Das Disney World Komplott
nach Einbruch der Dämmerung kommen wird. Und dafür sollten Sie Ihre Leute in Alarmbereitschaft halten.«
»In der Anlage befinden sich zur Zeit über hunderttausend Menschen. Meine Mitarbeiter sind schon den ganzen Tag in Alarmbereitschaft.«
Mr. Wichtig drehte sich mit dem Sessel zu ihm um und versuchte seinen Hals zu lockern, der vom langen Starren auf die Monitore ganz steif geworden war. »Es ist nicht so, daß ich kein Verständnis für Eure Probleme hätte …«
»Tausend Dank.«
»… nur muß ich Sie daran erinnern, daß die Angelegenheit, die mich hierher geführt hat, die Nationale Sicherheit berührt.«
Der Colonel wollte sich erheben, aber Turk drehte seinen Sessel wieder herum, und beide starrten jetzt auf die Bildschirme. »Sehen Sie das da?« fragte Wills und deutete auf die vier Monitore, die verschiedene Stellen der Main Street U.S.A. zeigten, von ihrem Anfang bis hin zu Cinderella's Castle. »Die Parade stellt sich gerade auf. In knapp einer Stunde drängeln sich hier sechzigtausend Menschen, die den Umzug anschauen wollen. So wie ich die Sache sehe, können da einige Gefahrensituationen entstehen. Da kann alles mögliche passieren. Mir stehen nun zwei Möglichkeiten offen: Entweder ziehe ich alle meine Leute ab und stelle sie Ihrer Suche zur Verfügung, oder ich schicke sie auf die Main Street, damit sie dort die Sechzigtausend vor sich selbst beschützen.« Er drehte den Stuhl des Colonels in seine Richtung und sah dem Mann ins Gesicht. »Wenn ich es recht bedenke, ist mir Option zwei wichtiger.«
»Das kostet Sie Ihren Job«, drohte Fuchs.
»Ach, kommen Sie doch morgen noch einmal vorbei, Mr. Washington, dann dürfen Sie ihn gern haben.«
Die Gruppe Jugendlicher in den blauen T-Shirts gehörte zu einer größeren Tour, die vor zehn Tagen im Nordosten begonnen hatte. Sie hatten historische Städte besichtigt und waren über Philadelphia, Washington, Williamsburg und Gettysburg planmäßig am 4. Juli in Disney World angelangt. Andy, der Junge, der sich und seine Freunde von Josh hatte fotografieren lassen, gab ihm ein blaues T-Shirt, so daß er jetzt zu ihnen gehörte.
Die große Gruppe teilte sich bald in mehrere kleinere auf, und Josh zog bei denen mit, die zum Spukhaus wollten. Doch auf dem Liberty Square sahen sie, wie lang die Schlange vor dem Eingang war, und blieben stehen.
»Scheiße«, murmelte einer von ihnen.
»Wie wäre es dann mit dem Splash Mountain?« fragte ein anderer, der David hieß.
»Ist doch ätzend«, entgegnete einer, der einen Kaugummi im Mund hatte.
»Dann eben Tom Sawyer's Island«, schlug Josh etwas nervös vor, weil ihm bewußt war, wie wenig Zeit ihm noch blieb.
»Und warum?«
»Weil vor dem Boot, das die Leute rüberbringt, keine Schlange wartet. Kommt, ist gleich da drüben, und wenn es dunkel ist, machen sie zu.«
»Warum nicht«, meinte einer. »Ist immer noch besser als gar nichts.«
Josh dankte im stillen dem Himmel und überlegte, was jetzt zu tun war. Er konnte sich an den Fingern abzählen, daß die Männer des Colonels die Boote beobachteten oder selbst mitfuhren. Die Versteckmöglichkeiten in all den Höhlen und Tunneln waren ihnen sicher nicht entgangen. Nur zusammen mit der Gruppe bestand für ihn die Hoffnung, sicher überzusetzen.
Sie betraten das Boot, das den passenden Namen ›Huck Finn‹ trug, und drängten sich an die Reling. Josh blieb in der zweiten Reihe und hielt den Kopf gesenkt. Auch wenn es bald dunkel wurde, wollte er den Männern keine Chance geben, ihn zu entdecken. Der Fährmann, der einen Strohhut trug, gab mehrmals bekannt, daß die Attraktion in zehn Minuten geschlossen würde und die Besucher sich bitte nicht zu lange auf der Insel aufhalten sollten.
Dann rummste das Boot gegen das Dock, und die Passagiere gelangten in eine Hütte, über der ein Schild ›Tante Polly's Restaurant‹ verkündete.
Sie befanden sich hier tatsächlich auf einer richtigen Insel, und dieser Umstand hatte Josh vor ein paar Tagen schon inspiriert. Ihm war gleich klargewesen, daß er hier an den vielen dunklen und feuchten Stellen das geeignete Versteck für sein zweites Fläschchen CLAIR finden würde. Nachdem er sich überall umgesehen hatte, hatte er sich für ›Indianer Joe's Höhle‹ entschieden. Doch dann mußte er feststellen, daß es hier kein perfektes Versteck gab, und so hatte er mit seiner Gürtelschnalle ein Loch in den künstlichen Fels gebrochen. Die Öffnung war groß genug, um die Ampulle hineinzustecken, doch sosehr
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