Das Comeback
verlagerte. Er hatte es hervorragend eingefädelt. Er fühlte, daß etwas ins Rollen kam.
»Natürlich weißt du davon, Powers. Und du kennst sie ziemlich gut. Sie hat uns alles erzählt. Sie ist jetzt im anderen Raum. Es stellte sich heraus, daß sie schwächer war, als ich dachte. Ich hatte auf dich gesetzt. Du kennst das Sprichwort: je größer sie sind, desto härter fallen sie. Ich dachte, du würdest zuerst reden. Aber Edgar und Rider haben sie vor ein paar Minuten gebrochen. Wahnsinnig, wie Tatortfotos das Gewissen belasten können. Sie hat uns alles erzählt, Powers. Alles.«
»Du steckst voll Scheiße, Bosch, und es wird allmählich ziemlich alt. Wo ist das Telefon?«
»Sie hat uns erzählt, daß du …«
»Ich will es nicht hören.«
»Du hast sie getroffen, als du die Einbruchsmeldung aufgenommen hast. Eine Sache führte zur anderen, und nach kurzer Zeit hattet ihr zwei eine nette kleine Affäre. Eine Affäre, die man nicht so leicht vergißt. Allerdings kam sie zur Vernunft und machte Schluß. Sie liebte ihren alten Tony immer noch. Er verreiste oft, machte Seitensprünge, aber sie war daran gewöhnt. Sie brauchte ihn, also hat sie dir den Laufpaß gegeben. Das Problem war nur – sagte sie –, du konntest es nicht akzeptieren. Du hast sie nicht in Ruhe gelassen, hast sie angerufen und bist ihr gefolgt, wenn sie Hidden Highlands verlassen hat. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Ich meine, was konnte sie tun? Sich an Tony wenden und ihm sagen, dieser Typ, mit dem sie ein Verhältnis hatte, folgt ihr ständig? Sie …«
»Das ist eine irre Lügengeschichte, Bosch. Es ist ein Witz.«
»Dann hast du begonnen, Tony zu beschatten. Er war dir im Weg. Also hast du deine Hausaufgaben gemacht. Du bist ihm nach Vegas gefolgt und hast ihn in flagranti ertappt. Du wußtest, in welche Geschäfte er verstrickt war und wie du ihn umbringen konntest, damit wir der falschen Fährte nachgehen würden. ›Musiktruhe‹ ist der Mafia-Ausdruck dafür. Das Problem ist nur, du hast dich verspielt, Powers. Wir sind dir auf die Schliche gekommen. Und mit ihrer Hilfe werden wir dich überführen.«
Powers schaute auf den Tisch. Um die Augen und am Unterkiefer war die Haut angespannt.
»Das ist alles erstunken und erlogen«, sagte er, ohne aufzusehen. »Ich habe keine Lust mehr, dir und deinen Märchen zuzuhören. Sie ist nicht im anderen Raum. Das ist ein uralter Trick. Sie sitzt oben auf dem Hügel in der großen Villa.«
Powers schaute auf und verzog sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln.
»Willst du etwa einen Cop mit so was reinlegen? Ich kann’s nicht glauben. Das ist echt schwach. Du bist schwach. Ist dir das nicht selbst peinlich?«
Bosch griff nach dem Kassettenrecorder und drückte auf die Abspieltaste. Veronica Alisos Stimme füllte den kleinen Raum.
»Er war es. Er ist verrückt. Ich konnte ihn nicht aufhalten, bevor es zu spät war. Dann konnte ich es niemandem sagen, weil es … Es hätte ausgesehen, als wäre ich …«
Bosch stellte es ab.
»Das reicht«, sagte er. »Eigentlich dürfte ich dir noch nicht mal das vorspielen. Aber ich dachte mir, als Kollege sollte ich dich wissen lassen, wie deine Lage aussieht.«
Bosch beobachtete, wie Powers allmählich zu kochen begann. Die Wut begann sich hinter seinen Augen aufzustauen. Er schien keinen einzigen Muskel zu bewegen, wurde aber schlagartig steif wie ein Brett. Schließlich schaffte er es, nicht zu explodieren und sich zu fassen.
»Du hast nur ihre Aussage«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Es gibt keine Beweise dafür. Es ist ein Märchen, Bosch. Ihre Aussage gegen meine.«
»So könnte es sein. Allerdings haben wir das.«
Bosch öffnete den Aktendeckel und warf den Stapel Fotos vor Powers auf den Tisch. Er breitete sie sorgfältig auf dem Tisch aus, damit Powers sie sehen und erkennen konnte.
»Das belegt einen Großteil ihrer Geschichte, nicht wahr?«
Bosch beobachtete, wie Powers die Fotos studierte. Wieder schien Powers von seiner innerlichen Wut überwältigt zu werden, und wieder faßte er sich.
»Das beweist einen Dreck«, sagte er. »Sie hätte sie selbst machen können. Jeder hätte sie machen können. Nur weil sie euch Fotos gegeben hat … Ihr glaubt alles, was sie sagt. Ihr freßt ihr wohl aus der Hand?«
»Könnte sein … nur, sie hat uns nicht die Fotos gegeben.«
Bosch griff wieder in die Akte, zog eine Kopie des Durchsuchungsbefehl heraus und legte sie auf die Fotos.
»Vor fünf Stunden haben wir das an Richter Warren
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