriedenheit, der Raumflug oder die Unterstützung behinderter Kinder?«
»Diese Frage ist einfach zu beantworten«, sagte Kirby. »Kindern zu helfen ist überaus befriedigend. Mit einer Rakete rauszufliegen hat mir immer Angst gemacht. Ich kann natürlich nicht für andere sprechen. Aber es würde mich wundern, wenn jemand, der in der Spitze einer Saturn V gesessen hat, Ihnen je etwas anderes sagen würde. Nein, ich würde jederzeit lieber mit Kindern Ball spielen.«
Als die Feier vorüber war, erhielten Kirby, seine Familie und Harry Eastman eine Führung durch die Ruhmeshalle. Sie sahen
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