Das Comeback
Unterlagen herauszuholen.
»Nach Produktionsende macht Tony vielleicht ein paar Tausend Kopien von dem Streifen und verkauft sie an unabhängige Video-Shops und Vertriebsfirmen, weil die Ketten solchen Mist nicht kaufen würden – Ende der Geschichte. Während der ganzen Zeit hat er Mr. X achtzig Prozent seines Geldes über die Zahlungen an die Briefkastenfirmen zurückgegeben. Es ist ein Taschenspielertrick. Wer hinter diesen Firmen steckt, bekommt sein eigenes Geld für nicht geleistete Dienstleistungen. Aber jetzt ist das Geld legitim und sauber. Er kann zu jeder Bank in Amerika gehen, es auf ein Konto einzahlen, es versteuern und ausgeben. Und Tony Aliso behält seinen Produktionsanteil ein und dreht den nächsten Streifen. Es sieht aus, als hätte er zwei bis drei Filme pro Jahr gemacht und eine halbe Million Profit für die eigene Tasche erwirtschaftet.«
Sie schwiegen alle, bis Rider weitersprach.
»Es gibt allerdings ein Problem dabei«, sagte Rider.
»Das Finanzamt ist hinter ihm her«, sagte Bosch.
»Riiiiichtig«, antwortete sie, und er konnte sich ihr Lächeln vorstellen. »Der Schwindel hat sich gelohnt, aber die Sache war kurz vorm Platzen. Das Finanzamt wollte sich Alisos Bücher Ende des Monats ansehen, und wenn ich nur einen Tag brauchte, würde ein Finanzbeamter es in einer Stunde entdecken.«
»Tony wurde also zu einem Risiko für Mr. X«, sagte Edgar.
»Besonders wenn er mit den Behörden kooperiert hätte«, fügte Rider hinzu.
Jemand am anderen Ende der Leitung pfiff, aber Bosch konnte nicht erkennen, wer. Wahrscheinlich Edgar.
»Also, was steht als Nächstes an? Mr. X. finden?« fragte Bosch.
»Im Moment arbeite ich an einer Anfrage an das staatliche Firmenregister«, antwortete Rider, »die ich morgen früh faxen will. Sie haben alle Briefkastenfirmen erfaßt. Vielleicht war Mr. X so dumm, daß er einen richtigen Namen oder eine korrekte Adresse auf das Registrierungsformular geschrieben hat. Ich arbeite außerdem an einem Durchsuchungsbefehl. Wir haben die eingelösten Schecks von Tonys Firma. Ich möchte die Auszüge der Konten einsehen, auf die sie eingezahlt wurden. Vielleicht kann ich herausfinden, wohin das Geld geflossen ist, nachdem Tony es gewaschen hat.«
»Was ist mit dem Finanzamt?« fragte Tony. »Hast du das mit ihnen besprochen?«
»Es ist wegen des Feiertags geschlossen. Aber Alisos Vorladung trägt eine Nummer, deren Anfangszahlen codieren, daß eventuell etwas Kriminelles vorliegt. Ich glaube daher, daß es mehr als eine Routineüberprüfung ist. Irgendwie haben sie etwas erfahren. Ich werde morgen früh den zuständigen Beamten anrufen.«
»Wißt ihr was«, sagte Edgar, »OKs Desinteresse beginnt allmählich verdächtig zu stinken. Ob Tony was mit den Makkaronis zu tun hatte oder nicht, diese Scheiße ist organisierte Kriminalität. Organisierter geht es nicht. Und ich wette meinen letzten Knopf, daß sie von unserem Freund gehört haben – vom Finanzamt oder von jemand anders.«
»Ich glaube, du hast recht«, sagte Billets.
»Ich habe noch etwas vergessen«, warf Bosch ein. »Ich habe heute mit Donovan gesprochen. Der Typ von OK, mit dem ich telefoniert habe – er heißt Carbone –, kam heute angeblich zufällig vorbei und begann Donovan auszufragen.
Donovan sagte, Carbone tat, als hätte er kein Interesse an dem Fall. Er verhielt sich jedoch verdammt interessiert. Begreift ihr?«
Lange Zeit sagte niemand etwas.
»Also, was tun wir?« fragte Edgar.
Bosch schloß die Augen wieder und wartete. Von Billets Entscheidung hing der Verlauf der weiteren Fahndung sowie sein Respekt ab. Er wußte, was ihr Vorgänger getan hätte. Er hätte den Fall bei der Abteilung für organisierte Kriminalität abgeladen.
»Wir tun nichts«, sagte Billets schließlich. »Es ist unser Fall, wir führen die Ermittlungen. Wenn die OK-Typen herumschnüffeln, nachdem sie gepaßt haben, dann steckt etwas dahinter, von dem wir noch nichts wissen.«
Es trat wieder Schweigen ein, und Bosch öffnete die Augen. Billets gefiel ihm immer besser.
»Okay«, sagte Billets. »Ich denke, wir sollten uns auf Tonys Firma konzentrieren. Von nun an richten wir unser Augenmerk darauf. Wie schnell kannst du die Ermittlungen in Vegas abschließen und zurückkommen, Harry?«
»Falls ich nicht etwas finde, müßte ich spätestens morgen mittag hier fertig sein. Wir sollten aber nicht vergessen, daß Tony laut Mrs. Aliso gesagt hat, daß er sich in Las Vegas mit Investoren traf. Vielleicht befindet
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