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Das Comeback

Das Comeback

Titel: Das Comeback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Aktenberg für Montag liegen lassen. Ohne nachzudenken machte Bosch den Stapel Fotos los und begann sie durchzusehen. Das Mädchen war brutal mißhandelt worden, und die Blutergüsse auf ihrem Körper, die Cantus Kamera festgehalten hatte, waren ein deprimierender Beweis, daß in dieser Stadt vieles im argen lag. Bosch hatte es immer leichter gefunden, mit Opfern umzugehen, die nicht mehr lebten. Lebende Opfer verfolgten ihn in seinen Träumen, weil sie nie getröstet werden konnten. Nicht vollständig. Sie würden sich immer fragen, warum.
    Manchmal stellte sich Bosch seine Stadt als riesigen Abfluß vor, der allen Dreck auf einem Punkt zusammenfließen ließ, wo er als dicke Suppe herumwirbelte. Es war ein Ort, wo es oft schien, daß es mehr schlechte als gute Menschen gab. Perverse Ekel und miese Betrüger, Vergewaltiger und Mörder. Ein Ort, der sehr leicht Menschen wie Powers hervorbringen konnte. Zu leicht.
    Bosch steckte die Fotos wieder unter die Büroklammer – verlegen, sich am Leid des Mädchens ergötzt zu haben. Er ging zum Mord-Tisch zurück und wählte seine Privatnummer. Es war schon fast vierundzwanzig Stunden her, seitdem er zu Hause gewesen war, und er hoffte, daß Eleanor Wish abnehmen würde – er hatte den Schlüssel unter der Matte gelassen – oder daß sie eine Nachricht hinterlassen hatte. Nach dem dritten Läuten schaltete sich der Anrufbeantworter an, und er hörte seine eigene Stimme, die bat eine Nachricht zu hinterlassen. Er gab seinen Code ein, und die Maschine teilte ihm mit, daß er keine Nachrichten habe.
    Er stand einen langen Augenblick da und dachte an Eleanor den Hörer noch am Ohr, als er plötzlich eine Stimme hörte.
    »Harry, bist du das?«
    »Eleanor?«
    »Ich bin hier, Harry.«
    »Warum hast du nicht abgenommen?«
    »Ich dachte nicht, es sei für mich.«
    »Wann bist du zurückgekommen?«
    »Gestern abend. Ich hab auf dich gewartet. Vielen Dank, daß du den Schlüssel unter die Matte gelegt hast.«
    »Gern, geschehen … Eleanor, wo warst du?«
    Es entstand eine kurze Pause, bevor sie antwortete.
    »Ich bin zurück nach Vegas. Ich mußte meinen Wagen abholen, mein Konto auflösen undsoweiter. Wo warst du die ganze Nacht?«
    »Arbeiten. Wir haben einen neuen Verdächtigen. Wir haben ihn hier auf dem Revier. Bist du bei deinem Apartment vorbei?«
    »Nein. Es gab keinen Grund dazu. Ich habe erledigt, was zu erledigen war, und bin dann zurückgefahren.«
    »Tut mir leid, falls ich dich aufgeweckt habe.«
    »Das ist okay. Ich habe mir Sorgen gemacht, wo du warst. Aber ich wollte nicht auf dem Revier anrufen, falls du gerade mitten in der Arbeit stecken solltest.«
    Bosch wollte sie fragen, wie es mit ihnen weitergehen würde, aber er war so glücklich, daß sie in seinem Haus war, daß er den Moment nicht zerstören wollte.
    »Ich weiß nicht, wie lange ich hier noch festsitzen werde«, sagte er.
    Bosch hörte, wie sich die schweren Türen zum hinteren Korridor des Reviers öffneten und wieder zuschlugen. Schritte näherten sich dem Büro.
    »Mußt du Schluß machen?« fragte Eleanor.
    »Hm …«
    Edgar und Rider kamen herein. Rider trug eine braune Papiertüte für Beweismittel, die etwas Schweres zu enthalten schien. Edgar hatte einen geschlossen Karton unter dem Arm, auf dem jemand mit Filzstift Weihnachten geschrieben hatte. Ein breites Lächeln lag auf seinem Gesicht.
    »Ja«, sagte Bosch, »Ich mach besser Schluß.«
    »Okay, Harry, bis später.«
    »Wirst du da sein?«
    »Ich werde da sein.«
    »Okay, Eleanor, ich komm so bald wie möglich.«
    Er legte auf und schaute seine beiden Partner an. Edgar lächelte immer noch.
    »Wir haben dein Weihnachtsgeschenk hier, Harry«, sagte Edgar. »Wir haben Powers im Karton.«
    »Ihr habt die Schuhe?«
    »Nein, nicht die Schuhe. Viel besser.«
    »Zeig’s mir.«
    Edgar hob den Deckel des Kartons und nahm einen braunen Umschlag weg, der obenauf lag. Dann neigte er den Karton etwas, damit Bosch hineinsehen konnte. Bosch pfiff.
    »Frohe Weihnachten«, sagte Edgar.
    »Hast du es gezählt?« fragte Bosch, immer noch auf die Geldscheine starrend, die mit Gummibändern gebündelt waren.
    »Auf jedem Bündel steht eine Zahl«, sagte Rider. »Wenn du alles zusammenzählst, ergibt es vierhundertachtzigtausend. Es sieht aus, als wäre es das ganze Geld.«
    »Kein schlechtes Geschenk, nicht wahr?« sagte Edgar aufgekratzt.
    »Nein. Wo war es?«
    »Im Speicher, unter der Dachschräge«, sagte Edgar. »Eine der letzten Stellen, wo wir

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