Das Dach kommt spaeter
verlangt? Oder nach der Golden Gate Bridge, um die beiden Enden meiner Galerie zu verbinden? Helfen Sie mir bitte auf die Sprünge, ich kann mich gerade nicht erinnern!«
»Jetzt werden Sie aber unsachlich«, wehrte sich der Hausfachverkäufer. »Schmuh & Sohn sind nicht nur bundesweit anerkannte Experten für Gleis- und Brückenbau, sondern haben auch den Hausbau im Urin.«
»Für Koryphäen sind Einfamilienbuden ein Klacks«, ergänzte der Bahnbauexperte und sprach »Koryphäen« wie »Curry-Feen« aus. Das und der mit Hausbauten versetzteUrin hätten mich um ein Haar zum Lachen gebracht, aber dafür war die Lage zu ernst.
»Es ist mir völlig wurscht, ob das für Sie Klacks oder Klecks ist. Mein Vertrag mit Hebbel garantiert mir ›alles aus einer Hand‹. Und darauf bestehe ich.«
»Das, lieber Herr Topal, können Sie gar nicht.«
Der mir immer unsympathischer werdende Sackhammel hatte ein widerwärtig arrogantes Grinsen aufgesetzt, das mich endgültig auf die Palme brachte und laut werden ließ. »Das kann ich sehr wohl. Ich kann unseren Vertrag aber auch wegen Nichterfüllung kündigen, falls Ihnen das lieber ist.«
»Das, verehrter Herr Topal, ist pures Wunschdenken.« Er kramte in seiner Aktentasche, zog einen dicken grünen Hefter heraus, blätterte ein wenig und meinte: »Paragraph zehn, Absatz drei, Punkt f. Ich zitiere: ›Hebbel-Haus ist zur Erfüllung seiner Vertragspflichten jederzeit berechtigt, externe Auftragnehmer zu beauftragen. Dies gilt auch, wenn mündlich anderes vereinbart wurde.‹«
Eigentlich hätte ich mir selbst den Gnadenschuss verpassen müssen. Wie hatte ich nur so einfältig sein und das Kleingedruckte ungelesen unterschreiben können? Und den Vertrag aus purem Geiz von keinem Anwalt prüfen lassen? Hammelsack sah mich schadenfroh an. Am liebsten hätte ich ein paar harte Drogen in seine Aktentasche geschmuggelt und ihm eine Reise nach Kuala Lumpur spendiert. Die Malaysier hatten angeblich so ihre Methoden, was Drogenschmuggler anging.
Doch Rachephantasien haben nur eine kurze Halbwertszeit. Tatsache war, dass ich einen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte – und den skrupellosen Machenschaften der Firma Hebbel nun auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Eine schnauzbärtige Architektin hatte meine Ideen gestohlen?Warum nicht? Ich hatte es ja nicht besser verdient. Ein verlogener Vertreter hatte mich beim Vertrag über die Rolle gezogen? Gut so! Dummheit musste bestraft werden. Ahnungslose Gleis- und Brückenfritzen würden mein Traumhaus von A bis Z ruinieren? Gerne doch! Ich hatte es ja unterschrieben. Der Anfall von Selbstmitleid war heftig, aber zum Glück schnell vorbei. Letztlich musste ich eben versuchen, das Beste aus der verfahrenen Situation zu machen. Musste, obwohl sich alles in mir dagegen sträubte, ein professionelles Verhältnis zu Schmuh senior aufbauen. Der hatte sich inzwischen behaglich grunzend von seinem Stuhl erhoben. Offenbar hatte das Spektakel seinen Erwartungen entsprochen.
»Gut, Herr Topas. Nachdem die Missverständnisse nun ausgeräumt sind, zurück zum Thema. Ihr Entwurf, ich wiederhole es gern, ist Schrott!«
Ich schluckte die einzig passende Antwort auf sein Gewäsch mühsam herunter und suchte nach einer etwas diplomatischeren Erwiderung. Mein guter Vorsatz wurde allerdings von der Architektin mit dem sprechenden Namen torpediert, die sich nun unglücklicherweise ebenfalls in die Diskussion einmischte.
»Der Kollege Schmuh hat recht. Ihre Änderungen an ›Domus‹ sind völlig aberwitzig.«
»Nun mal sachte, werte Frau Stahl. Die Wahrheit ist, dass ich einen völlig eigenständigen Entwurf angefertigt habe und Monate später feststellen musste, dass die Firma Hebbel plötzlich ein – ich sage mal – sehr ähnliches Modell im Angebot hat.«
Sie flippte fast aus. »Sie unterstellen mir Diebstahl geistigen Eigentums?«
»Ich unterstelle gar nichts. Ich referiere nur Fakten.«
»So wie Sie es formuliert haben, klingt es, als hätte ich Domus von Ihnen abgekupfert.«
»Falsch. Sie heißen ja nicht Kupfer, sondern Stahl.«
»Was wollen Sie denn damit sagen?«
»Bilden Sie doch mal das Imperfekt von ›er, sie, es stiehlt‹.«
»Herr Topal, jetzt ist aber Schluss mit Ihren Unterstellungen. Frau Stahl ist eine anerkannte Architektin. Die hat es nicht nötig, Sie zu belügen.«
»Belügen ist ein gutes Stichwort, Herr Hammelsack. Wie hieß eigentlich Ihr Hotel in Kuala Lumpur?«
Es roch nach einer handfesten Schlägerei. Dann
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