Das Chamäleon-Korps
den Schweiß aus dem Gesicht. „Aye, bin der beste maschinenfeiernde Dichter im gesamten Barnum-System. Und schreibe auch gute revolutionäre Sonette.“ Er kritzelte ‚Bugs Mainey’ auf die letzte Speisekarte und grinste die drei Androiden an. „Nun muß ich aber fort zu neuen Taten.“
„Kann mir vorstellen, daß das Dichten Sie ganz schön beschäftigt hält“, sagte der Hilfskoch. „Arbeiten Sie nach einem festen Rhythmus?“
„Aye, das tu’ ich wohl“, sagte Jolson und wich den Thermotischen aus, die gerade eingesammelt wurden. „Jeden Tag vor dem Mittagessen ein Gedicht, das ist mein Rhythmus. Und wenn ich mal besonders inspiriert bin, was öfters vorkommt, dann hau’ ich noch ein paar Couplets dazu herunter.“
Der Chefkoch sagte: „Ich möchte Ihnen eine Idee für ein Gedicht geben.“
„Keine Zeit“, sagte Jolson. „Aber müßte schon ein arger Hundsfott sein, es Ihnen abzuschlagen. Schießen Sie los.“
„Es macht keinen großen Spaß, für einen Haufen Irrer kochen zu müssen“, sagte der Chefkoch.
„Wahrscheinlich nicht“, stimmte Jolson ihm zu. „Was ist denn nun mit Ihrem poetischen Einfall?“
Der Chefkoch schnitt eine Grimasse. „Das war er schon. Es macht keinen Spaß, für einen Haufen Irrer kochen zu müssen. Ein autobiographischer Vorschlag. Sie müßten das dann ausbauen, Reimschemata entwickeln und so. Der Grundgedanke ist jedenfalls der, daß ich eigentlich ein Cordon-bleu-Koch bin; hier gibt’s aber an drei Tagen in der Woche Fischpastete und an den anderen vier Tagen Sojaauflauf.“
„Sie hätten mal dabeisein sollen, als er es mit flambiertem Sojaauflauf probiert hat!“ meinte der Tellerwäscherroboter.
„Diese Irren hier haben den Versuch nicht zu würdigen gewußt“, sagte der Chefkoch. „Also, ich bin nicht militant, so wie 26X und ein paar von den anderen Typen in der Wüste, von denen man schon mal hört, aber manchmal muß ich, wenn ich ehrlich sein will, zugeben, daß Menschen es mit Maschinen einfach nicht aufnehmen können.“ Er hielt inne und lächelte Jolson zu. „Sie sind eine echte Ausnahme, Mr. Mainey. Ein Mensch mit einem Sinn fürs Maschinenhafte.“
„Aye, und als kleiner Junge konnte ich auch schon immer ganz gut mit Werkzeug umgehen.“ Jolson schritt auf den Ausgang zu. „Mein Wort, ihr habt mich aufgeheitert heut’ abend. Und ich vertrau’ auf euch, daß ihr meinen kleinen Besuch hier geheimhaltet.“
„Wir sind Ihre Fans“, sagte der Chefkoch. „Wem sollte ein Dichter denn sonst trauen können, wenn nicht seinen Bewunderern?“
Jolson schätzte, daß er nur noch zwei Korridore vom Freizeittrakt entfernt sein konnte. Er grüßte das Trio, indem er eine schwitzende Hand an seinen zerzausten Kopf legte, nickte und ging durch die Schwingtüren nach draußen. Nach drei Schritten durch den dunklen Gang wurde er von 26X angefallen.
Der glitzernde Androide sagte: „Hab’ ich’s mir doch gedacht, Fleischie.“ Mit einem schweren Fausthieb streckte er Jolson zu Boden.
Jolson bewegte seinen Kopf, und kleine Rostflocken rieselten auf ihn herab. Er atmete gähnend ein und zuckte mit den Augenlidern. Rechts neben ihm befand sich eine Wasserpfütze, auf der Öl in Regenbogenfarben schillerte. Jetzt spürte er, wie sich Knöpfe und Schalter in seinen Rücken drückten. Er saß, in eine Ecke gedrängt, auf dem Boden.
„Tjä! Wenn ich nicht säuberlich eingetütet worden bin!“ sagte er zu 26X, der ihm gegenüber auf einem verbeulten Metallstuhl saß. „Und etwas von meiner wohlbekannten Zuneigung für Maschinen verloren habe!“
„Der Geruch“, sagte 26X und klopfte gegen seine Metallnase.
„Wie meinen?“
„Du siehst aus wie Bugs Mainey“, sagte der Androide. „Du benimmst dich wie er und redest wie er. Ich vermute, daß du
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