Das Disney World Komplott
in Susans und Haslangers Richtung. Joshua Wolfes Augen verengten sich.
Haslanger nickte; anscheinend faszinierte es ihn, einer Kreatur seiner Labor-Experimente zu begegnen – doch gleichzeitig wirkte er, als wäre er auf der Hut.
Susan zwang sich zu einem Lächeln und erinnerte sich an das Foto, das Blaine McCracken in Wolfes Studentenbude gefunden hatte. Obwohl es erst vor ungefähr einem Jahr aufgenommen worden war, machte Joshua Wolfe jetzt einen merklich älteren, reiferen Eindruck. Es mußte an den Augen liegen, überlegte Susan. Das bißchen Unschuld, das man ihm auf dem Foto noch hatte ansehen können, war dahin, und das weit gründlicher, als es sich durch das Verstreichen nur eines Jahrs erklären ließe. Der lächelnde Mann, der auf dem Bild neben dem Jungen stand, fiel Susan ein – der Mann, dessen Verschwinden McCracken in die Geschehnisse verwickelt hatte. Susan fragte sich, welche Ausreden Fuchs wohl für den Fall ausgebrütet haben mochte, daß Joshua Wolfe nach dem Verschwundenen fragte.
»Dr. Haslanger ist Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung«, konstatierte Joshua Wolfe in sachlichem Ton. »Aber ich habe aus seiner Personaldatei nichts über seine Tätigkeit vor der Arbeitsaufnahme bei Gruppe Sechs ersehen können.« Leicht befremdet sah der Junge Susan an. »Und Ihr Name ist überhaupt nicht verzeichnet.«
»Ich bin erst jetzt hierher versetzt worden«, antwortete Susan mit Hochgenuß. Sie konnte geradezu spüren, wie Colonel Fuchs innerlich zu kochen begann.
»Von woher?«
»Vom Seuchenkontrollzentrum.«
»Ach so«, sagte der Junge und ließ ein wenig den Kopf sinken. Er hob ihn so weit wieder an, daß er scheu Susans Blick erwidern konnte. »Dann weiß ich, warum Sie hier sind. Es gibt noch keine Datei darüber, aber vermutlich dachten sie zunächst, daß … daß das, was ich angestellt habe, eine Seuche sei.«
»Unsere erste Annahme ging davon aus, ja«, bestätigte Susan. »Aber wir mußten bald umdenken.«
»Sie sind es gewesen, die herausgefunden hat, daß ich schuld bin, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und wie? Es muß an dem Rucksack gelegen haben. Hätte ich ihn nicht verloren, wäre ich jetzt nicht hier bei Ihnen, stimmt's?«
Susan schaute Lester Fuchs an; sein Gesicht war vom Uniformkragen bis zu den Haarwurzeln rot angelaufen. »Das gilt für uns alle.«
»Aber mich haben Sie nur wegen des Rucksacks finden können. Als ich gemerkt habe, daß ich ihn nicht bei mir hatte, hätte ich umkehren sollen. Überlegt hatte ich es mir ja, aber … Na, ich habe es eben nicht getan.« Nun bekamen seine nahezu unheimlich eindringlichen Augen einen sanfteren Ausdruck und glichen zum erstenmal Kinderaugen. »Es war eben ein schwarzer Tag.«
Fuchs hatte sich an Susans Seite geschoben. »Wir wissen, was Sie dort zu leisten versucht haben, Josh«, sagte er. Susan hörte, wie die Leere der weiträumigen Tiefgarage seinen Äußerungen einen hohlen Klang verlieh. »Es war ein bewunderungswürdiges, lobenswertes Projekt.«
Blitzartig gewannen Wolfes Augen ihren genialischen Glanz zurück. »Aber es hat keinen Bezug zu dem, was Sie hier bei Gruppe Sechs tun, oder, Lester?«
»Nein, wie Ihnen genau bekannt ist, nicht.«
»Was soll dann an der Sache in Cambridge so lobenswert sein? Was ich erreichen wollte, oder was ich bewirkt habe?«
»Es liegt mir fern, den Tod unschuldiger Menschen als etwas Erstrebenswertes zu bezeichnen, aber ebensowenig halte ich es für wünschenswert, daß ihr Ableben ohne Sinn bleiben soll.« Fuchs musterte Joshua Wolfe fest. »Vor allem, junger Mann, wenn ihr Tod den Nutzen erbringen kann, in der Zukunft Abertausende von Toten zu vermeiden.«
»Ist das ein von Ihnen verfolgtes Ziel?«
»Sie haben unsere Daten gesehen. Geben Sie sich selbst die Antwort.«
»Genau darum dachte ich mir, ich frage mal lieber nach.«
Fuchs blieb ruhig. »Ja, das ist unser Ziel.«
»Und was wollen Sie in diesem Zusammenhang von mir? Was kann ich Ihrer Ansicht nach dazu beitragen?«
»Ist das nicht offensichtlich?«
»Nein.«
»Erst einmal möchten wir CLAIR in der Originalform, genauer gesagt, so wie der Organismus in der Citypassage von Cambridge freigesetzt wurde.«
»Ich bezweifle, daß Sie daraus für Ihre Arbeit einen Nutzen ziehen können.«
»Das kommt auf die Betrachtungsweise an«, erwiderte Fuchs. »Denken Sie daran, daß wir an der Entwicklung von Waffen arbeiten, deren Wirkung sich auf ein begrenztes Gebiet beschränkt.«
»Waffen, die töten.«
»Nur wenn
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