Das Comeback
alle mit einem Radiopedal ausgerüstet und einem Mikrofon oben an der Sonnenblende. Der Fahrer mußte nur auf das Pedal treten und sprechen. Damit wurde vermieden, daß er ein Mikrofon an den Mund führen mußte und eventuell als Gesetzeshüter identifiziert wurde. Bosch hatte gehört, daß endlich auch das LAPD diese Ausrüstung anschaffte. Jedoch bekamen Drogenfahnder und Überwachungsteams sie als erste.
»Lindell«, sagte er, »hast du mal über Funk sprechen wollen und aus Versehen auf die Bremse getreten?«
»Noch nicht, Bosch. Warum?«
»Ich bin nur neugierig, wie so was Hochtechnisches funktioniert.«
»Nur so gut wie die Leute, die damit umgehen.«
Bosch gähnte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Sie waren in der Nacht nach Las Vegas gefahren und hatten die übrige Zeit damit verbracht, die Überwachung der Bank zu planen.
»Was denkst du, Bosch?« fragte Lindell. »Kommen sie früh oder später?«
»Heute morgen. Sie wollen an ihr Geld. Sie wollen nicht warten.«
»Ja, vielleicht.«
»Du glaubst, sie kommen später?«
»Ich würde es später tun. Für den Fall, daß jemand die Bank beobachtet und wartet – FBI, LAPD oder Powers. Die Leute würden in der Sonne braten. Verstehst du, was ich meine.«
»Ja. Wenn wir hier den ganzen Tag sitzen, sind wir nicht mehr so auf Draht, wenn es dann endlich passiert.«
Bosch schwieg danach längere Zeit. Vom Rücksitz aus betrachtete er Lindell. Er stellte fest, daß der Agent sich die Haare hatte schneiden lassen. Man konnte nicht mehr erkennen, wo ihm Bosch den Zopf abgeschnitten hatte.
»Glaubst du, du wirst es vermissen?« fragte Bosch.
»Was vermissen?«
»Nicht mehr in Joeys Organisation zu sein – das Gangsterleben.«
»Nein, es wurde allmählich uninteressant. Ich bin froh, wieder wie ein biederer Bürger zu leben.«
»Nicht mal die Mädchen?«
Bosch sah im Rückspiegel, wie Lindells Augen schnell zu Baker hinüberblickten und ihn dann im Spiegel anschauten – ihm damit andeutend, das Thema fallen zu lassen.
»Was hältst du jetzt vom Parkplatz, Don?« fragte Lindell und wechselte das Thema.
Baker schaute den Parkplatz an. Er begann sich langsam zu füllen. Am anderen Ende des Einkaufszentrums war eine Bagel-Bäckerei, die im Moment den meisten Kundenverkehr anzog.
»Ich glaube, wir können rauffahren und beim Bagel-Laden parken«, sagte Baker. »Es gibt jetzt genug Deckung.«
»Okay«, sagte Lindell. Er hob seinen Kopf etwas nach oben zum Mikrofon. »Äh, La Fuentes, hier Roy Rogers. Wir rücken jetzt näher ran. Wir melden uns wieder vom Bagel-Laden. Das wird auf eurer Rückseite sein, glaube ich.«
»Verstanden«, kam die Antwort. »Du hast dich schon immer für meinen Hintern interessiert, nicht wahr, Roger?«
»Witzbold«, sagte Lindell.
Während sie von ihrer neuen Position die Bank beobachteten, verging eine Stunde, und nichts passierte. Lindell konnte näher heranfahren und parkte vor der Schule für Kartengeber, einen halben Block von der Bank. Es war Schultag, und mehrere zukünftige Dealer kamen und parkten ihre Wagen. Es gab ihnen gute Deckung.
»Ich weiß nicht, Bosch«, sagte Lindell, nachdem sie lange geschwiegen hatten. »Glaubst du, sie kommen, oder nicht?«
»Ich habe nie behauptet, daß es mehr als Instinkt ist. Aber ich glaube, es paßt alles zusammen. Es paßt jetzt sogar noch besser zusammen. Letzte Woche habe ich in Alisos Zimmer im Mirage ein Streichholzheftchen vom La Fuentes gefunden. Ob sie auftauchen oder nicht, ich würde sagen, daß Tony ein Schließfach in dieser Bank hat.«
»Nun, ich überlege mir, ob ich Don reinschicken soll, damit er nachfragt. Wir könnten das hier abbrechen und nicht noch mehr Zeit verschwenden, wenn er kein Schließfach dort hatte.«
»Es ist deine Entscheidung.«
»Gut, daß du das einsiehst.«
Ein paar Minuten gespannten Schweigens vergingen.
»Was ist mit Powers?« fragte Lindell.
»Was soll mit ihm sein?«
»Ich seh ihn auch nicht hier, Bosch. Heute morgen hast du große Töne gespuckt, daß er herkommen würde, um sie zu finden und zu durchlöchern. Also wo ist er?«
»Ich weiß nicht, Lindell. Aber wenn wir schlau genug sind darauf zu kommen, dann ist er es auch. Es würde mich nicht überraschen, wenn er die ganze Zeit schon von dem Schließfach wußte und es bei unserem kleinen Gespräch ausließ. Er hat schließlich Tony beschattet.«
»Das würde mich auch nicht überraschen. Aber es wäre trotzdem dumm von ihm
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