Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
Gebäude kein Laut zu hören. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, das alles würde sich ändern. Aber bedauerlicherweise sitzen die USA finanziell nach wie vor in einem tiefen Loch. Sie wissen es, und ich weiß es. Aber ich kann Ihnen eines versprechen: Trotz allem, was Sie im Internet lesen, trotz allem, was die Medien sagen, werden wir diese Einrichtung nicht schließen. Dazu wird es nicht kommen. Die NASA wird nicht einfach verschwinden. Diese Worte können Sie in Beton gießen!«
Dieses Mal fiel der Applaus lauter aus.
»Und ich sage Ihnen noch etwas: Es ist möglich, dass die Welt in einigen Tausend Jahren viel von unserer Geschichte vergessen haben wird. Sie wird sich vielleicht nicht mehr an die beiden Weltkriege im vergangenen Jahrhundert erinnern. Sie wird sich vielleicht nicht mehr an die atomare Pattsituation im Kalten Krieg erinnern. Aber ich sage Ihnen, so lange es Menschen gibt, wird man sich daran erinnern, dass wir einmal auf dem Mond gelandet sind. Das wird man nie vergessen.«
Bei diesen Worten hob förmlich das Dach ab.
Jerry sah zu, wie sich die Reporter in den Vorführsaal im Besucherzentrum drängten, und konnte sich eines kurzen Aufwallens von Neid nicht erwehren. Er hätte nicht einmal genug Leute anlocken können, um wenigstens die erste Stuhlreihe zu füllen.
Mary schlug ihm vor, auch diesem präsidialen Besuchsteil fernzubleiben. Seine bloße Anwesenheit reiche schon, Fragen zu provozieren. Er ließ sie seinen Arger spüren, sagte aber nichts und ging hinauf in sein Büro, um das Geschehen, das von vier Kabelsendern übertragen wurde, auf C-Span zu verfolgen.
Die meisten Fragen drehten sich um die andauernden Probleme im Nahen Osten, über die zunehmend größer werdende Franklin-Bewegung, ›Ein gesparter Penny‹, die forderte, das viele der sozialen Programme, die Cunningham befürwortete, eingespart werden sollten. Ob er Chancen sehe, die Spaltung in rechts und links zu kitten, die sich durch das ganze Land ziehe? Was sei aus dem Versprechen geworden, die NASA werde Sonnenkollektoren in den Weltraum bringen? Was denke er über Bryson Evers’ Bemerkung, das größte Problem auf Erden sei das, über das kein Politiker reden wolle -das enorme Wachstum der Erdbevölkerung?
»Nun«, erwiderte Cunningham, »wir reden doch gerade darüber, oder nicht?«
Diese Frage hatte Quil Everett von NBC vorgetragen. »Mr President, sind Sie denn auch der Meinung, dass dies ein Problem ist? Und wenn Sie es auch so sehen, was können wir dagegen tun?«
Das Thema galt als aktuelle Third Rail in Anlehnung an die Stromschienen der Eisenbahn, die zu berühren zu einem tödlichen elektrischen Schlag führen konnte. Cunningham zögerte. Jeder wusste, dass es ein Problem war. Aber ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft glaubte immer noch, es gäbe eine Art moralischer Verpflichtung, eine große Familie zu haben. Historisch betrachtet gab es in diesem Punkt keine Kompromisse. Darüber hinaus war das nächste Jahr ein Wahljahr.
»Ja», antwortete Cunningham schließlich, »natürlich ist das ein Problem. Es gibt nicht genug Nahrung. Nicht genug Trinkwasser. Länder ziehen im Kampf um natürliche Ressourcen in den Krieg. Und das ist nur der Anfang.«
Was die Regierung über die fortgesetzte Analyse des Problems hinaus zu tun gedachte, verriet Cunningham aber nicht. Seine Worte waren zwar nicht gerade eine Handlungsaufforderung, aber Jerry war klar, dass das Eingeständnis, die Überbevölkerung sei ein Problem, morgen sämtliche Schlagzeilen beherrschen würde.
Die Missionen von Myshko und Walker kamen nicht zur Sprache. Jerry wusste nicht recht, ob er erleichtert oder eher enttäuscht war. Er schaltete um zu CNN und dann zu MSNBC, um sich die Kommentare der versammelten Politikexperten anzuhören. Nur einer, Stu Krider, erwähnte die frühen Mondflüge. »Schnee von gestern, nehme ich an«, sagte Krider. Soweit Jerry wusste, war er der einzige Kommentator, der die Geschichte nicht lediglich als eine Methode, Gelächter auszulösen, behandelt hatte.
An diesem Abend bekam Cunningham seine Führung durch das Space Center. Er stand neben einer der alten Atlasraketen, bewunderte eine Kommandokapsel, sprach mit den wenigen Astronauten, die extra für dieses Ereignis herbeigerufen worden waren. Jerry gehörte einer Truppe von neun oder zehn NASA-Leuten an, die ihm bei seinem Rundgang folgten. Nun, da die Pressekonferenz vorbei war, hatte Mary die Restriktionen gegen ihn ein wenig gelockert.
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