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Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Titel: Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Nürnberger
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so platt auf den Punkt zu bringen wie der Kollege Lüdemann. Also macht man sich so lange so komplizierte Gedanken, bis man sie am Ende möglicherweise selbst nicht mehr versteht, aber sich eben deshalb beruhigt zurücklehnen und sagen kann: Es ist halt ein Mysterium. Geheimnis des Glaubens. Wir werden es nie zu fassen bekommen.
    Das ist wenig, gemessen an den vielen intellektuellen Zumutungen, die das Glaubensbekenntnis für uns moderne Menschen bereithält. Aber es ist viel, gemessen an den harten Attacken, die seit der Aufklärung gegen den Glauben geführt werden mit dem Ziel, ihn ein für alle Mal zu erledigen.
    Jahrhundertelang haben die scharfsinnigsten Denker unter den Theologen und Philosophen versucht, die Existenz Gottes zu beweisen. Es ist nicht gelungen. Kant hat sogar die Unmöglichkeit von Gottesbeweisen bewiesen. Danach haben sich die scharfsinnigsten Denker unter den Aufklärern und Philosophen bemüht, die Nicht-Existenz Gottes zu beweisen. Auch das misslang. Heute steht es unentschieden. Nun gilt: Die Vernunft kann Gott weder beweisen noch widerlegen. Glaube und Vernunft müssen einander nicht ausschließen, können einander sogar ergänzen.
    Sie haben es ja bereits in der Vergangenheit getan. Denn hat nicht das Judentum das kritisch-unterscheidende Denken überhaupt erst eingeführt und in seinen besten Phasen immer auch auf sich selbst angewandt? Die ganze Glaubensgeschichte von Abraham bis heute kann man als einen Jahrtausende währenden Läuterungsprozess des jüdisch-christlichen Glaubens verstehen. Immer wieder mussten bestimmte Gottesbilder aufgrund bestimmter Ereignisse und der Reflexion über diese Ereignisse – oft genug waren es Katastrophen – verworfen und auf ein höheres und meist auch abstrakteres Niveau gehievt werden. Es ist daher nicht nur legitim, sondern nach christlichem Verständnis geradezu gottgewollt, den Glauben an ihn kritisch zu prüfen, ihn von Zeit zu Zeit in Frage zu stellen, zu korrigieren und zu läutern.
    Kein Wunder also, dass seit der Aufklärung so wenig übrig geblieben ist vom christlichen Glauben. Aber es wäre ein Irrtum anzunehmen, dieses Wenige sei ein Weniger, ein Fast-Nichts. Im Gegenteil. Das Wenige kann mehr sein, denn je mehr unhaltbares Zeug aus dem Findling namens Glauben weggehauen wird, desto deutlicher tritt seine eigentliche Gestalt hervor, weil die alten Texte eben nicht nur aus unhaltbaren Tatsachen und Widersprüchen bestehen, sondern auch aus Bildern, Botschaften, Thesen und Sachverhalten, die sich entwickeln, entfalten, dadurch Bestand haben und Identitäten herausbilden. Zu ihnen stoßen wir vor, wenn wir die biblischen Texte vom Schutt der Zeit reinigen, von mythologischem Ballast befreien und aus allen zeitbedingten Vorstellungen herauslösen.

DAS OSTER- UND PFINGSTGESCHEHEN: DIE GEBURT EINER NEUEN RELIGION AUS DEM UNTERGANG
    Auch wenn man das Neue Testament gründlich entrümpelt und mit aufgeklärt-kritischem Blick liest, bleiben erstaunliche Tatsachen übrig, die einen geradezu wundersam anmuten. Zum Beispiel die Tatsache des Osterglaubens. Denn eigentlich musste Jesus, als er tot am Kreuz hing, als Gescheiterter betrachtet werden.
    Sollte bis dato noch irgendjemand Messiashoffnungen an ihn geknüpft haben, so hätten diese Hoffnungen spätestens nach seinem Tod erlöschen müssen. So schändlich kann man nicht sterben, wenn man der Erlöser ist. Wenn Jesus der vom Alten Testament prophezeite Messias gewesen wäre, dann hätte er im letzten Moment vor seinem Tod vom Kreuz herabsteigen, himmlische Heerscharen zu sich rufen und mit diesen die Römer aus dem Land jagen müssen. Hat er nicht getan. Starb einen jämmerlichen Kreuzestod. Wurde hingerichtet wie ein ganz gewöhnlicher Verbrecher.
    Die Jünger ahnten es. Schon bei seiner Gefangennahme verzogen sie sich. Nur einer schlich heimlich hinter dem Soldatentrupp her, der Jesus abführte und vor den Hohen Rat brachte: Petrus. Er folgte ihm bis in den Vorhof des Gebäudes, in dem Jesus vernommen und verurteilt wurde. Warum ging Petrus nicht hinein, um als Zeuge für Jesus auszusagen?
    Weil er Angst hatte. In jenem Vorhof wird er von einer Magd erkannt als einer, der zu diesem Jesus gehört, gegen den gerade Anklage erhoben wird. Petrus aber streitet es ab. Die Magd beharrt darauf, ihn zu erkennen, macht die Umstehenden auf ihn aufmerksam, und auch sie sagen: Ja, den kennen wir, der gehört zu dieser Jesustruppe. Dreimal streitet Petrus ab, etwas mit dem Angeklagten zu tun zu haben.

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