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Das Doppelgrab in der Provence

Das Doppelgrab in der Provence

Titel: Das Doppelgrab in der Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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suchte den Hotelier und fand ihn in der Wäschekammer, wo er mißmutig auf einen Stapel auszusortierender Laken starrte, die teils zerschlissen, teils beim Bügeln angesengt waren.
    »Ah, Monsieur Mazbak. Was kann ich für Sie tun?«
    Baltasar setzte ihm in knappen Worten seine Überlegung auseinander. Der Hotelier machte große Augen, ließ sich auf einen Stuhl fallen, deutete stumm auf einen anderen und zog eine Zigarette aus der Brusttasche seines Hemds. Er kaute drauf herum; schließlich sagte er: »Sie haben da einen Punkt berührt. Da haben Sie wahrscheinlich recht. Aber wer kann das gewesen sein?«
    »Sie waren es nicht zufällig?«
    Der junge Mann lachte schallend. »Sie haben einen merkwürdigen Humor, Monsieur. Wozu sollte ich das wohl tun?«
    Baltasar machte die Bewegung des Geldzählens mit Daumen und Zeigefinger. Der Hotelier hob die Brauen.
    »Eine andere Frage«, sagte Baltasar. »Können Sie sich erinnern, ob Bronner vielleicht nach einem lateinischen Wörterbuch oder dem nächsten Buchladen gefragt hat?«
    Der junge Mann sperrte den Mund auf und starrte Matzbach verblüfft ins Gesicht. »Ja, natürlich, das hat er. Stimmt. Das ist wahr. Aber – wie wissen Sie ...? Ich hatte das völlig vergessen.«
    Baltasar nickte zufrieden. »Ich habe mir das gedacht; ich wußte es nicht, und nun weiß ich es. Ich danke Ihnen,
mon ami
. Und – haben Sie ein Wörterbuch hier?«
    »Nein. Was soll ich mit einem lateinischen Wörterbuch? Ich habe ihm gesagt, daß er es wohl in Arles oder Aix versuchen muß.«
    »Wann war das? Beim ersten Mal, Mitte Oktober, oder jetzt vor ein paar Tagen?«
    »Das war Mitte Oktober, Monsieur.«
    »Hat er Sie vielleicht noch irgendwas gefragt?«
    »Nnnnein ... Wetter, vielleicht, und was ich ihm von der Speisekarte empfehle. Ach, ja, und, als er das zweite Mal hier war – Moment, das müßte Sonntag gewesen sein –, welches Hotel in Saint-Rémy ich ihm empfehlen könnte. Da war er aber schon schrecklich nervös.«
    Baltasar nickte nachdenklich. »Und da haben Sie ihm das
Hôtel de la Lune
empfohlen, ja?«
    Der Hotelier schluckte und machte große Augen. »Woher wissen Sie denn das schon wieder? Können Sie Gedanken lesen?«
    »Ein bißchen. Wissen Sie, ob Bronner danach in Saint-Rémy gewesen ist oder dort angerufen hat, oder was?«
    Der Hotelier schüttelte langsam den Kopf. »Ich glaube nicht. Er ist ja dauernd zu den Ruinen raufgerannt. Er hat mich aber gefragt, ob ich ihm einen großen Briefumschlag leihen könnte. Habe ich ihm gegeben; einen mit unserem Hotelsiegel drauf. Sie sind aber nicht mehr sehr gut, schon alt. Die Gummierung, wissen Sie; das Zeug klebt kaum noch.«
    Anschließend machten sie eine weitere Personalrunde. Einer der Kellner, der bisweilen auch Bardienst hatte, gab ohne große Umschweife zu, telefoniert zu haben.
    »Ja, das war ich, Monsieur. Ein Mann hat mir einen Zettel mit einer Telefonnummer und zweihundert Francs gegeben. Er hat gesagt, ich soll ihn anrufen, wenn ein Monsieur Maz-, Mat-, wie ist noch mal Ihr Name? Also, wenn ein Mensch mit Ihrem Namen aus Deutschland ankommt.«
    Der Hotelier zuckte mit den Achseln. »Das ist nicht illegal«, murmelte er. »Zweihundert Francs für einen Telefonanruf ist teuer, aber nicht verboten.«
    »Haben Sie den Zettel noch?«
    Der Kellner fuhr sich mit den Fingern durch die strähnigen Haare. »Nein, Monsieur. Ich habe angerufen und gesagt, daß Sie angekommen sind. Der Mann hatte mir versprochen, wenn Sie ankommen und ich anrufe, daß ich dann noch mal zweihundert Francs bekomme. Die sind heute früh mit der Post gekommen, in einem Umschlag. Aber den Zettel habe ich fortgeworfen. Der Mann hat mir das am Telefon gesagt.«
    »Wann hat er Sie gebeten, anzurufen?«
    »Oh, das muß Dienstag gewesen sein.«
    »Und wann haben Sie ihn angerufen?«
    »Gestern, als Sie angekommen sind. Ich war im Speiseraum, habe die Tische gedeckt für den Abend. Die Tür stand auf, und da konnte ich gut hören, wie Sie und der Chef sich unterhalten haben.«
    »Haben Sie den Umschlag noch, in dem das Geld gekommen ist?«
    »Der müßte noch im Papierkorb liegen.«
    Der Kellner verschwand und kam mit dem Umschlag zurück. Baltasar nahm das Couvert und drehte es seufzend hin und her. »Das hilft nicht viel weiter«, sagte er. »Die Aufschrift ist mit Maschine getippt, und der Umschlag ist hier in Les Baux eingeworfen worden. Wahrscheinlich haben ihn die netten Menschen gestern abend mitgebracht und vorn an der Post eingeworfen. Hm. Erinnern Sie

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