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Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)

Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)

Titel: Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Leuten von NBC abhielte. Er sollte Vorbereitungen für eine Besichtigungstour durch die Anlage treffen. Es ging um eine Gruppe Prominenter aus dem TV, ein Auftrag, den Mary erst in letzter Minute aus dem Hut zog. »Hab’s vergessen«, hatte sie gesagt. Das war eine dürftige Ausrede, und das wusste sie nicht nur, sie hatte es genau so auch beabsichtigt. Sie übermittelte Jerry damit eine Botschaft: Halt Abstand, während er hier ist! Tu nichts, was ihn an die Mondlandungsgeschichte erinnern könnte! Und vor allem bring das Thema nicht auf, solltest du doch mit ihm in Kontakt kommen! Kurz, meide grundsätzlich jeden Kontakt!
    Die Prominenten entpuppten sich als die Besetzung der beliebten Science-Fiction-Serie High Country, die in der fernen Zukunft spielte und eine finanziell gut gerüstete NASA präsentierte, die Flüge in das ganze Sonnensystem durchführte. Begonnen hatte die Serie mit einer dreiteiligen Pilotsendung, in der die Welt von einem heranfliegenden Asteroiden bedroht wurde. Der Asteroid hatte sich jedoch, wie sich herausstellte, als man seine Flugbahn nachvollzogen hatte, zuvor in einem ungefährlichen Orbit befunden. Jemand hatte ihn offenbar absichtlich auf diesen todbringenden Kurs umgeleitet. (Den Wissenschaftlern in der Serie schien nicht in den Sinn zu kommen, dass der Asteroid einen Zusammenstoß gehabt haben und die Kursänderung schlicht auf einen Zufall zurückzuführen sein könnte.) Die Helden der Serie fanden die bösen Buben und stellten trotz diverser falscher Spuren fest, dass es sich nicht um Außerirdische handelte, sondern um geistesgestörte Menschen, die aus der Zukunft zurückgereist waren. Aus welchem Grund sie den Planeten hatten zerstören wollen, wurde nie erklärt.
    Die Hauptfiguren, ein Wissenschaftler, der einen leistungsstarken Laser zur Vernichtung des Asteroiden entwickelt hatte, und eine Gruppe Astronauten unter dem Kommando eines russischen Captains namens Ivan Kolchevsky, gespielt von dem enorm populären Boris Vassily, erledigten ihre Aufgabe in klassischer Manier. Die Spezialeffekte waren spektakulär. Ganz Amerika liebte die Geschichte, und so verwandelte sich der ursprüngliche Dreiteiler in eine wöchentlich ausgestrahlte Serie. Sie war gar nicht so übel. Die Astronauten operierten von einer Mondbasis aus. Das wichtigste Teleskop im Orbit wurde in einer haarsträubenden Episode gerettet, in der ein Angehöriger von Captain Kolchevskys Team beinahe einen langen Sturz durch die Atmosphäre erlitten hätte. In einer anderen Folge entdeckten die Wissenschaftler Leben am lunaren Nordpol. Dann wurde eine Mission zu einer Raumstation, die in der Nähe von Ganymed erbaut wurde, zu einer Rettungsmission für ein Schiff umfunktioniert, das in Schwierigkeiten geraten war, als ein eifersüchtiger Liebhaber die Pilotin schwer verletzt hatte.
    Wenn die Serie auch nicht gerade genial war, schaffte sie es doch, die übliche Jagd nach Außerirdischen auszulassen, die das Publikum im Allgemeinen inzwischen wie selbstverständlich von Science-Fiction-Filmen erwartete. Im Fall der lunaren Mikroben ging High Country beispielsweise auf die gesellschaftlichen Folgen der Entdeckung ein und löste eine reale Debatte um die Unfehlbarkeit der Bibel aus. Eine andere Episode demonstrierte anschaulich, wie eine gemeinsame Anstrengung, die Bemühungen der Menschen im Raum voranzutreiben, auch dem Frieden unter den Menschen auf der Erde zugutekommen konnte. (Arabische und israelische Bewohner der Ganymed-Station mussten kooperieren, um nach einem schweren Stromausfall zu überleben.) In einer urkomischen Folge wurde eine Übung dargestellt, die dazu dienen sollte, die ideale Zusammensetzung der Geschlechter bei einer Marsmission zu bestimmen. Die Schlussfolgerung bestand offenbar darin, dass keine wie auch immer zusammengesetzte Mannschaft, die ein ganzes Jahr auf engem Raum eingesperrt wäre, in der Lage wäre, Missklänge zu vermeiden. Freundlich ausgedrückt.
    Jerry zeichnete die Serie jeden Dienstag auf und schaute sie zumeist noch am selben Abend an. So, wie es offenbar auch alle anderen Mitarbeiter des Space Centers taten. Ingenieure, Computerspezialisten, Astronauten, Personaler, sogar die Jungs, die die Böden wischten und in der feudalen Kantine arbeiteten, diskutierten die jeweilige Folge unweigerlich am folgenden Tag. Für Jerry, für sie alle war die Serie beglückend und schmerzlich zugleich. High Country war eine Alternativwelt, durch die sie einmal wöchentlich daran erinnert

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