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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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ei­nem Schup­pen na­mens ‚Sie­ben For­men der Viel­deu­tig­keit’. Oder im ‚Letz­ten Block­haus’.“
    „Das ken­ne ich“, sag­te Jol­son. „Schön, ich bin bei Ein­bruch der Dun­kel­heit wie­der da.“
    Kath stieg vom Bett, er­griff sei­ne Hand und küß­te ihn. „Du bist kein schlech­ter Mensch, Will.“ Sie mach­te mit ge­senk­tem Kopf einen Schritt zu­rück. „Oder wer im­mer du auch sein magst.“
    Jol­son sag­te nichts.

 
15
     
    Die bei­den magen­ta­ro­ten Elek­tro­pia­nos stie­ßen auf der ka­ro­för­mi­gen Tanz­flä­che des ‚Letz­ten Block­hau­ses’ zu­sam­men. Das Fuß­pe­dal des grö­ße­ren Kla­viers schoß her­vor, traf die di­cke Frau, die Hal­lu­zi­na­ti­onss­prays ver­kauf­te, stieß sie in ih­ren Kar­ren. Drei wei­te­re Kla­vie­re jag­ten durch den Kel­ler­raum, je­des spiel­te ei­ne an­de­re Me­lo­die. Jol­son be­stell­te noch ein Bier und be­ob­ach­te­te das Mäd­chen, das an Sei­len aus Kad­mi­um­plüsch von der De­cke hing, da­bei, wie sie ihr sil­ber­nes Fahr­rad auf­pump­te.
    „Seg­ne dich, Hohl­kopf“, sag­te ein Mann mit Steh­kra­gen, der sich an dem lee­ren Stuhl an Jol­sons grü­nem, sa­ran­be­schich­te­tem Tisch fest­hielt, um nicht um­zu­fal­len. „Hab’ wohl noch kein Wört­chen mit dir ge­wech­selt, mein Sohn.“
    „Stimmt, Herbst­zeit­grö­ler, ich bin neu im Rand­be­zirk“, ant­wor­te­te Jol­son.
    Der Mann war klein und breit­schult­rig, und sein Kinn zuck­te auf und ab. „Hät­test du was da­ge­gen, wenn ein Got­tes­mann sich zu dir setzt und ein biß­chen aus dem Näh­käst­chen mit dir plau­dert?“
    „Nur zu“, sag­te Jol­son.
    „Man nennt mich Re­ve­rend Cock­spur“, sag­te der Pries­ter. Er knautsch­te sich in den lee­ren Stuhl und kratz­te sich et­was Rührei von dem ab­ge­schab­ten El­len­bo­gen sei­nes Jacketts. „Hast’n schö­nen Ben­ja­min da.“
    „Hab’ ihn ge­sta­chel­beert.“
    Re­ve­rend Cock­spur lä­chel­te und mas­sier­te sei­nen glat­ten, brei­ten Hals. „Wir ha­ben al­le un­se­re Schwä­chen, mein Jun­ge.“
    „Was ma­chen Sie denn ge­nau?“
    „Ich be­stel­le mir erst mal einen Bin­go, wenn du nichts da­ge­gen hast.“
    „So­lan­ge er nicht auf mei­ne Rech­nung geht.“
    Der Re­ve­rend schüt­tel­te sei­ne Hän­de. „Ich ha­be ei­ne Ab­ma­chung mit der Ge­schäfts­lei­tung. Frei­bin­go.“ Er mach­te ei­ner chrom­beschich­te­ten Kell­ne­rin ein Zei­chen. Als sein Drink kam, füg­te er hin­zu: „Ich neh­me nicht an, daß du be­son­ders gern be­kehrt wer­den möch­test.“
    „Stimmt ge­nau. Ist das Ihr Job?“
    „Ur­sprüng­lich ja“, sag­te Re­ve­rend Cock­spur. Er kipp­te sei­nen grün­li­chen Li­kör hin­un­ter. „Ich bin vor drei Jah­ren im Auf­trag mei­ner Re­li­gi­ons­ge­mein­schaft nach Es­pe­ran­za ge­kom­men, um hier jun­ge Leu­te zu be­keh­ren. Ich ha­be im Rand­be­zirk da­mit an­ge­fan­gen und woll­te sie un­ter mei­ne Fit­ti­che neh­men.“ Er we­del­te nach ei­nem neu­en Drink und zwick­te sei­ne Na­se. „Ich wünsch­te, ich hät­te ein biß­chen Bal­sam, ge­nug, um auf ’ne Rei­se zu klin­ken.“
    „Dro­gen neh­men Sie auch?“
    Der Re­ve­rend blick­te in sei­nen neu­en Drink und schnitt ei­ne Gri­mas­se. „Mir war schon gleich am An­fang klar, daß ich kei­ne Chan­ce ha­ben wür­de, die jun­gen Leu­te im Rand­be­zirk zu er­rei­chen, wenn ich mich ih­nen nicht an­paß­te, sonst hät­ten sie mich für ir­gend­ei­nen Töl­pel ge­hal­ten. Zu­erst ha­be ich ge­lernt, so zu re­den wie sie, da­nach ha­be ich mir ih­re Trink­ge­wohn­hei­ten zu ei­gen ge­macht. Da­durch bin ich ih­nen viel nä­her ge­kom­men. Um noch nä­her ran­zu­kom­men, ha­be ich an­ge­fan­gen, mit den Jun­gen zu­sam­men Dro­gen­er­fah­run­gen zu ma­chen. Tja, und nun bin ich so­weit, daß ich wirk­lich mit ih­nen kom­mu­ni­zie­ren kann; ich bin ein Al­ko­ho­li­ker, ein Dro­gen­ab­hän­gi­ger, ein Me­di­ka­men­ten­fre­ak und woh­ne mit zwei Al­bi­n­onym­pho­man­in­nen zu­sam­men in ei­nem Ghet­to – im drit­ten Stock, die Stra­ße run­ter.“
    Jol­son nipp­te an sei­nem brau­nen Bier und nahm einen grö­ße­ren Schluck. „Ganz schö­ner Rück­schlag“,

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