Das Comeback
werden dich nicht mitnehmen. Zieh dich auch an, Harm.«
Alle Männer außer Goshen sahen instinktiv die Frau an, die er Harm genannt hatte. Sie sah aus, als wöge sie nicht mehr als achtzig Pfund. Sie hatte seidiges blondes Haar, Brüste, die kaum Mokkatassen ausfüllen würden, und einen goldenen Ring, der durch eine ihrer Schamlippen ging. Sie war dermaßen verängstigt, daß ihr Gesicht jegliche Schönheit verloren hatte.
»Harmony«, flüsterte sie, ihr Dilemma verstehend.
»Okay, zieh dich an, Harmony«, sagte Felton. »Du auch. Dreht euch zur Wand und zieht euch an.«
»Laß sie ihre Klamotten nehmen und dann raus mit ihnen«, sagte Iverson.
Harmony steckte gerade ein Bein in ihre Jeans, stoppte und sah die Männer an, die ihr widersprüchliche Befehle gaben.
»Also, was denn nun?« fragte Randy verärgert. »Kriegt ihr euren Scheiß nicht auf die Reihe?«
Bosch erkannte sie vom Vorabend, als sie bei Dolly’s getanzt hatte.
»Bringt sie raus!« schrie Iverson. »Sofort.«
Die uniformierten Cops machten Anstalten die nackten Frauen hinauszuführen.
»Wir gehen«, schrie Randy auf. »Faß mich nicht an.«
Iverson riß das Bettuch herunter und fesselte Goshens Hände auf dem Rücken mit Handschellen. Seine Haare waren hinten in einem schmalen Zopf zusammengeflochten, den Bosch gestern abend nicht bemerkt hatte.
»Was ist los, Iverson?« sagte er, sein Gesicht auf die Matratze gepreßt. »Hast du was gegen ein paar Muschis? Bist du etwa schwul?«
»Goshen, tu dir einen Gefallen und halt’s Maul.«
Goshen lachte über die Drohung. Er war sonnengebräunt und wirkte jetzt noch massiver als gestern abend. Sein ganzer Körper war muskelbepackt. Seine Oberarme hatten die Größe von Schinken. Einen Augenblick lang verstand Bosch Goshens Wunsch, mit zwei Frauen zu schlafen – und warum sie willig mitgingen.
Goshen gähnte ostentativ, um zu zeigen, daß er nicht im geringsten über den Polizeibesuch besorgt war. Er trug nur schwarze Unterhosen, passend zu den Laken. Auf dem Rücken hatte er Tätowierungen. Auf dem linken Schulterblatt war ein Ein-Prozent-Zeichen, auf dem rechten das Harley-Davidson-Markenzeichen. Auf dem linken Oberarm war die Zahl achtundachtzig tätowiert.
»Ist das dein Intelligenzquotient?« fragte Iverson und schlug ihm auf den Oberarm.
»Fuck you, Iverson. Steck dir deinen blöden Haftbefehl in den Arsch.«
Bosch wußte, was die Tätowierung bedeutete. Er hatte sie oft genug in L. A. gesehen. Der achte Buchstabe des Alphabets war H. Achtundachtzig bedeutete HH, Abkürzung für Heil Hitler. Goshen hatte irgendwann einmal näheren Kontakt mit Rassisten gehabt. Die meisten Arschlöcher, die diese Tätowierungen trugen, hatten sie jedoch seiner Erfahrung nach im Gefängnis bekommen. Bosch wunderte sich, daß Goshen anscheinend keine Vorstrafen hatte und noch nicht einmal in Untersuchungshaft gesessen hatte. Andernfalls wäre sein Name vom Computer ausgespuckt worden, als sie die Abdrücke von Alisos Jackett eingegeben hatten. Er hörte auf, über diesen unwahrscheinlichen Umstand nachzudenken, als es Goshen gelang seinen Kopf herumzudrehen und ihn anzusehen.
»Dich sollte man verhaften«, sagte er. »Wie du gestern Smokie zugerichtet hast.«
Bosch beugte sich über das Bett, um zu antworten.
»Es geht nicht um gestern abend. Es geht um Tony Aliso.«
Iverson drehte Goshen rauh um.
»Was erzählst du da für’n Scheiß?« fragte Goshen ärgerlich. »Damit hab ich nichts zu tun. Was …«
Er versuchte, sich aufzusetzen, aber Iverson stieß ihn wieder auf die Matratze.
»Bleib ruhig«, sagte Iverson. »Wir werden uns deine erbärmliche Version anhören. Zuerst müssen wir uns aber hier umsehen.«
Er zog den Haft- und Durchsuchungsbefehl aus der Tasche und ließ ihn auf Goshens Brust fallen.
»Hier ist die richterliche Bewilligung.«
»Ich kann es nicht lesen.«
»Ist nicht meine Schuld, daß du nicht in der Schule geblieben bist.«
»Halt es hoch!«
Iverson ignorierte ihn und schaute die anderen an.
»Okay, teilen wir uns auf und schauen nach, was es hier gibt. Harry, du übernimmst diesen Raum und leistet unserem Freund Gesellschaft. Okay?«
»Okay.«
Iverson wandte sich an die zwei Polizisten in Uniform.
»Einer von euch bleibt hier. Paß auf das Schwein hier auf, aber steh nicht im Weg herum.«
Einer der Polizisten nickte, und der andere verließ das Zimmer. Bosch und Goshen sahen sich an.
»Ich kann das Ding nicht lesen«, sagte Goshen.
»Ich weiß«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher