Das Comeback
schmeckte.
»Harry«, sagte Eleanor nach einer Weile, »wer sind die FBI-Agenten, die diese Operation durchführen?«
»Sie kommen von überall her: Chicago, Vegas, L. A.«
»Wer ist aus L. A.?«
»Ein Typ namens John O’Grady. Kennst du ihn?«
Es war schon fünf Jahre her, seit sie im L. A.-Büro des FBIs gearbeitet hatte. Agenten wurden ständig versetzt. Er bezweifelte, daß sie O’Grady kennen würde. Er hatte recht, sie kannte ihn nicht.
»Wie ist es mit John Samuels. Er ist der U. S.-Staatsanwalt. Von der Sonderkommission für organisiertes Verbrechen.«
»Samuels kenne oder kannte ich. Er war eine Zeitlang Agent. Kein sehr guter. Er hatte sein Jura-Diplom, und als er merkte, daß er kein guter Fahnder war, entschied er sich Staatsanwalt zu werden.«
Sie lachte plötzlich auf und schüttelte den Kopf.
»Was?«
»Nichts. Ich erinnere mich nur an etwas, was über ihn gesagt wurde. Es ist nicht gerade appetitanregend.«
»Was?«
»Hat er immer noch seinen Schnurrbart?«
»Ja.«
»Man sagte von ihm, daß er wie kein anderer einen Fall stichhaltig für die Anklageschrift zusammenfassen konnte, aber daß er als Fahnder auf der Straße nicht mal Scheißdreck finden würde, selbst wenn er in seinem Schnurrbart klebte.«
Sie lachte wieder – ein bißchen zu laut, dachte Bosch. Er lächelte über den Witz.
»Vielleicht ist er deshalb Staatsanwalt geworden«, fügte sie hinzu.
Bosch zog sich in seine Gedanken zurück. Schließlich hörte er Eleanors Stimme.
» Was? «
»Du warst auf einmal geistesabwesend. Ich hab dich nach deiner Meinung gefragt. Ich fand den Witz nicht so schlecht.«
»Nein. Ich habe nur gerade gedacht, wie ausweglos meine Lage ist. Daß es gar nicht darauf ankommt, ob Samuels glaubt, daß ich schmutzig bin oder nicht. Seine Interessen diktieren ihm, daß ich schmutzig sein muß.«
» Wieso? «
»Sie müssen Anklage erheben gegen Joey Marks und seine Organisation. Dafür brauchen sie ihren verdeckten Ermittler. Also müssen sie erklären können, wie eine Mordwaffe in sein Haus gelangt ist. Wenn sie es nicht erklären können, werden Joeys Anwälte ihnen damit den Mund stopfen. Sie werden es so aussehen lassen, als sei der FBI-Agent unglaubwürdig und schlimmer als die Leute, gegen die er ermittelt hat. Die Waffe garantiert dann fast einen Freispruch. Am besten ist, wenn sie die Waffe dem LAPD, das heißt mir, in die Schuhe schieben können – einem korrupten Angehörigen der korrupten Polizei von Los Angeles, der die Waffe im Gestrüpp gefunden und dann im Haus des Tatverdächtigen versteckt hat. Die Geschworenen werden die Story glauben. Sie werden mich für einen neuen Mark Fuhrman halten.«
Er sah, daß sie nicht mehr in der Stimmung für Witze war. Sie war offensichtlich besorgt, aber er glaubte auch zu sehen, daß sie traurig war. Vielleicht verstand sie, wie ausweglos seine Lage war.
»Die Alternative ist zu beweisen, daß Joey Marks oder einer seiner Leute die Waffe bei Goshen versteckte, weil sie wußten, daß er FBI-Agent war, und ihn diskreditieren wollten. Obwohl es wahrscheinlich so abgelaufen ist, ist es schwieriger zu beweisen. Für Samuels ist es leichter, mich mit Dreck zu beschmeißen.«
Er schaute auf seinen noch halb vollen Teller und legte Messer und Gabel darauf. Er hatte keinen Appetit mehr. Er nahm einen großen Schluck aus dem Weinglas und behielt es gleich in der Hand für den nächsten Schluck.
»Ich glaube, ich stecke tief in der Scheiße, Eleanor.«
Der Ernst seiner Lage lastete auf einmal schwer auf ihm. Er war davon ausgegangen, daß am Ende die Wahrheit siegen würde, und mußte jetzt einsehen, wie wenig Wahrheit mit dem Ausgang zu tun haben würde. Er schaute wieder zu ihr auf. Ihre Blicke trafen sich, und er sah, daß sie fast weinte. Er versuchte zu lächeln.
»Hey, mir wird schon was einfallen«, sagte er. »Auch wenn ich im Moment an den Schreibtisch gekettet bin, gebe ich noch lange nicht den Löffel ab. Ich werde eine Lösung finden.«
Sie nickte, aber sie machte immer noch einen niedergeschlagenen Eindruck.
»Harry, erinnerst du dich an den ersten Abend, als du mich im Casino gefunden hast und wir zur Bar im Caesar’s gegangen sind? Du sagtest, du würdest alles anders machen, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest?«
»Ja, ich erinnere mich.«
Sie wischte ihre Augen mit den Handflächen aus, bevor man irgendwelche Tränen sehen konnte.
»Ich muß dir etwas sagen.«
»Du kannst mir alles sagen, Eleanor.«
»Ich hab dir
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