Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
verraten, und das wird er, dann wissen wir, welchen Weg diese Geschichte nimmt.« Bucky hielt inne und blickte hinaus auf die Gebäude, die den Großteil seines Reichs repräsentierten. »Und Culpepper wird auch nicht besser dastehen, nicht, wenn er einen Tag nach seiner Kündigung anfängt, für mich zu arbeiten. Wir lassen ihm ein paar Wochen Zeit. Und dann, um einen gewissen italienischen Freund zu zitieren, den ich nie hatte, machen wir ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.«
»Und was, wenn jemand ihm eher einen Job anbietet?«
»Dann muss ich den halt überbieten.«
Gloria lächelte. »Muss schön sein, so etwas zu sagen, ohne dass jemand Einwände erheben kann.«
»Ich schlage mich schon mein Leben lang mit den Einwänden anderer Leute herum«, antwortete Bucky. »Ich bin reich geworden, indem ich sie ignoriert habe.«
»Also tun wir ein paar Wochen lang so, als würde Jerry gar nicht existieren, und dann wedeln Sie mit so viel Geld, dass er nicht mehr Nein sagen kann?«
Bucky schloss die Augen und saß für einen Moment regungslos da. Als Gloria das vor Jahren das erste Mal erlebt hatte, hatte sie befürchtet, er könnte eine epileptische Absence erlitten haben oder in eine katatonische Trance gefallen sein. Aber inzwischen war sie daran gewöhnt. Es bedeutete lediglich, dass ihrem Boss ein Gedanke gekommen war. Üblicherweise war das zu seinem Vorteil.
»Wir sollten Jerry nicht ganz ignorieren«, meinte Bucky. »Sehen Sie zu, ob Sie ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht arrangieren können!«
»Die Presse hat es den ganzen Tag nicht geschafft, irgendeine Stellungnahme aus ihm rauszuholen«, gab Gloria zu bedenken. »Wahrscheinlich nimmt er weder sein Festnetz- noch sein Mobiltelefon ab.«
»Wahrscheinlich, ja«, gab Bucky ihr recht. »Ich sage Ihnen was: Wir schicken ihm eine Video-E-Mail. Haben wir seine Adresse?«
»Ja.«
»Gut. Das gibt ihm die Möglichkeit, die Nachricht in Ruhe zu lesen, ohne unter dem Druck zu stehen, gleich antworten zu müssen.«
»Sie rechnen nicht damit, dass er sich gleich bei Ihnen meldet?«
»Doch, natürlich. Ich will ihm nur das Gefühl nehmen, unter Druck zu sein.«
»Und was soll er dann empfinden?«
Bucky lächelte. »Neugier. Er hat die NASA nicht wegen der Wahrheit verlassen. Er hat gekündigt, weil man ihm die Wahrheit vorenthalten hat.« Bucky starrte seinen Computer an. »Ich vergesse immer, wie man Kamera und Mikrofon einschaltet.«
»Einen tollen Astronauten werden Sie abgeben!«, kommentierte Gloria sarkastisch, trat näher und aktivierte das Gerät. »Also gut, Sie drücken einfach Enter, schauen in die Kamera und fangen an zu reden!«
Bucky befolgte ihre Anweisungen, woraufhin über der Linse der Kamera ein kleines blaues Licht aufflammte und anzeigte, dass die Kamera arbeitete.
»Hi, Jerry«, sagte er, »Bucky Blackstone hier. Ich rufe nicht an, um Ihnen einen Job anzubieten. Das kommt dann später, falls Sie Interesse haben.« Plötzlich lächelte er. »Ich rufe an, um Ihnen einen Vorschlag zu machen.«
Er legte eine kurze Pause ein, um seine Worte wirken zu lassen. »Einer der Vorzüge daran, eine Nachricht zu hinterlassen, statt von Angesicht zu Angesicht mit Ihnen zu sprechen, ist, dass Sie mir nicht um der Form willen widersprechen müssen. Ich werde einfach davon ausgehen, dass Sie alle absehbaren Widerworte jetzt vom Stapel lassen, einverstanden?«
Wieder schwieg Bucky eine Weile, um dem Angerufenen Zeit dafür zu geben.
»Also gut«, fuhr er fort, »Sie und ich wissen, dass Sidney Myshko auf dem Mond gelandet ist. Was ich nicht weiß, ist, warum, und ich nehme an, Ihnen geht es ebenso. Ich weiß auch nicht, warum die Regierung und so gut wie jeder, der mit der NASA zu tun hat, sich verpflichtet fühlt, in diesem Punkt zu lügen. Aber das ist eigentlich nicht weiter wichtig. Ich habe zusätzliches Material in Aaron Walkers Tagebuch gefunden, und eine meiner herausragendsten und vertrauenswürdigsten Assistentinnen …«, kurz runzelte er die Stirn, als ihm der Name nicht gleich in den Sinn kam, »… Sabina Marinova, hat mit Amos Bartlett gesprochen. Ich habe ein Video von dem Zusammentreffen.« Nun grinste er. »Ich wette, Sie wüssten gern, was in dem Tagebuch steht. Und ich vermute obendrein, Sie sind neugierig auf das Video. Geben Sie es also ruhig zu!«
Eine letzte Pause, um noch ein bisschen mit dem Köder am Haken zu wedeln, und dann war es Zeit, die Schnur einzuholen. »Nun, Sie können sich beides ansehen, Jerry.
Weitere Kostenlose Bücher