Das Comeback
eingeschlafen war, wachte er vor Sonnenaufgang in seinen Kleidern auf. Er spürte das Verlangen, aus dem Haus zu gehen und etwas zu tun. Er war immer der Ansicht gewesen, daß man in einem Fall weiterkam, indem man am Ball blieb und hart arbeitete. Er entschloß sich, die Stelle zu finden, wo Alisos Rolls von seinen Mördern abgefangen worden war.
Er war aus verschiedenen Gründen zu dem Schluß gekommen, daß die Entführung auf dem Mulholland Drive in der Nähe von Hidden Highlands stattgefunden hatte. Erstens ging die Forststraße zur Lichtung vom Mulholland Drive ab. Falls die Entführung näher beim Flughafen stattgefunden hätte, wäre der Wagen wahrscheinlich irgendwo dort stehengelassen worden und nicht fünfzehn Meilen weiter. Und zweitens konnte die Entführung viel leichter und unauffälliger in der Dunkelheit des Mulholland Drives durchgeführt werden. Auf dem Flughafen und um ihn herum gab es zuviel Verkehr und zu viele Menschen, die ein Risiko dargestellt hätten.
Die nächste Frage war, ob die Täter Aliso vom Flughafen gefolgt waren oder ob sie einfach auf ihn an einem Punkt des Mulholland Drives gewartet hatten. Bosch hielt letzteres für wahrscheinlicher. Es waren höchstens zwei Täter gewesen, was eine Verfolgung mit einem Wagen zu unsicher machte. Besonders in Los Angeles, wo jeder Rolls-Royce-Besitzer sich der Gefahr eines Auto-Hijackings bewußt war. Sie hatten wahrscheinlich auf dem Mulholland Drive gewartet und ihm irgendwie eine Falle gestellt – oder etwas inszeniert, was Aliso stoppen ließ, obwohl er $480.000 im Attachékoffer hatte. Und Bosch schätzte, daß Aliso nur angehalten hätte, wenn er seine Frau gesehen hätte. In seiner Vorstellung sah Bosch, wie die Scheinwerfer des Rolls um eine Kurve kamen und auf Veronica Aliso fielen, die verzweifelt winkte. So eine Szene würde Tony veranlaßt haben zu stoppen.
Der Hinterhalt mußte sich an einer Stelle des Mulholland Drives befinden, von dem die Täter wußten, daß Tony dort vorbeikommen mußte. Es gab nur zwei logische Routen vom Flughafen zu Hidden Highlands. Die eine führte über den Freeway 405 nach Norden bis zur Mulholland-Abfahrt. Die andere ging über La Cienega Boulevard zum Laurel Canyon Boulevard, und von dort hinauf zum Mulholland Drive.
Die zwei Anfahrtswege hatten nur eine Strecke von einer Meile auf dem Mulholland Drive gemeinsam. Und da die Täter nicht wissen konnten, welche Route Aliso nehmen würde, lag es auf der Hand, daß das Anhalten des Wagens und die Entführung auf diesem Teilstück hatte passieren müssen. Nachdem er die Stelle erreicht hatte, fuhr Bosch fast eine Stunde lang auf diesem Abschnitt hin und her. Schließlich entschied er sich für eine Stelle, die er ausgesucht hätte. Sie befand sich an einer Haarnadelkurve, eine halbe Meile von Hidden Highlands’ Eingangstor, in einer Gegend mit wenigen Häusern, die sich alle auf der Südseite an einem Hang hoch über der Straße befanden. Auf der Nordseite fiel das unbebaute Land steil zu einem ausgetrockneten Bachbett hinab, wo Eukalyptus- und Akazienbäume dicht nebeneinander standen. Es war die perfekte Stelle. Abgelegen und außer Sicht.
Wieder stellte sich Bosch vor, wie Tony Aliso um die Kurve kam und das Scheinwerferlicht auf seine Frau fiel. Aliso hielt verwirrt an. Was macht sie hier? Er steigt aus, und von der Nordseite der Straße erscheint ihr Komplize. Sie sprüht ihrem Mann das Spray ins Gesicht, der Komplize läßt den Kofferraum des Rolls aufklappen. Aliso reibt sich mit den Händen die Augen aus, er wird hineingeworfen, und seine Hände werden ihm auf dem Rücken gefesselt. Das einzige, was sie befürchten mußten, war ein Auto, das um die Kurve käme und sie in seinem Licht fangen würde. Das Ganze konnte nicht länger als fünfzehn Sekunden gedauert haben. Deswegen wurde das Spray benutzt. Nicht weil es eine Frau war, sondern weil es so schneller ging. Bosch fuhr an den Rand, stieg aus und schaute sich um. Die Stelle schien ideal zu sein. Es war totenstill hier. Er beschloß, nachts zurückzukommen, um die Stelle in der Dunkelheit zu sehen.
Er überquerte die Straße und schaute in das ausgetrocknete Bachbett hinunter, wo der Komplize gewartet hätte. Er suchte eine Stelle, wo sich ein Mann geduckt hätte verstecken können. Als er einen Trampelpfad entdeckte, der in das Wäldchen führte, stieg er hinunter und folgte ihm nach Schuhabdrücken suchend. Es gab viele Spuren, und er hockte sich hin, um sie zu untersuchen. Der Boden
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