Das Comeback
Pfefferspray in der Handtasche hat. Nicht Tränengas sondern Pfefferspray.«
»Okay.«
Der Feierabendverkehr vorm Wochenende war fürchterlich, und Bosch brauchte fast eine Stunde um von Downtown nach Hollywood zu kommen. Als er das Cat&Fiddle auf dem Sunset Boulevard erreichte, war es nach sechs, und Edgar und Rider saßen schon an einem Tisch im Garten beim Bier. Sie waren nicht allein. Bei ihnen saß Grace Billets.
Das Cat&Fiddle war ein Stammlokal für die Cops von Hollywood, weil es nur ein paar Blocks vom Revier entfernt war. Bosch wußte nicht, ob Billets zufällig da war oder weil sie von ihrer Schwarzarbeit gehört hatte.
»Hallo, hallo«, sagte Bosch und setzte sich.
Auf dem Tisch stand ein leeres Glas, und Bosch füllte es aus dem großen Ausschenkkrug. Dann hielt er es hoch und brachte einen Trinkspruch auf das Ende der Arbeitswoche.
»Harry«, sagte Rider, »der Lieutenant weiß Bescheid. Sie ist hier, um zu helfen.«
Bosch nickte und wandte seinen Blick langsam Billets zu.
»Ich bin enttäuscht, daß du nicht zuerst zu mir gekommen bist«, sagte sie. »Aber ich kann dich verstehen. Ich weiß, daß das FBI die Sache zu den Akten legen wird, um seine Operation nicht zu ruinieren. Aber ein Mann wurde ermordet. Ich sehe nicht ein, warum wir nicht den Mörder suchen sollten, wenn sie es nicht tun.«
Bosch nickte. Er war sprachlos. Seine Vorgesetzten waren bisher immer Paragraphenreiter gewesen. Billets war total anders.
»Natürlich«, sagte sie, »müssen wir vorsichtig sein. Wenn wir Mist bauen, haben wir nicht nur das FBI am Hals.«
Die unausgesprochene Warnung war, daß sie ihr berufliches Fortkommen riskierten.
»Meine Laufbahn ist sowieso im Eimer«, sagte Bosch. »Falls etwas schief geht, könnt ihr mir alles anhängen.«
»Quatsch«, sagte Rider.
»Nein, das ist die Wahrheit. Ihr werdet alle aufsteigen. Ich sitze hier in Hollywood fest, das wißt ihr alle. Falls die Sache platzt, nehme ich die Schuld auf mich. Falls ihr nicht zustimmt, will ich euch nicht dabei haben.«
Sie schwiegen einen Moment und nickten dann einer nach dem anderen.
»Okay«, sagte er, »ihr habt dem Lieutenant gesagt, was ihr getan habt, aber ich würde es auch gern hören.«
»Wir haben ein paar Sachen herausgefunden, aber nicht viel«, sagte Rider. »Jerry ist raufgefahren, um mit Nash zu sprechen, während ich am Computer gearbeitet und mit einem Freund bei der Times gesprochen habe. Zuerst habe ich Tony Alisos Kreditreport von einer Finanzinfo-Firma angefordert und so Veronicas Sozialversicherungsnummer erhalten. Die Nummer hab ich dann in die Datenbank der Rentenversicherungsanstalt eingegeben, um zu sehen, wo und wann sie gearbeitet hat. Es stellte sich heraus, daß sie nicht Veronica heißt. Ihr Mädchenname ist Jennifer Gilroy, und sie wurde vor einundvierzig Jahren in Las Vegas geboren. Kein Wunder, daß sie die Stadt haßt. Sie ist dort aufgewachsen.«
»Irgendwas über Berufstätigkeit?«
»Nichts, bis sie hierher kam und für TNA Productions arbeitete.«
»Was noch?«
Bevor sie antworten konnte, gab es auf einmal lauten Lärm an der Glastür zu den Innenräumen. Die Tür öffnete sich und ein beleibter Mann in einer Barkeeper-Jacke schob einen kleineren Mann vor sich hinaus, dessen Kleidung in Unordnung geraten war. Er war betrunken und schrie, daß man ihn nicht respektiere. Der Barkeeper nahm ihn beim Kragen, führte ihn zum Gartentor und stieß ihn hinaus. Sowie der Barkeeper sich umdrehte, um zurück zur Bar zu gehen, machte der Betrunkene kehrt und kam wieder herein. Der Barkeeper drehte sich noch mal um und stieß ihn so hart, daß er rückwärts auf seinen Hosenboden fiel. Jetzt fühlte er sich blamiert und drohte zurückzukommen und sich den Barkeeper vorzunehmen. Ein paar Leute an den Gartentischen kicherten. Der Betrunkene stand auf und wankte hinaus auf die Straße.
»Die fangen früh an hier«, sagte Billets. »Erzähl weiter, Kiz.«
»Nun, ich hab danach ihren Namen in die NCIC-Datenbank eingegeben. Jennifer Gilroy wurde zweimal in Las Vegas wegen Prostitution verhaftet. Das war vor mehr als zwanzig Jahren. Ich hab dort angerufen und Fotos und Akten von ihr angefordert. Es ist alles auf Mikrofiche, und sie müssen es erst ausgraben. Wir werden also nichts vor nächster Woche haben. Wahrscheinlich ist es sowieso nicht viel. Laut Computer ging es nie vor Gericht. Sie ist beide Male mit einer Geldbuße davongekommen.«
Bosch nickte. Es hörte sich nach einem Routinefall an, der
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